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12.12.2006

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Wigwam XXL – mit Kommentar

Foster baut Megazelt in Astana


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Die kasachische Regierung hat jüngst Pläne für ein neues Megaprojekt in der neuen Hauptstadt Astana veröffentlicht. Geplant ist ein Riesenzelt, das einen temperierten Indoor-Stadtteil enthält. Der 150 Meter hohe Wigwam, den Norman Foster entwarf, soll innerhalb nur eines Jahres errichtet werden. Das meldete die BBC am 8. Dezember 2006.

Die transparente Zelthaut soll aus einem Spezialmaterial bestehen, das Sonnenlicht absorbiert, um sommerliche Temperaturen im Inneren zu erzeugen. Warme Aussichten für Astana, da winters das Thermometer in der asiatischen Steppe schnell -30° Celsius anzeigt.

Foster bezeichnet das Projekt als ‚diffizil‘: Unter der Hülle, auf einem Gebiet, das „größer als zehn Fußballstadien“ ist, soll eine Stadt mit Plätzen und gepflasterten Straßen, Wasserläufen, Einkaufszentren und Golf- und Tennisplätzen entstehen.

Kommentar der Redaktion:

Seit Präsident Nazarbajew vor zehn Jahren entschied, die Hauptstadt von Almaty nach Astana zu verlegen – nachdem er im Jahr zuvor eigenmächtig das gewählte Parlament aufgelöst hatte –, löst dort ein Megaprojekt das nächste ab.
Kisho Kurokawa, der gerade für Gazprom's St. Petersburger Fußballklub „Zenit“ ein Stadion baut (BauNetz-Meldung), für das das geschichtsträchtige Kirow-Stadium geschleift wurde, entwarf 2001 den Masterplan für Nazarbajews Astana – angeblich an einem Tag, mit wenig Federlesen: Eine Paradestraße, 91 Meter breit, 1,6 Kilometer lang, gesäumt von Mega-Solitärgebäuden. Erinnerungen an Speers Nord-Südachse für Berlin werden wach.
Bereits 15 Milliarden Dollar wurden seither in Prachtbauten und Riesenstatuen entlang der der Nazarbajew-Achse gesteckt. Geld scheint im ölreichen Kasachstan keine Rolle zu spielen – für die Regierung: Das Volksvermögen der Kasachen wird einfach mit vollen Händen ausgegeben. Nazarbajew sieht sich in der Rolle eines Sonnenkönigs, der sich auch über fachliche Reputationen seine Planer diktatorisch hinwegsetzt. Nicht überraschend heißt das Riesenzelt, das Foster für Nazarbajew baut, auch ‚Khan Shatyry‘ (in etwa: ‚Zelt der Nachfahren Dschinghis Khans‘).
Die politische Eiszeit in Kasachstan wird das Riesenzelt sicher nicht auftauen. Lord Foster scheint dies jedoch wenig zu kümmern. Mausert er sich doch gerade zum Hofarchitekten Nazarbajews. Erst vor kürzlich hat er eine Riesenpyramide in Astana (siehe BauNetz-Meldung) für seinen neuen Mäzen realisiert.

Wie bereits die Pyramide ist auch das Riesenzelt keine architektonische Offenbarung Fosters. Die Fasssade mag innovativ sein, Entwurf und Typologie sind es nicht: Helmut Jahns Zeltdach des Sony-Centers in Berlin sowie Buckminster Fullers Idee einer geodätischen, transparenten Kuppel über Manhattan von 1960 scheinen unverhohlen Pate gestanden zu haben.
Im Gegensatz zu Fosters selbstgefälligen Projekten in Astana bewies Fuller Makro-Sicht beim Planen für die Menschheit seiner Zeit in einer dicht bevölkerten, sich immer weiter entwickelnden Welt. Fuller war ein Pragmatiker, der den Erfordernissen seiner Zeit Lösungen entgegen zu setzen imstande war. Die Zeiten haben sich geändert.

Till Wöhler


Kommentare

6

(aha) | 16.12.2006 11:16 Uhr

borat

kasachstan is the best country in the woooorld...

5

Till Wöhler | 13.12.2006 19:24 Uhr

Maßstabsverlust

Wenn nicht in den politischen Verhältnissen, wo dann?

Ein ‚Star‘ zu sein kann kein Freibrief dafür sein, den gesunden Menschenverstand auszuschalten.

Solange wir nur auf Wirkungen reagieren, werden wir die Ursachen nicht ändern.

4

christian meyer | 13.12.2006 18:51 Uhr

s, m, l, xl, xxl, ?

auch der bauherr demokratie hat mit dem millenium dome bereits ein xxl wigwam hervorgebracht. mit überwältigendem erfolg !
man muss also nicht in den politischen verhältnissen nach dem grund für den massstabsverlust der architektur suchen.

3

Till Wöhler | 13.12.2006 10:33 Uhr

Khan Shatyry

Den Kommentar habe ich heute noch um ein paar wichtige Randinformationen ergänzt!

Danke an unsquare.org für den Hinweis!

2

EMBE | 12.12.2006 18:17 Uhr

Fallen stars..

Unsere Stars sind am Ende - Ob Shanghai, St. Petersburg oder Astana - jede soziale Dimension scheint von der Euphorie über Großaufträge abgelöst worden zu sein.

1

unsquare.org | 12.12.2006 17:14 Uhr

gebaute utopie?

eher gebaute dystopie
und was bedeutet noch einmal ‚Khan Shatyry‘?

 
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