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21.04.2023

Schichtung in Rot

Stiftungszentrum in Berlin von AFF Architekten


Vor etwas mehr als vier Jahren fand der Wettbewerb der Schöpflin-Stiftung für zwei Neubauten an der Hermannstraße in Berlin-Neukölln statt. An diesem Wochenende wird das erste der beiden Häuser feierlich eröffnet. Es ist das Hauptquartier der Spore Initiative – eine von der Stiftung neu gegründete Organisation, die weltweit Gruppen und Gemeinschaften unterstützt und miteinander vernetzt, die sich für den Erhalt der biokulturellen Vielfalt und einen respektvollen Umgang mit der Natur einsetzen. In Berlin sollte dafür ein Haus gebaut werden, in dem Ausstellungen und Veranstaltungen durchgeführt werden können, in dem aber auch Büros, eine kleine Bibliothek sowie Räume für zeitlich begrenzte Residencies untergebracht sind. Der Entwurf stammt von AFF Architekten (Berlin).

Das Grundstück in Neukölln war ursprünglich Teil weitläufiger Friedhofsanlagen, die seit einigen Jahren zu Grünzügen entwickelt oder parzellenweise verkauft werden. Schräg gegenüber hat beispielsweise der evangelische Friedhofsverband 2020 ein Verwaltungsgebäude von CKRS Architekten gebaut. AFF reagierten auf die städtebauliche Sonderstellung, indem sie ihre beiden Gebäude für die Schöpflin-Stiftung einerseits an die sechsgeschossige Nachbarbebauung anschließen, anderseits aber auch als „eigenständigen Stadtbaustein“ ausformulieren. Zwischen den beiden Neubauten schaffen die Architekt*innen als verbindendes Element einen gemeinsamen, öffentlichen Vorplatz. Das zweite Gebäude – das Haus für gemeinnützigen Journalismus – soll bis 2024 fertig werden.

Form und Fassade des Neubaus für die Spore-Inititiative zeigen die Stapelung der Funktionen. Das Erdgeschoss öffnet sich mit seiner Glasfassade zum Vorplatz und verbindet so den Straßen- mit dem Innenraum, wo das Café und die Pförtnerloge sitzen sowie, durch das Treppenhaus getrennt, die Räume für Konferenzen und Veranstaltungen. Wo die Fassade des Erdgeschosses nicht verglast ist, besteht sie aus rötlich gefärbtem Sichtbeton, dessen Textur von den Rauspundbrettern der Schalung stammt. Das erste Obergeschoss ist höher als die anderen, denn hier liegen die Ausstellungsräume. Es ist außen durch seine Fassade aus wiederverwendeten Klinkern deutlich ablesbar, wobei das Klinkerband immer wieder durch raumhohe Museumsfenster unterbrochen wird.

Der südliche Gebäudeteil umfasst zwei weitere Etagen mit Büroräumen und Residency-Studios. Der Gebäudeteil zum Park im Norden ist niedriger. Hier gibt es eine große Dachterrasse, die für Veranstaltungen geeignet ist und mit einer Freitreppe an der Nordfassade auch über einen eigenen Aufgang verfügt. Die Fassade dieser oberen Geschosse besteht aus flachen Neubrandziegeln, sodass eine lebendige, horizontale Schichtung des gesamten Gebäudes in verschiedenen Rottönen und Oberflächenstrukturen entsteht.

Im Inneren begrüßen einen im Erdgeschoss zunächst die Räume aus Sichtbeton und insbesondere die auffallende Rippendecke, in deren Streben sich der Kräfteverlauf zeigt. Auch das Treppenhaus besteht aus Sichbeton, die Stufen aus Eichenholz. Ein großes Rollgittertor ermöglicht die Trennung des nördlichen vom südlichen Foyerbereich. Der Tresen des Cafés und die gegenüberliegende Tür sind wie Intarsien aus Holz in die Betonwände eingeschnitten.

So urban und roh die Materialien in den öffentlichen Bereichen formuliert sind, so gemütlich wird es in den oberen Geschossen. Hier sind die Räume von Eichenholz und übergroßen Panoramafenstern geprägt, die auf der einen Seite einen  Blick auf die Hermannstraße bieten, während der Ausblick auf der Rückseite in das überraschend dichte Grün der alten Friedhofsbäume geht.

Die Architekt*innen wollten einen „Ort des Treffens“ schaffen, der sich mit den umliegenden Stadträumen verzahnt und diese in den Innenraumsequenzen fortsetzt. Zu diesen vielfachen Verzahnungen gehören auch zwei Besonderheiten in der äußeren Gestalt: So ist die Straßenfassade scharf eingeschnitten, um einen denkmalgeschützten Lichtmast der ehemaligen Einflugschneise des Flughafens Tempelhof freizustellen. Und in der Nordfassade, wo früher die Friedhofmauer stand, wurde deren Silhouette scherenschnittartig in die Betonwand des Neubaus eingelassen, wo sie nun als Abdruck der Vergangenheit erhalten bleibt. (fh)

Fotos: Hans-Christian Schink, Tjark Spille


Zum Thema:

Am morgigen Samstag, 22. April 2023 ist das Gebäude ab 18 Uhr zur offiziellen Eröffnung kostenfrei zugänglich. Keynotes gibt es ab 19 Uhr, eine Performance ab 21 Uhr. Und auch am Sonntag, den 23. April, steht das Gebäude von 14 bis 20 Uhr offen. Weitere Informationen auf der Webseite der Spore Initiative.


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