RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Einfamilienhaus_in_Leipzig_von_Atelier_ST_8447787.html

08.01.2024

Zurück zur Meldung

Wohnhöhle aus Beton

Einfamilienhaus in Leipzig von Atelier ST


Meldung einblenden

Im äußersten Nordosten Leipzigs, wo die Stadt in Felder, Wiesen und Gewerbegebiete übergeht, liegt der Stadtteil Portitz. Dort, am Rande eines Wäldchens konnten Atelier ST (Leipzig) ein Einfamilienhaus realisieren. Im Entwurf kommt Gegensätzliches zusammen: „Ziel war es“, schreibt das Büro, „aus den Ambivalenzen der Umgebung ein eigenständiges Gebäude zu entwickeln.“

Dies beginnt mit der äußeren Form aus zwei länglichen, zusammengeschobenen Satteldachhälften. Der Neubau passt sich so den Baufluchten und der Körnung seiner Umgebung an und stellt eine Verbindung zur Typologie der Doppelhäuser her, die in dem Stadtteil dominieren. Gleichzeitig kann das geforderte Raumprogramm auf einer Wohnfläche von 204 Quadratmetern untergebracht werden. Das Haus orientiert sich auf einem langgestreckten Ost-West-Grundstück insbesondere zu Straße und Wäldchen im Osten sowie zum eigenen alten Obstgarten im Westen hin. Die Seitenfassaden zu den Nachbarn im Süden und Norden bleiben mit kleineren Fenstern weitgehend geschlossen.

Das Haus wurde als Stahlbetonkonstruktion errichtet. Ins Auge fallen sowohl das Material der Fassaden als auch die großen, bogenförmigen Fenster und Türen. Die Gebäudehülle zeigt „als Referenz an den umgebenden Wald“ das unregelmäßige Bild der sägerauen Bretterschalung, so die Architekt*innen. Innen liegt an den Wänden eine 18 Zentimeter starke Dämmschicht aus Hanfkalksteinen und einem atmungsaktiven Lehmputz. Nur an der Kaminwand des Wohnzimmers und der Wand zwischen Elternschlaf- und Badezimmer im Obergeschoss tritt die raue Betonoberfläche auch innen in Erscheinung. Das Wohnzimmer macht zudem mit einer Raumhöhe bis unters Satteldach auf sich aufmerksam.

Die auffälligen Türen und Fenster deuten bereits auf die Gestaltung der Innenräume hin. Man betritt das Haus von Osten durch eine weit geschwungene Bogentür neben der Doppelgarage. Eine ebensolche Tür öffnet auf der anderen Gebäudeseite die Küche zur Gartenterrasse. Wohnzimmer und Elternschlafzimmer verfügen über große Fenster mit ebenfalls halbkreisförmigem Bogen. Hinzu kommen noch kreisrunde Fenster über dem Eingang (Arbeitszimmer) und über der Küche zum Garten (Kinderzimmer). Atelier ST sprechen von einem „geheimnisvollen, bergenden Höhlenraum“, der als weicher, wohnlicher Kern einen Gegensatz zur „harten, äußeren Schale“ formuliert.

Betont wird diese Spannung zwischen Ecken und Rundungen, innen und außen durch die Bögen von Türen, Schiebetüren und Durchgängen im ganzen Haus. So ist aus der ambivalenten Umgebung ein ambivalentes Haus entstanden, das von der Spannung seiner Gegensätze und Merkwürdigkeiten lebt – bis hin zu den zwei Stahlstützen, die in der Küche für eine leichte, optische Teilung von Koch- und Essbereich sorgen. Hier hätte es auch ein konventioneller Unterzug getan, sagt Sebastian Thaut vom Atelier ST. Aber gemeinsam mit der Bauherrenfamilie habe man sich für die Stahlstützen entschieden, die man noch mit Fuß- und Kopfplatte versehen habe, um einen Verweis auf die Industriearchitektur des 19. Jahrhunderts zu setzen. (fh)

Fotos: Clemens Poloczek


Video:



Clemens Poloczek

Zum Thema:

Mehr zu Mondtoren und Ochsenaugen bei Baunetz Wissen.


