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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Room_606._Architektur_und_Design_fuer_das_SAS_House_in_Kopenhagen_8320589.html

16.08.2023

Buchtipp: Arne Jacobsen

Room 606. Architektur und Design für das SAS House in Kopenhagen


Es gilt – vielmehr galt – als bedeutendstes Werk des dänischen Architekten und Designers Arne Jacobsen (1902–71): das SAS Royal Hotel nahe dem Tivoli in Kopenhagen, mit seiner aus einer Hand und größtenteils speziell für dieses Unikat geplanten, stimmungsvollen Inneneinrichtung ein Meisterwerk der Architektur der Nachkriegsmoderne.

Das originale Interieur ist jedoch nur in einem von ursprünglich 240 Hotelzimmern erhalten geblieben, und zwar in jenem Room 606, der einem von Michael Sheridan verfassten, bereits 2003 bei Phaidon auf Englisch veröffentlichten – und schon lange vergriffenen – Buch den Titel gab. Diesen behielt der Autor auch für die nun erschienene, umfangreich überarbeitete Neuausgabe bei, obwohl es sich „im Grunde genommen um ein neues Buch“ handele, wie Sheridan im Vorwort schreibt.

Buchtitel und auch der Untertitel Architektur und Design für das SAS House stehen allenfalls für die halbe Geschichte, die hier kenntnis- und detailreich erzählt wird. Denn wie schon 2003 bettet der Autor seine ausführliche Betrachtung von Zimmer 606 und dem gesamten Kosmos des 1960 vollendeten Gebäudes – geplant als Hybrid aus Hotelturm mit angeschlossenem Terminal der Fluggesellschaft SAS Scandinavian Airlines im erweiterten Sockel – in eine Reflexion über zahlreiche andere Werke Jacobsens ein. Auf diese Weise lässt sich nahezu jeder Aspekt der vierjährigen Planungs- und Baugeschichte rekonstruieren. Etwa wie der Universalgestalter bei von ihm entworfenen Privat- und Rathäusern schon in den 1930er und frühen 1940er Jahren Raumkonzepte, Materialien, Möbel und Designobjekte ausprobierte und stetig weiterentwickelte, die dann im SAS Royal Hotel zu einem Gesamtkunstwerk kulminierten.

Bei der scheibenartigen Grundstruktur des Gebäudes mit seinen durchlaufenden Fensterbändern – einschließlich des zweigeschossigen und quer zum Hauptbau gespannten Sockels – nahm Jacobsen Anleihen beim Lever House von Skidmore, Owings and Merrill in New York (1948–52). Jedoch entwickelte er jedes Raumarrangement und jedes Detail in den Hotelzimmern, aber auch in den öffentlich zugänglichen Bereichen wie Lobby, Wintergarten, Restaurants und Terminal mit integriertem Reisebüro aus eigenen Studien. Dabei prägte der Architekt und Designer jede Komponente, von der grün-bläulichen Farbpalette über die Möbel (darunter die legendären Sessel Egg und Swan) und die Leuchten bis zum Essbesteck. Vieles davon ist leider unwiederbringlich verloren gegangen, weil das inzwischen als Radisson Collection Royal Hotel firmierende Gebäude mehrfach umgebaut wurde.

Umso verdienstvoller ist die weitreichende Dokumentation des (ehemaligen) Meisterwerkes anhand von großformatigen Farb- und zahlreichen Archivfotos (zumeist in Schwarz-Weiß) sowie von Originalzeichnungen und -skizzen. Darüber hinaus finden sich auch Visualisierungen anderer Werke Jacobsens sowie seiner „Lehrmeister“ Kay Fisker und Gunnar Asplund. Der Autor hat dabei die Struktur seines Buches von 2003 übernommen und seine Betrachtungen in sieben thematischenKapiteln – Fenster, Wände, Beleuchtung, Textilien, Holzarbeiten, Möbel, Objekte – strukturiert. Diese sind jeweils noch einmal dreigeteilt in Zimmer 606, SAS-Gebäude und andere Arbeiten.

Das genau aufeinander abgestimmte Zusammenspiel von Textpassagen und dazu passenden Abbildungen auf nahezu jeder Doppelseite ist bemerkenswert und ein Verdienst des Buchgestalters Michael Jensen. Eine angemessene Einleitung und ein vielleicht etwas knappes Nachwort runden dieses inhaltlich und grafisch gelungene Werk ab. Etwas mehr Sorgfalt beim Lektorat hätte ihm allerdings gut getan.

Text: Oliver G. Hamm

Arne Jacobsen. Room 606
Michael Sheridan
Gestaltung: Michael Jensen
336 Seiten
Hatje Cantz Verlag, Berlin 2023
ISBN 9783-775755566
60 Euro


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