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18.11.2019

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Villa wird Kita

Umbau von heilergeiger in Memmingen


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Das Kemptener Büro heilergeiger hat in Memmingen eine Kita realisiert, die sowohl in energetischer als auch pädagogischer Hinsicht interessant ist. Im Auftrag der Alois Goldhofer Stiftung bauten sie die Villa des Stifters radikal um. Ricarda Cappeller hat sich das außergewöhnliche Projekt angesehen.

Von Riccarda Cappeller

Beim Entwerfen neuer Räume vom Bestand auszugehen, diesen zu erhalten, weiterzubauen, zu umhüllen und anders zu nutzen, ist eine Vorgehensweise, die nicht nur bei den international bekannten Projekten von Lacaton & Vassal Architectes wie dem Grand Parc Bordeaux oder dem schon etwas älteren Pariser Projekt Tour Bois le Prêtre Anwendung findet. Dieses Prinzip eines nachhaltigen Umgangs mit Ressourcen aber so umzusetzen, dass es nicht nur ein Mehr an Raum schafft, sondern auch Teil eines pädagogischen Konzepts wird, das das Umnutzen von Gebrauchtem Kindern erfahrbar macht, ist eine hohe Kunst.

Mit der Karoline-Goldhofer-KiTa in Memmingen am nördlichen Rand des Allgäus haben heilergeiger architekten aus Kempten im April diesen Jahres ein Gebäude fertiggestellt, das nicht nur ein Statement zum Thema Nachhaltigkeit ist. Das Haus vermittelt nämlich auch ökologische und gesellschaftliche Werte an die hier aufwachsenden Kinder, deren Eltern und die Erzieher*innen. Die Kita arbeitet nach dem Konzept der Reggio-Pädagogik des 1994 gestorbenen Italieners Loris Malaguzzi. Bei dieser steht die Individualität der Kinder, ihr Entdeckergeist sowie das Arbeiten mit ihren Stärken im Vordergrund. Diese Idee wurde auch beim architektonischen Konzept der Kita verfolgt, die auf dem kreativen Umbau eines Bestandsgebäudes basiert.

Initiiert wurde das gesamte Projekt durch die im Allgäu aktive Alois Goldhofer Stiftung. Sie gewann die Stadt Memmingen als Betreiberin der Kita, stellte die Villa des verstorbenen Ehepaars Goldhofer zur Verfügung und lud 2016 drei Büros in Form einer Mehrfachbeauftragung ein, in der Auseinandersetzung mit dem Bestand eine ambitionierte Kita zu entwerfen. Heilergeiger überzeugten mit einem Entwurf, das am stärksten den Bestand respektierte und am wenigsten auf Abriss setzte.

Aus der alten Villa der Stifterfamilie Goldhofer entstand auf 864 Quadratmetern ein mit Stegplatten aus Polycarbonat umhülltes Haus für aktuell 65 Kinder, in dem Altes und Neues über das Zusammentreffen der Materialien erfahrbargemacht werden. Sichtziegelmauerwerk, Sichtbeton und Möbeleinbauten sind neu, der Rest ist Bestand. Die Architekt*innen bauten das ehemalige Wohnhaus mit Schwimmbad und Garage teils zurück und vor allem um. Das Gebäude bietet nun im Erdgeschoss Gruppenräume und im Untergeschoss Werkstätten. Die alte Garage fungiert als offene Küche, die sich zum Essbereich öffnen lässt. Die Außengestaltung erledigten Latz + Partner (Kranzberg), die unter anderem die Dachziegel des ursprünglichen Gebäudes für kleine Sitzmauern entlang des Weges wiederverwendeten.

Das Thema Energie wurde erstens über eine Photovoltaik-Anlage samt Wärmepumpe und zweitens räumlich gelöst. Eine kleine Gastherme wirkt unterstützend, um beispielsweise die hygienisch notwendige Temperatur des Warmwassers von 65 Grad effizient zu erreichen. Konzeptionell entscheidender ist jedoch, dass das Planerteam mit Hilfe einer 365-Tage-Simulation die energetische Performance des Hauses optimierte und die notwendigen Materialdichten der verschiedenen Fassadenseiten definierten. Der passive Einergieeintrag über die Fassaden ist wesentlicher Bestandteil des Hauses. In der Summe liegt der Anteil regenerativer Energie im Alltagsgebrauch der Kita bei 82 Prozent. Der CO2-Verbrauch des Hauses beläuftig sich auf 4,98 Kilo pro Quadratmeter und Jahr, wodurch die Zielvorgabe von 5 Kilo, die die Bundesregierung für das Jahr 2050 formuliert hat, erreicht wird.

