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08.11.2011

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Meta Chile

Zehn Pavillons fürs Erdbebengebiet


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Am 27. Februar 2010 bebte um 3:34 Uhr die Erde direkt vor der Küste Chiles. Das Zentrum des Bebens lag etwa 150 Kilometer nördlich von Concepión, auf der Richterskala erreichte es eine Stärke von 8,8. Obwohl es das stärkste Beben in Chile seit 50 Jahren war, obwohl etwa 500 Menschen getötet und 12.000 verletzt wurden, verschwand das Beben und seine Folgen relativ rasch wieder aus den (europäischen) Medien.

Seitdem müht sich das Land, neben den gewaltigen, aktuellen Protesten gegen den Sozialabbau, mit dem Wiederaufbau der verwüsteten Region. „Es kann aber bei dem Wiederaufbau nicht nur um Notreparaturen gehen“, sagt Mauricio Pezzo, der zusammen mit Sofia von Ellrichshausen ein Architekturbüro leitet. Gemeinsam mit der Provinzregierung haben die Architekten daher ein Projekt angestoßen, das an der Grenze von Architektur und Kunst angesiedelt ist.

Auf Einladung von Pezzo und von Ellrichshausen haben zehn Architekturbüros Entwürfe für zehn Stellen an der chilenischen Küste entwickelt: Alberto Campo Baeza (Spanien), Sergison Bates (Großbritannien), Paulo David (Portugal), Rintala Eggertsson (Norwegen), Adamo-Faiden (Argentinien), Sean Godsell (Australien), Office Kersten Geers David van Severen (Belgien), Johnston Mark Lee (USA), Studio Mumbai (Indien) und Pezo von Ellrichshausen selbst. Es sollen zehn kleine Pavillons entstehen, oder eher: einfachste Strukturen, die zunächst nutzungsoffen bleiben sollen. Gemeinsam mit den Gemeinden soll verhandelt werden, ob hier kleine Kulturräume eingerichtet werden, oder ob die Pavillons einfach Aussichtsräume bleiben. „Wir glauben, dass jede Architektur eine Form von Bildung ist, in der sich die regionale Kultur mit der Identität der jeweiligen Gemeinschaften verbindet. Diese zehn Gebäude sind Architektur in ihrer pursten und einfachsten Form, hier artikuliert sich die menschliche in der natürlichen Landschaft.“

Ähnlich poetisch wie der Erläuterungstext sind auch die collagenartigen Zeichnungen der Projekte, die nun im Rahmen einer Präsentationstour ab dem 16. November an den zehn Standorten vorgestellt und mit Vertretern lokaler Interessengruppen diskutiert werden sollen. Hier soll vor allem über mögliche Funktionen und Nutzungen gesprochen werden.

„Meta Chile“ könnte insofern wirklich einen besonders wichtigen und übergeordneten (Meta-)Beitrag zum Wiederaufbau in der Region leisten: Ähnlich wie die Schweizer, die vor jedem Bauprojekt dessen Umrisse aus Holzlatten als 1:1-Modell aufbauen, um den Gemeinden eine Diskussion darüber zu ermöglichen, könnten sich auch diese zehn Pavillons als Skizzenbuch und Kondensatoren einer möglichst breiten Debatte beweisen: In welchem Maß sollen diese Landschaften (erneut) bebaut werden? Und für wen? Welche Rolle spielen dabei Einrichtungen für die Gemeinschaft und die Kultur? Es ist gerade die fehlende Festlegung auf eine bestimmte Funktion die diese Kleinst-Architekturen als Diskussionsobjekte so spannend macht.


