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05.09.2022

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Produktive Stadt am Humboldthain

Cobe gewinnen Wettbewerb in Berlin


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Das ehemalige Werksgelände der AEG südlich des Humboldthains liegt noch immer etwas abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit – trotz des atmosphärischen Backsteinensembles von Peter Behrens und einer Reihe wichtiger Institutionen und Unternehmen, die hier bereits seit vielen Jahren sitzen. Das dürfte sich ändern, wenn die Pläne des Immobilienunternehmens Coros umgesetzt werden, das ein 6,5 Hektar großes Teilgebiet des Geländes zum zukunftsorientierten Produktionsstandort Quartier am Humboldthain entwickeln will.

Am Mittwoch wurde bekanntgegeben, dass Cobe (Kopenhagen) den zweistufigen Wettbewerb für das Quartier am Humboldthain für sich entscheiden konnten, an dem insgesamt 20 Teams teilgenommen hatten. Gegenstand des Wettbewerbs war die Erarbeitung eines „Masterplans für den Neubau eines gemischten Gewerbequartiers“, das 235.000 Quadratmeter BGF oberirdisch umfassen soll, wovon 40 Prozent für Produktion reserviert sind.

Der Landschaftsarchitekt Stefan Bernard sowie die Architektinnen Anett-Maud Joppien (Dietz Joppien Planungsgesellschaft), Jórun Ragnarsdóttir (LRO) und Julia Tophof fungierten als Fachpreisrichter*innen. Joppien übernahm den Juryvorsitz. Es wurden drei Preise vergeben:


Auf dem zu entwickelnden Gelände steht momentan ein viergeschossiges Produktionsgebäude mit bronzen spiegelnder Hülle. Das charakteristische, circa 130.000 BGF umfassende Haus wurde in den frühen 1980er Jahren von Siemens Nixdorf als hochtechnisierte Produktionsanlage errichtet und wird heute (voraussichtlich noch bis 2024) von der Berliner Sparkasse genutzt. Der ausladende Gebäudekomplex wurde gebäudetechnisch, strukturell und städtebaulich als problematisch eingeordnet und soll komplett rückgebaut werden, um ein vernetztes und durchgrüntes Areal zu schaffen. 80 Prozent des damals verbauten Materials soll wiederverwendet werden, hieß es auf der Pressekonferenz.

Das Besonders an dem Neubauprojekt: Es geht hier nicht um einen weiteren Bürostandort, sondern um ein echtes Gewerbegebiet und damit auch um die Frage der produktiven Stadt. Büros, Forschung und Produktion der Zukunft sollen hier eng verzahnt sein, das ganze in bester innerstädtischer Lage, also ein attraktiver Standort für ambitionierte Unternehmen und deren anspruchsvolle Arbeitskräfte.

Der erstplatzierte Entwurf von Cobe greift die historischen Typologien auf und spinnt diese weiter. Die Gustav-Meyer-Allee am Humboldthain wird als Haupterschließungsachse dienen. Joppien betonte bei der Vorstellung des Entwurfs die „Lebendigkeit der Linie“, die hier vorgeschlagen werde. Ein circa 65 Meter Hochpunkt (mit öffentlich zugänglichem obersten Geschoss) markiert den Haupteingang in das Quartier, in dessen Zentrum ein Park samt Retentionsbecken liegt. Drei Cluster rahmen wiederum den Park. Sie bestehen jeweils aus einem Gebäude über U-förmigem Grundriss mit Werkhalle und einem circa 60 Meter hohen Bürohaus. Bestehende Durchgänge in das südlich anschließende Wohngebiet werden verstärkt. Außerdem werde eine Öffnung zum historischen Beamtentor an der Brunnenstraße angestrebt, hieß es auf der Pressekonferenz.

Der Wettbewerb war als eingeladener Ideenwettbewerb nach RPW 2013 durchgeführt worden; die zweite Stufe als nichtoffener Realisierungswettbewerb. Eingebunden in den Wettbewerb war ein Werkstattverfahren mit vier Treffen im Sommer 2021. Von den 20 Teilnehmer*innen der ersten Wettbewerbsstufe waren insgesamt acht in die zweite Stufe gewählt worden. Neben den drei prämierten Teams waren dies HENN (Berlin) und WES LandschaftsArchitektur (Hamburg), DMSW Architekten und bbz landschaftsarchitekten (beide Berlin), cityförster und nsp landschaftsarchitekten (beide Hannover), KSP Engel (Berlin) sowie das Team caspar. (Hamburg), Schellenberg + Bäumler (Dresden) und studio grüngrau Landschaftsarchitektur (Düsseldorf).

Über den Kostenrahmen wurde auf der Pressekonferenz nur kurz gesprochen, wobei betont wurde, dass dieser angesichts der aktuellen Situation derzeit rein spekulativ sei. Zumindest ein offizieller Zeithorizont wurde genannt. Bis 2026 soll der Bebauungsplan vorliegen, 2030 das Projekt abgeschlossen sein. (gh)


Zum Thema:

Alle Wettbewerbsbeiträge sind noch bis Freitag, 9. September 2022 in Gebäude 17a (Gustav-Meyer-Allee 25, 13357 Berlin) des ehemaligen AEG-Geländes zu sehen. Die Ausstellung ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Weitere Informationen findet man auch auf der Webseite des Projekts.


