Auf einer felsigen, nur durch eine schmale Landzunge mit dem Festland verbundenen Halbinsel an der Westküste Cornwalls stehen die Ruinen der mittelalterlichen Burg Tintagel. Die Festungsanlage gibt es seit dem 5. Jahrhundert, im 13. Jahrhundert wurde sie neu errichtet. Als Burg König Markes ist sie Schauplatz der Tristan-Sage und kommt auch als Ort der Handlung im Sagenkreis um König Artus vor. Durch ihre abseitige Lage diente sie zwischenzeitlich als Gefängnis, bis sie um 1600 aufgegeben wurde und verfiel. Archäologische Ausgrabungen seit den 1930er und umfänglich in den 1990er und 2010er Jahren legten die Anlage frei und wiesen Verbindungen zum mediterranen Raum der Spätantike nach.
Als Kulturerbestätte in spektakulärer Lage war die zerklüftete Halbinsel lange Zeit nur über steile Treppen und schmale Stege zugänglich. Seit 2019 besitzt Tintagel Castle eine imposante neue Erschließung: 28 Meter oberhalb des Pfades entstand eine 68,5 Meter lange Fußgängerbrücke von Ney & Partners (Brüssel) und William Matthews Associates (London). Das Team hatte 2015 einen von der Organisation English Heritage ausgeschriebenen internationalen Wettbewerb für das mit 5 Millionen Pfund veranschlagte Projekt.
Mit dem Entwurf zeichnet das Planungsteam die ungefähre Höhe und Breite der ursprünglichen, durch Stürme und Erosion verschwundenen Landverbindung nach. Zwei Kragarme aus Stahlfachwerk sind an beiden Seiten im Fels verankert und strecken sich über den Abgrund hinweg einander entgegen. Indem sie sich nur fast berühren, markieren sie die Bruchstelle und machen die gegenwärtige Leere deutlich. Auch der Belag aus senkrecht gestellten, handgeschnittenen Schieferplatten verweist auf die Brüchigkeit der den Naturkräften ausgesetzten Küstenlandschaft.
Die 2,4 Meter breite Brücke mit hohen Geländern schafft nicht nur barrierefreien Zugang mit großartigem Ausblick, sondern verbindet nach Jahrhunderten erstmals wieder das äußere Torhaus mit dem ursprünglichen Schlosseingang. So wird dieser Teil der Anlage zum Ausgangspunkt des Rundwegs entlang der Mauerreste. Die mit weniger als 50 Tonnen verhältnismäßig leichte Konstruktion der im Gestein verankerten Ausleger ermöglichte das abschnittsweise Bauen mit vorgefertigten Segmenten, die vor Ort ohne Gerüst und mit Hilfe eines Krans eingesetzt und montiert wurden.
Die Tintagel Castle Footbridge wurde 2021 mit dem RIBA National Award und dem RIBA South West Award ausgezeichnet und schaffte es auf die Shortlist für den Stirling Prize. (uav)
Fotos: Jim Holden, Hufton & Crow, David Levene
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Baudichtungslaie | 27.01.2022 13:09 UhrNicht alles, was schön anzuseh´n, ist geeignet zum Begeh´n!
Einer muss es ja nun sein,
gieß´ich halt Wasser in den Wein:
Im Unterschied zum Studium,
setzte man hier die Sache um,
doch auch das Vorbild "Erosion"
in zweifelhafte Konstruktion.
Man darf drum nicht verwundert sein,
wenn sich der Schiefer baldigst klein
und kleiner brechend dem versagt,
was man sich vom Belag erfragt.
Ich wünscht, ich möge irre geh´n,
denn ansonsten ist´s
sehr schön!