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30.05.2023

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Renaissance des Wiener Gemeindebaus

Sozialer Wohnungsbau in der Seestadt Aspern von WUP architektur


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Der soziale Wohnungsbau hat in Wien eine lange Tradition. Im Auftrag der Stadt wurde kürzlich in der Seestadt Aspern ein sogenannter Gemeindebau fertig. Die Architekt*innen wollten maximale Wohnlichkeit erreichen und setzten dabei auf einfache Materialien und flexible Grundrisse.

Von Maik Novotny


Der Gemeindebau ist eine Wiener Tradition seit inzwischen exakt 100 Jahren. Den Beginn markierte die Einführung der Wohnbausteuer 1923, die die Bauoffensive des „Roten Wien“ ermöglichte, dessen Substanz bis heute die Grundlagen des Wiener Wohnbaus bildet. Weitere großmaßstäbliche Wohnsiedlungen folgten in der Nachkriegszeit, ab den 1980er Jahren beschränkte sich die Stadt vor allem auf den Erhalt des Bestandes. Gemeindebauten, die ihrer Bezeichnung entsprechend durch die Stadt selbst errichtet werden, kamen seither nur noch wenige hinzu. Den rapide steigenden Bedarf an neuem Wohnraum durch das Wachstum der Bevölkerung seit der Jahrtausendwende deckten vor allem gemeinnützige Bauträger ab.

Im Vorfeld der Wiener Gemeinderatswahl 2015 wurde angekündigt, den Gemeindebau nach langer Pause wieder zu forcieren, mit dem Ziel von 4.000 neu errichteten Wohnungen in der ersten Planungsphase. Die Konditionen des „Gemeindebau NEU“ sind für Mieter*innen besonders günstig: Keine Eigenmittel, keine Kaution, keine Befristung, 7,50 Euro pro Quadratmeter. Nahezu alle Projekte errichtet die Wiener Gemeindewohnungs-Baugesellschaft (WIGEBA) im Auftrag der Stadt auf gemeindeeigenen Grundstücken. Als erster dieser neuen Gemeindebauten wurde 2019 der Barbara-Prammer-Hof von NMPB Architekten (Wien) eröffnet.

Mit diesem zusätzlichen Angebot reagierte die Stadt auf den zunehmenden wirtschaftlichen Druck, dem sich der leistbare Wohnbau auch in Wien ausgesetzt sieht. Der Spagat zwischen hohen Baukosten und steigenden Zinsen einerseits und gedeckelten niedrigen Mieten anderseits ist heute nur noch durch die aktive Liegenschaftspolitik der Stadt realisierbar, die frühzeitig Grundstücke als Baulandreserven sichert.

Sozialer Wohnungsbau in bester Lage

Gespart werden muss natürlich trotzdem. Beim inzwischen siebten neuen Gemeindebau – dem ersten in Wiens großem Stadtentwicklungsgebiet Seestadt Aspern – trafen die wohnbauerfahrenden Architekten WUP architektur (Wien) von Anfang an eine konsequente Entscheidung: Konzentration auf die Wohnungsgrundrisse und räumliche Qualitäten, dafür Einfachheit in Fassade und Material. Die umlaufenden Balkone und raumhohen Fenster konnten als Plus an Wohnlichkeit realisiert werden, dafür sind die Balkongeländer verzinkt und die Fensterrahmen aus Kunststoff. Die etwas an ein Eisdielensortiment erinnernden Putzfarben Rot, Blaugrau und Gelb sind eine Referenz an die Fassadenfarben der Gemeindebauten des Roten Wien.

Diesen Zwang zur Sparsamkeit in der Fassade mag man bedauern, doch wird er zumindest teilweise durch die Lage des Bauplatzes auf dem Baufeld H4 ausbalanciert. Am Ostrand des neu angelegten, rund 30.000 Quadratmeter großen Elinor-Ostrom-Parks, also direkt am unverbaubaren Grün. Durchaus ein bewusstes politisches Zeichen der Stadt Wien, dem sozialen Wohnungsbau eine der besten Parzellen im Quartier Am Seebogen, dem dritten Bauabschnitt der Seestadt Aspern, zuzuweisen.

Im Inneren wird weit mehr als das Minimum geboten. Die 74 Wohneinheiten verteilen sich in einem einfachen, konstruktiven System mit tragenden Mittelwänden, das größtmögliche Flexibilität aufweist. Maximale Wohnlichkeit und räumliche Flexibilität durch ein kluges konstruktives System zu ermöglichen, ist ein Ziel, an dem Helmut Wimmer und seine Partner schon lange arbeiten. Bereits das Wohnregal Koppstraße (1999) wies in diese Richtung, ebenso wie das Haus für die Baugruppe LiSA, in das 2014 die ersten Bewohner*innen der Seestadt Aspern überhaupt einzogen.