Kommentare

6

@max/karg/bedenkenträger | 10.11.2011 13:00 Uhr

es ist ein problem,

wenn man kunstgeschichtliche fachbegriffe benutzt, ohne deren herkunft und bedeutung zu verstehen.
alois riegls "kunstwollen" ohne sachkentnis und falsch umgangssprachlich zu verwenden, nur um einen billigen seitenhieb auf die kollegen libeskind und hadid zu plazieren, spricht entweder - wie auch einige der anderen anmerkungen - bände über die kunst- und architekturgeschichtliche ausbildung oder - falls sie gar kein architekt sind - über die intellektuelle überheblichkeit des kommentars.
anmaßung ist auch das stichwort, welches mir einfällt, wenn jemand es sich herausnimmt, auf der basis jeweils einer einzigen collage, einer ideenskizze (denn nichts anderes sehen wir ja hier), einem entwurf zu bescheinigen, er sei "niederschmetternd, tot, kalt und uninspiriert". vielleicht sollte mancher sich hier einmal die mühe machen und entweder den text der meldung genauer studieren oder sich auf andere weise über die initiative der chilenischen architekten schlau machen. es ist außerdem ja so bequem - und so eurozentrisch imperialistisch - die menschen dort vorrangig zu armen unmündigen massen von "opfern" abzustempeln, die von dort ansässigen profit- und profilierungsgeilen architekten über den tisch gezogen werden, weil die ja im grunde nur "kunst wollen" und ein forum für ihre spinnerten ideen suchen, statt sich um die wirklich relevante versorgung elementarer bedürfnisse zu kümmern, die die uneigennützigen ingenieure im zweifel ohnehin besser leisten könnten...klar..die arbeiten ja auch alle ehrenamtlich!...architekten - diese zynischen hunde - machen´s nur für geld.....dass hier dann aber kollegen auf eigene initiative und rechnung eine diskusion über die art und weise, die sozial- und naturveträglichkeit des notwendigen wiederaufbaus gestartet haben und einen bewusst programmatisch ergebnisoffenen diskurs mit den betroffenen bewohnern und den bezirksverwaltungen anstoßen wollen, wird lieber erstmal als kapitalistisches kalkül ausgelegt. man sollte sich doch einmal gerade als deutscher fragen (immerhin gab es hier einmal einen krieg, in dessen folge selbstverständlich architektenwettbewerbe abgehalten wurden), warum es verwerflich sein sollte, wenn die innerhalb einer gesellschaft teuer ausgebildeten fachleute aus eigenem antrieb dazu beitragen wollen, die durch eine naturkatastrophe zerstörte heimat und lebenswelt im dialog mit den betroffenen wieder aufzubauen. dies wird mit sicherheit nicht das letzte beben oder der letzte tsunami in chile gewesen sein. aber die pavillons könnten ja zum beispiel auch dazu dienen, darüber zu informieren, wie man zukünftig gebäude errichten muss oder welche organisatorischen vorkehrungen getroffen werden müssen, damit immer weniger menschen dabei zu tode kommen (man schaue nach japan, wo in dieser hinsicht vorbildliche arbeit geleistet wird). statt also erstmal den initiatoren und bürgern dort unredlichkeit, profilierungssucht, weltfremdheit und zynismus zu unterstellen, sollte mancher vielleicht einfach mal die klappe halten und sich an die eigene geschichte erinnern...

5

max | 09.11.2011 21:25 Uhr

@bedenkenträger

ich finde ihren gedanken mit dem ingenieur und dem künstler durchaus interessant. ich denke aber, im idealfall ist der architekt tatsächlich beides. die gebaute umwelt alleine auf ihre konstruktion zu reduzieren, kann wohl nicht das ziel sein. nur die architekten sind in der lage, übergeordnete und kontroverse bedürfnisse zu bündeln und somit eine intelligente intervention im raum zu schaffen. die kunst kann, wenn überhaupt, nur aus einer besonders intelligenten lösung dessen entstehen, und zwar beiläufig und nicht aus kunstwollen (was dabei rauskommt kann man bei libeskind, hadid o.ä. sehen).

zum zweiten finde ich diesen wettbewerb nicht zynisch. auf zerstörung muss wiederaufbau folgen. die pavillons können erinnerungsorte schaffen und neue identität schaffen.

das ergebnis ist in der tat niederschmetternd. tot, kalt und uninspiriert wirken die entwürfe. etwas mehr lebensbejahung wäre sicherlich hier richtiger gewesen. aber vielleicht, um auf ihre these zurückzukommen, waren hier tatsächlich eher künstler am werk als architekten.

4

HÄH? | 09.11.2011 17:04 Uhr

"Ein Wettbewerb aufgrund einer Verwüstung durch ein Erdbeben. Das ist schon zynisch genug."

Wieso das denn bitte?

und noch besser:
"...dann sollten solche Wettbewerbe für Ingenieure ausgeschrieben werden und nicht für Künstler. "

Oweia...

3

Karg | 09.11.2011 16:50 Uhr

Zehn Pavillons für Erdbebenopfer

Die hunderte von Erdbebenopfer und Obdachlose werden viel davon haben. Anschließend wundern sich die Verantwortlichen wenn die Masse der Bewohner protestiert weil sie weiterhin in "mediaaguas" leben.

2

Der Bedenkenträger | 09.11.2011 11:31 Uhr

So weit gedacht ...

Es ist immer wieder spannend, aus welchen Anlässen Wettbewerbe entstehen und wie man dann ALLES als toll verkauft. Ein Wettbewerb aufgrund einer Verwüstung durch ein Erdbeben. Das ist schon zynisch genug. Wenn dann aber außer den Bunker-Entwürfen (toll, die Oberflächen!) die anderen Entwürfe beim nächsten Erdbeben umfallen, dann sollten solche Wettbewerbe für Ingenieure ausgeschrieben werden und nicht für Künstler. Die Architekten mögen sich aussuchen, wo sie sich dazwischen sehen.

1

Kanilo | 08.11.2011 20:13 Uhr

ha!

Es hilft den Menschen vor Ort wohl nicht direkt in ihren Nöten. Erst fand ichs ganz albern. Aber beim zweiten Nachdenken ist es vielleicht doch ein sehr, sehr intelligentes Projekt, das in der Diskussion wirklich spannende Resultate liefern könnte. Architektur, die nicht Antworten (von außerhalb) liefert, sondern mit den Menschen vor Ort in Diskussion tritt. Hochinteressant. Könnte auch voll in die Hose gehen, aber gerade deswegen ja. Bitte unbedingt verfolgen und noch einmal berichten, ob daraus nur ein sinnloser Architektenzoo wird, oder etwas ganz aufregendes!!

 
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