Kommentare

17

Paul | 22.01.2024 08:47 Uhr

Verteilung Bauvolumen

Ein schönes Haus, in sich stimmig, gute Details und ebenso wirklich gut realisierte Fassade. Über den bogenartigen Eingang kann man in der Tat geteilter Meinung sein, gleichwohl weiß man ja auch nie, ob Bauherren oder Architekt*innen den Impuls dazu gegeben haben.

Einzig wirklich unzeitgemäß empfinde ich das Volumen an umbauten Raum für die Garage. Augenscheinich der größte Raum im ganzen Haus, größer als die Küche, das Wohnzimmer, alles anderen Räume im OG sowieso.

In Zeiten, in denen ein KFZ eine zunehmend geringer werdende Rolle einnehmen sollte, bleibt das unverständlich.

16

genius loci | 10.01.2024 22:35 Uhr

@Sieben

Danke für den Hinweis. Ich habe mich selbst schon stark gewundert, wer bei einem Neubau auf eine Innnendämmung setzt. Kann mir nicht vorstellen, dass das irgendeinen Vorteil hat - es war wahrscheinlich der ausschlaggebende Grund, eine Sichtbetonfassade haben zu wollen.

15

Hans-Jacob Heidenreich | 09.01.2024 21:46 Uhr

@ ixamotto

Können Sie sich vorstellen, dass ich einfach meine Meinung äußere, ohne Hintergedanken oder Projektionen? Das "Gendergaga" spielt sich nicht in meinem Kopf ab, da es real im Text zu konstatieren ist.

Ich habe die Inkonsequenz in der teilentstellten Sprache bemängelt, die liegt ja wohl vor, oder nicht? Und mich stört so etwas eben massiv.

In der Sprache ist es wie in der Architektur, der Kunst oder der Musik. Es gibt abgesehen von Sprachregeln (die "Gendergaga" missachtet, obwohl Sprachen auch als Fremdsprachen gelernt oder übersetzt werden) kein "richtig" oder "falsch", sondern man kann letztendlich nur messen, ob Dinge in sich stimmig oder konsequent sind. Ist das der Fall, stehen Hadid, Krier, Rossi, Holl, Schinkel oder Ledoux und alle sonst denkbaren Architektursprachen gleichberechtigt nebeneinander.


14

peter | 09.01.2024 14:25 Uhr

wun-der-schön

da will ich auch leben! <3

13

Jan | 09.01.2024 10:10 Uhr

sehr schön

Ich würde sofort einziehen.



Wie kann man denn Heidegger und Steiner bloß als Positivbeispiel anführen...?!?

12

Sieben | 09.01.2024 09:52 Uhr

aufwändige Konstruktion wegen Bauphysik

Unabhängig von der Form, die gefällt oder nicht gefällt, wurde bei diesem Gebäude eine ziemlich aufwändige und teure Konstruktion gewählt: bei Innendämmung wird der Beton eben nicht thermisch aktiviert, sondern nimmt schnell die Außentemperatur an. Die Folge sind vermutlich höhere Heizkosten. Innen- und Außenwände und Decken müssen aufwändig thermisch getrennt werden. Ob jemand dem Bauherrn die dadurch entstehenden Mehrkosten erläutert hat? Schränke oder Bilder wird man an den Wänden mit Innendämmung auch nicht aufhängen.

11

ixamotto | 09.01.2024 09:05 Uhr

@Hans-Jacob Heidenreich

Sie hätten jetzt auch einfach "Bauherrenfamilie" schreiben können und niemandem wäre irgendwas aufgefallen. Viele hier im Chat verwenden das generische Maskulinum, andere benutzen Sternchen, Binnen-I oder Unterstrich.

Dieser Unterschied wird erst dann problematisch, wenn kaum eine Gelegenheit zur öffentlichen Äußerung verstreicht, ohne dass denjenigen, die es anders machen, als man selbst, unterstellt wird, sie seien verrückt oder verwirrt oder nicht normal.

