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18.08.2023

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Genossenschaften im Nachkriegsquartier

Pläne für Stuttgart Rot


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In Stuttgart Zuffenhausen entwickeln zwei lokale Baugenossenschaften das gemischte Quartier Am Rotweg – nicht weit von Hans Scharouns berühmtem Hochhauspaar Romeo und Julia. In einer der ersten Flüchtlingssiedlungen nach dem Zweiten Weltkrieg wollen sie so mehr Wohnraum schaffen. Die städtebauliche Planung stammt vom Berliner Büro ISSS Research Architecture Urbanism, für die Landschaftsarchitektur ist Topo*grafik paysagistes (Marseille) gemeinsam mit Greenbox Landschaftsarchitekten (Stuttgart) verantwortlich.

Das Vorhaben wird von der IBA’27 begleitet. Entsprechend muss es den hohen Ansprüchen genügen – etwa an eine ökologische Quartiersplanung, eine sozialgerechte Mischung oder einen partizipativen Prozess. Den Plänen nach zu urteilen, scheint hier tatsächlich ein zukunftsfähiges Quartier mit interessanten Stadträumen zu entstehen. Mit einer Einschränkung: Den Bestand wird man nicht erhalten.

Ab 1948 baute man hier die Nachkriegssiedlung Rot. Errichtet wurde sie von der damals neu gegründeten Genossenschaft Neues Heim. Bis heute ist ein Großteil der Wohnungen in genossenschaftlicher Hand. Neben der Neues Heim hält auch die Baugenossenschaft Zuffenhausen mehrere Objekte. Gemeinsam beschlossen sie, einen Teil der Siedlung abzureißen und neu zu entwickeln. Die viergeschossigen Riegel mit Satteldach seien nicht sanierungsfähig und besitzen zudem keine Aufzüge.

Im Neubau sollen nun mehr Wohnungen mit einer größeren Grundrissvielfalt und gemeinschaftlich nutzbaren Erdgeschossen entstehen. ISSS und Topo*grafik entwarfen ein Ensemble aus insgesamt zehn freistehenden Bauten. Sie wurden so positioniert, dass die meisten Bäume erhalten werden können. Dazwischen ergibt sich ein Netz unterschiedlicher Freiräume und kleiner Stadtplätze. Diagonal durch das Areal soll eine Art Bach verlaufen und mehrere Becken sowie Retentionsflächen angelegt werden. Wie es sich für zeitgemäße Quartiere gehört, sind innerhalb des Geländes keine Autos oder Straßen vorgesehen. Stellplätze und Sharing-Angeboten werden in einem Mobilty Hub am Rand untergebracht.

Der Planung ging ein städtebaulicher Realisierungswettbewerb voraus, den ISSS mit Topo*grafik gewann. Bewerben mussten sich die Büros damals über ein Skizzenverfahren. Aus über 100 Einreichungen wurden letztlich elf Teams plus vier gesetzte eingeladen. Im Sinne einer architektonischen Vielfalt wurde im Wettbewerb vorgesehen, dass die Sieger den Städtebau liefern, während alle Preisträger Teile der Hochbauplanung übernehmen. Entsprechend sind die beiden zweitplatzierten Büros StudioVlayStreeruwitz (Wien) und EMT Architektenpartnerschaft (Stuttgart) nun für je drei der zehn Baukörper verantwortlich. Die übrigen vier Gebäude sowie das übergeordnete Regelwerk und die Koordination des Ganzen liegen bei ISSS.

Auf diese Weise entsteht ein zusammenhängendes Quartier mit dennoch eigenständigen Häusern in Holz- oder Holz-Hybridbauweise. In den Erdgeschossen werden dabei öffentliche Nutzungen wie Gewerbe und Gastronomie, eine Kita und mehrere Pflegeeinrichtungen sowie Gemeinschaftsräume untergebracht. Darüber wird eine Mischung unterschiedlicher Wohnkonzepte und offener Erschließungen in Form von Atrien oder Laubengängen geboten. Die Dächer sind als begrünte Terrassen ausgeführt oder werden mit Photovoltaik versehen.