Grundrisspotentiale

Beim „Gemeindebau NEU“ wird diese Flexibilität in den Grundrissen der einzelnen Wohnungen durch Raumzuschnitte maximiert, die in einem intensiven Entwurfsprozess erarbeitet wurden. So entstanden multipel nutzbare Räume, die zwischen Zimmer, Nische und Durchgang oszillieren und (in einem Drittel der Wohnungen) durch raumhohe Schiebewände abgeteilt werden können. Beispielsweise ist der Typ B nicht nur kreisförmig begehbar, sondern kann je nach Bedarf für Paar und Kleinkind, Alleinerziehende mit zwei Kindern oder Homeoffice genutzt werden – oder in maximal offener Variante als Loft. So lassen sich 52 Quadratmeter je nach Anforderungen der Lebenssituation als Zwei-, Drei- oder Vierzimmerwohnung definieren.

Noch vor seiner Fertigstellung wurde das Haus im letzten Jahr als Projekt der IBA_Wien in deren Abschlusspräsentation inkludiert, als Möglichkeit, die Ideale von Leistbarkeit und räumlicher Qualität – kurz: dem „guten Leben“ – auch in eine Wohnbau-Ära hinüberzuretten, die wirtschaftlich ihre goldenen Zeiten hinter sich gelassen hat. Die Architekt*innen geben die Baukosten mit rund neun Millionen Euro bei einer Bruttogrundfläche von circa 6.100 Quadratmetern (oberirdisch) an.

Fotos: Luiza Puiu, WUP architektur


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Kommentare

8

Seeger, H. | 12.06.2023 10:25 Uhr

Gespannt auf die WoBau Entwürfe von solong + C. Richter

In Bezug auf die Wohnraumversorgung in allen deutschen Großstädten hat Wien an sich nicht solche Probleme, allerdings finden wir in der amtlichen Planung derzeit wenig Büros und Planer die sich dieser Sache ernsthaft stellen und guten Wohnungsbau für unter 3.500 € pro m² aufzeigen und aufzeichnen... also immer her mit Ihren guten Ideen samt Grundrissen und Fassaden... MfG aus Hamburg Wandsbek

7

Peter Dünsch | 31.05.2023 15:26 Uhr

Bild 15

Geil ein MUARSTFAHCSNIEMEG!

6

Christian Richter | 31.05.2023 11:51 Uhr

More is More

Nun, das Ziel des preisgünstigen Wohnungsbau mag erreicht worden sein, wobei nicht klar ist, ob die 7,50Euro nicht das Ergebnis einer Subvention, oder eben der niedrigen Baukosten sind. Wie auch immer, es ist sehr einfach geworden - zu einfach, leider. Die Grundrisse sind - schlicht gesagt - eine Katastrophe, das Schlafzimmer ohne Fenster (!) ist über den hochtrabenden Begriff des "oszillierenden Raums" hier salonfähig geworden. Die Küchen sind zu klein, um sie benutzen zu können, das Bad fensterlos. Man erkennt: das Grundriss-Modul ist zu schmal, um gut und flexibel zu funktionieren, und auch zu tief bei einseitiger Belichtung. Die Fassade ist schlicht und regelmäßig aufgeteilt, was durchaus wohltuend ist, so dass man auf den Foto-Trick aus Bild 3 hätte gerne verzichten können - was aussieht wie eine durchlaufende Glasfassade, sind in Wirklich einfach zwei getrennte Fenster. Die Methode ist leider beispielhaft für den Umgang mit den Defiziten - was nicht überzeugt, wird bunt angemalt oder im Foto retuschiert. Dennoch: es ist gar nicht so weit weg von einem robusten, einfachen Haus. Aber je näher man sich der Grenze des gerade noch Guten nähert, desto bewusster muss man jede Reduktion abwägen. Hier man zuviel gespart.

5

solong | 31.05.2023 09:15 Uhr

... sonst nichts ...

anzumerken ? ... wien bleibt im sozialen wohnungsbau vorreiter ... 7,50 euro miete / m2 bei 52 m2 wohnungsgröße = 390 euro kalt ... interessant wären die baukosten und die fördergeldhöhe ... gestalterisch ... muss ja nicht alles grau weiß sein ... die auskragenden schubladenbalkone sind etwas übertriebenund die wohnungsgrundrisse führen mit dem mittigen sanitärkern zu sehr viel flurfläche im verhältnis zur wohnungsgröße ... und schmalen räumen die einer barrierefreiheit im wege stehen

4

auch ein | 30.05.2023 21:11 Uhr

lauch

Mit der Farbe ist das immer so eine Sache, Inspiration ist alles wenn man mal nicht weiter weiß;. Auch baunetz kann da helfen....Weis. Ganz und gar.Zb wie l'arbre blanc...

3

arcseyler | 30.05.2023 20:52 Uhr

..........

Schönes Flechtmuster, der Schuß farbig wie Flickenteppich. In seiner spielerischen Einfachheit ein Musterbau zum nachmachen.

2

auch ein | 30.05.2023 20:44 Uhr

lauch

Bild 5: Die "sogenannte Gegenwart", sinnlich mit voller Liebe die polyester und gummimatte zwischen die Stäbe geflochten...Ich will die gute alte Bastmatte zurück.

1

Jan | 30.05.2023 18:54 Uhr

Stadtrandbebauung

Da möchte man ja nicht mal tot über dem sichtschutzbeflochtenem Geländer hängen.

Schlimm.

 
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