Da zeigt sich dann, dass sich das "Gendergaga" als Projektion letztlich im Kopf derjenigen abspielt, die es ständig konstatieren und suggerieren, man wolle ihnen etwas nehmen, was ihnen tatsächlich aber gar nicht genommen wird.

10

Achim Kosch | 09.01.2024 08:44 Uhr

......

Sehr schön.

9

Werner H. | 09.01.2024 07:40 Uhr

Das ist...

...Doch mal ein Haus.Vorallem in Zeiten wie diesen wird man in diesem schönen Bunker gar nicht merken wenn draußen die Welt schon untergegangen ist.

8

peter | 08.01.2024 22:10 Uhr

interessant, aber

an ein paar stellen irgendwie "aua", z.b. beim "übersprossten" fenster, an den übergängen vom ortgang- zu den traufblechen oder beim anschluss innentür an außenwand in bild 3.

7

... | 08.01.2024 21:20 Uhr

la deutsche vita

da hat wohl jemand von italien geträumt. aber sehr bieder und hüftsteif, ohne viel phantasie und grandezza, so dass mangiarotti, caccia dominioni oder asnago und vender vermutlich gar nicht gemerkt hätten, dass da von italien geträumt worden ist.

6

Hans-Jacob Heidenreich | 08.01.2024 20:37 Uhr

Ein in sich stimmiges Haus,

das sich wohltuend aus unzähligen Bauhausadaptionen mit Luftbalken und Bandfenstern abhebt. Hauptsache die Bauherrenfamilie (oder müsste es, wenn schon Gendergaga, dann richtig Bauherr*Innenfamilie heißen) ist damit zufrieden.

5

genius loci | 08.01.2024 18:18 Uhr

@auch ein architekt

Find ich jetzt nicht so schlimm, wie Sie tun. Ihnen muss es ja zum Glück auch nicht gefallen. ;)

4

arcseyler | 08.01.2024 17:58 Uhr

.......

Schon Heidegger hat sinngemäß die Gemütlichkeit als Achillesferse der Moderne erkannt. Steiner bemühte sich ähnlich von innen heraus die Welt zu begreifen. Bogen als geschlossenes Weltbild.

3

stauBmeier | 08.01.2024 17:22 Uhr

wann

fliegt
denn
das
Vögelchen
aus?

2

auch ein | 08.01.2024 16:28 Uhr

architekt

das mit den verschiedenen rundungen und türstürzen ist ja geschmackssache....
aber dieses sprossengewirr an diesem angeschnittenen kreis ist wirklich schlimm!
oder ist das Gegenüber so hässlich, dass man es nicht sehen will?

1

ABOA aufbauostarchitekten | 08.01.2024 15:51 Uhr

(aufge)thaut in Leipzig

...sehr schön, "rund" und stimmig!

Glückwunsch an die Architekten und an die Bewohner.


Mit kollegialen Grüßen,
ABOA



 
Mein Kommentar
Name*:
Betreff*:
Kommentar*:
E-Mail*:

(wird nicht veröffentlicht)

Zur Durchführung dieses Service werden Ihre Daten gespeichert. Sie werden nicht an Dritte weitergegeben! Näheres erläutern die Hinweise zum Datenschutz.


Ab sofort ist die Eingabe einer Email-Adresse zwingend, um einen Kommentar veröffentlichen zu können. Die E-Mail ist nur durch die Redaktion einsehbar und wird nicht veröffentlicht!


Ihre Kommentare werden nicht sofort veröffentlicht. Bitte beachten Sie unsere Regeln.




Alle Meldungen

<

09.01.2024

Konzepte für modulare Bauten

Vortrag von Chris Precht in Innsbruck

08.01.2024

Für die letzte Ruhe

Kolumbarien im polnischen Radom von BDR Architekci

>
baunetz interior|design
Alles Rhabarber
Stellenmarkt
Neue Perspektive?
Baunetz Architekt*innen
dasch zürn + partner
baunetz CAMPUS
Alumni Podcast
BauNetz Xplorer
Aktuelle Ausschreibung
vgwort