Durchaus überzeugend wirkt auch der laufende Partizipationsprozess. Mit Hilfe von im besten Sinne puppenhausartigen 1:33-Modellen versuchte man die Planungen auch einem breiten Publikum zu eröffnen. Zudem wurde auf dem Gelände eine Art Probewohnung aufgebaut, in der regelmäßig Workshops stattfinden.

Insgesamt sehen die Planungen auf dem zwei Hektar großen Areal 213 Wohneinheiten und 3 Pflege-WGs vor. Künftig sollen hier etwa 680 Menschen wohnen können und 205 Arbeitsplätze entstehen. Die Bewohner*innen der Bestandsbauten haben inzwischen neue Wohnungen an anderen Standorten der Genossenschaften bekommen. Mitte 2024 sollen Rück- und Neubau beginnen. (mh)

BauNetz ist Medienpartner der IBA’27 StadtRegion Stuttgart.


Zum Thema:

Auf den Webseiten der IBA27 und des Quartiers am Rotweg ist der Planungsprozess transparent dargestellt.


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Kommentare

4

Elena | 22.08.2023 11:06 Uhr

städtebau

Wie kann so ein Städtebau gewinnen? Weder wird die Umgebung aufgegriffen noch wirkt es einladend und durchlässig.
Diese Abschrägungen stammen auch noch aus dem letzten Jahrzehnt, und bringen doch auch keinen Mehrwert.
Ich denk die Zukunft liegt mehr bei der Nachverdichtung, Aufstockung, und beim Weiterbauen. Abreissen, Tabula Rasa, für einen eher ungekonnten mutlosen Städtebau, was soll hier nachhaltig sein?

3

Soenke | 19.08.2023 13:25 Uhr

Günstiger Wohnraum adé!

Sehr schade, dass hier Gebäude mit bezahlbaren Mietpreisen niedergerissen werden. Die bestehenden Zeilenbauten wurden bereits thermisch saniert. Nicht jedes Haus benötigt einen Aufzug. Barrierefreie Wohnungen könnten auch im EG/Hochparterre geschaffen werden. Eine Nachverdichtung des Quartiers wäre auch ohne Abriss des Bestands möglich gewesen.

2

arcseyler | 18.08.2023 20:05 Uhr

....

Schon interessant, was die 50er und die Heutigen unter Raumbildung verstehen. In einem leicht zu pflegenden Park mit großen Bäumen zu wohnen wie hier die 50er ist auch nicht schlecht. Bei gleichstarker Belegung wie in den 50ern würden die Heutigen eher einem wuseligen italienischen Armutsidyll gleichen.

1

Hirsch | 18.08.2023 17:58 Uhr

Ausreden um neu zu bauen?

"Die viergeschossigen Riegel mit Satteldach seien nicht sanierungsfähig und besitzen zudem keine Aufzüge."

Aha. Solche Aussagen sollten sehr kritisch überprüft und nicht einfach kommentarlos übernommen werden. Oft haben alle Beteiligten aus verschiedenen Gründen ein Interesse neu zu bauen und dann kommt es zu solchen Bewertungen, welche dann gegenüber der Öffentlichkeit als Tatsache dargestellt werden.

 
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Gemeinschaftswiese im Herzen des Quartier am Rotweg

Gemeinschaftswiese im Herzen des Quartier am Rotweg

Lageplan

Lageplan

Axonometrie Quartier

Axonometrie Quartier

Baukörper „Jordan – Gemeinschaftlich Wohnen am Atrium“/Bauherr: Neues Heim - Die Baugenossenschaft/Architektur: ISSS

Baukörper „Jordan – Gemeinschaftlich Wohnen am Atrium“/Bauherr: Neues Heim - Die Baugenossenschaft/Architektur: ISSS

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