Bezeichnend für das Alltagsleben im Gebäude sind die flexibel nutz- und schaltbaren Räume zwischen alten Baukörpern und neuer Hülle. Hier gibt es eine „Piazza“ mit Garderobe, Begegnungs- und Spielbereiche sowie einen großzügigen, zweigeschossigen Versammlungsraum mit Projektionsfläche, der aus der gen Osten abfallenden Topografie des Geländes entwickelt wurde. Erschlossen über eine große Treppe und eine danebenliegende Rutsche wird er als Bewegungs- und Sportraum der Kinder und für Elternabende, Teambesprechungen, Präsentationen  und Fortbildungen genutzt.

Fotos: Nicolas Felder


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

10

n.n. | 30.09.2020 16:05 Uhr

zu 9 und zu 5

bestimmt sehr gut für die Region als Diskussionsgrundlage
zu 9 - Memmingen liegt in Bayern
zu 5 - Vergl. Laban Dance Center von HdM als gelungene Alternative

9

reto | 21.11.2019 13:11 Uhr

schwerter...

... zu Pflugscharen! Sehr schönes Projekt! Es war nicht alles schlecht in der DDR (jedoch fast), denn auch dort wurden viele ehem. Fabrikantenvillen als Kitas etc. nachgenutzt. Das schafft doch ein schönes Ambiente zum Großwerden. Die rauen Oberflächen sind Geschmackssache, aber ich finde es deutlich angenehmer als pastellige "Kindegerechtheit".

8

STPH | 19.11.2019 10:37 Uhr

wie es ist und wie es scheint

schön wie sich der Bau vom Kern zum Garten in der Überganszone von innen nach außen entdichtet.

bleibt der Eindruck der Geschlossenheit in der umgekehrten Richtung von außen nach innen. Fast wie beim Bauhausmuseum in Dessau.

7

zoio | 19.11.2019 09:47 Uhr

...

die fassade gefällt mir im gegensatz zu meinen vorrednern sehr gut! mag das opake.
für eine kita finde ich es persönlich zu "kalt", andererseits sind auf den fotos des innenraums ja keine kindern zu sehen, also kann sich mein eindruck ändern sobald kinder zu sehen sind.
in jedem fall ein projekt da mir, unabhängig von der funktion, gefällt.

6

auch ein | 19.11.2019 09:42 Uhr

architekt

sehr erfrischend !

die idee die alte bude umzubauen / zu erweitern,
die stiftung,
der bau selbst

die wiedererkennbarkeit der idee.
da sieht man was bei privatem engagement herauskommen kann vs. öffentliche Bauvergaben.


gut gemacht!

5

Hotte | 18.11.2019 21:08 Uhr

Plaste

Sehr schönes Projekt!
Mit Mut zu einem tollen Ergebnis.

Einzig und allein die Plastefassade überzeugt nicht.

4

schlawuki | 18.11.2019 17:53 Uhr

Hut ab.

Sehr gelungen und mutig!

Dickes Lob an die Kollegen.

3

denkste | 18.11.2019 17:44 Uhr

Villa wird Kita

Chapeau

2

Lutz Borchers | 18.11.2019 17:36 Uhr

Larvenstadium

Der Betrachter ahnt, wie sich die jungen Lebewesen hinter dem transluzenten Kokon entwickeln. Ich hätte gern gewusst, wie die Stegplattenfassade funktioniert. Ist sie ausreichend wärmedämmend? Fußbodenheizung? Verschattung? Als irritierend empfinde ich die willkürlich breit wirkende Palette der hinzugefügten Bauteilflächen -Beton, Mauerwerk, Trockenbau, Holzwerkstoffplatten-, aber insgesamt eindrucksvoll.

1

Martina | 18.11.2019 16:07 Uhr

Sehr gut

Wow! Eines der "belgischsten" Projekte, das je in Deutschland realisiert wurde. Gratulation

 
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Mit der Karoline-Goldhofer-KiTa in Memmingen haben heilergeiger architekten  ein Gebäude realisiert, in dem neue Wege der Nachhaltigkeit und der Pädagogik gleichermaßen wichtig sind.

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Die Kita ist das Ergebnis eines Umbaus: Reste des ehemaligen Kaminzimmers sind nun Teil der Garderobe und machen deutlich, wie die Architekten in den Bestand eingegriffen haben.

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Im doppelgeschossigen Bewegungsraum mit Rutsche finden auch Veranstaltungen wie zum Beispiel Fortbildungen statt.

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Dia Außenanlagen stammen vom Landschaftsarchitekturbüro Latz + Partner aus Kranzberg.

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