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Kommentare

7

Restemeier | 09.09.2022 13:47 Uhr

Ressourcen-Irsinn

Schön den Bestandsbau wegkloppen, der zumindest seiner Größe und Strktur nach problemlos umgenutzt werden könnte!

Der Investor bekommt seine Refinanzierung, die teilnehmenden Architekten können sich -wie gehabt- durch originäre Wertschöpfung profilieren, und das Ganze ist in Punkto Nachhaltigkeit und bewusster Umgang mit Ressourcen einfach nur Wahnsinn.

Wesentlich anspruchsvoller, zukunftsorientierter und verantwortlicher wäre es ein neues Konzept für das Nixdorf-Gebäude -unter Erhalt des Großteil der Bausubstanz- zu entwickeln.

6

Jenatsch | 09.09.2022 11:16 Uhr

völlig aus der Zeit gefallen

Kleine Ergänzung nach Besuch der (übrigens miserabel gemachten, respektlosen) Ausstellung: Unter den 20 teilnehmenden Büros sind einige, die sich gerne unter dem Label des Nachhaltigen Bauens vermarkten. Dennoch haben alle den unverantwortlichen Komplettabriss des Nixdorf-Baus kritiklos übernommen und sind den offenkundig sehr hohen Renditeerwartungen des Investors freudig nachgekommen. Ansätze nachhaltigen Bauens haben bestenfalls Feigenblatt-Charakter. Besonders zynisch mutet der 3. Preisträger an: Die echte Industriehalle wird plattgemacht und dann eine Kulisse industrieromantischer Versatzstücke errichtet. Liebe Wettbewerbsteilnehmer:innen: Woher nehmt Ihr eigentlich die Gewissheit, dass Eure Planungen in 40 Jahren überzeugender sein werden als der Nixdorf-Bau heute? Mir erscheint das ganze Projekt schon heute noch viel vorgestriger als der Bestandsbau.

5

Jenatsch | 05.09.2022 18:19 Uhr

Weg damit!

#1 kann ich nur beipflichten. Die Nixdorf-Bauten waren zwar schon bei Errichtung nicht auf der Höhe der Zeit, aber das heißt nicht, dass sie nicht weiterverwendet werden könnten. Wurde überhaupt ernsthaft geprüft, ob sie sich, ggf. teilweise, integrieren lassen? Es gibt doch wirklich schlauere Ansätze als Komplettabriss. Wann beginnt unser Handeln endlich dem Denken zu folgen? Dieses rücksichtslose und unkreative Abreissen ist doch schon lange nicht mehr auf der Höhe des Diskurses! Gab es auch Wettbewerbsteilnehmer, die das gemerkt haben? Oder sind dafür allein Lacaton Vassal zuständig?

4

wow | 05.09.2022 18:10 Uhr

2022

Da wurde gerade im Baunetz vom umgenutzten Schokoladenlager in Bern berichtet, bei dem ein Großteil der Tragstruktur des Bestandsbaus erhalten werden konnte und 10 Jahre später ist diese Erkenntnis scheinbar noch nicht nach Berlin vorgedrungen.

3

danc | 05.09.2022 17:05 Uhr

Produktive Stadt am Humboldthain

Warum soll der Gebäudekomplex "gebäudetechnisch, strukturell und städtebaulich problematisch" sein?
Es sieht (zumindest auf dem Photos) gar nicht so schlecht aus? Eine im Großen und Ganzen nicht schlechte, ja sogar gelungene Industriearchitektur würde ich (aus der Ferne) behaupten.
Muss immer alles abgerissen werden um (mit allen Respekt vor der Leistung der am Wettbewerb teilnehmenden Büros) durch mittelmäßiger Architektur ersetzt zu werden?
Ist es hierzulande nicht möglich etwas Bestehende sinnvoll zu erneuern, umzufunktionieren?

2

maestrow | 05.09.2022 16:38 Uhr

Produktive Verwertung

Bei aller Euphorie hinsichtlich der neuen extrem dichten Quartiersentwicklung bleiben einige seltsame Fragen: Warum konnte der Bestandsbau eigentlich nicht umgebaut und integriert werden? Und welche Rolle spielt hier die Coros Management GmbH mit Sitz in München in diesem Verfahren?

1

z04 | 05.09.2022 16:23 Uhr

---

Hab ich das richtig verstanden, dass die riesigen Hallen einfach abgerissen werden? Wer hat das entschieden, dass das nicht nutzbar ist? Kostet das immer noch nix?
War da nicht was?
CO2?

 
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1. Preis: Cobe

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2. Preis: Ortner & Ortner Baukunst und capattistaubach urbane landschaften

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3. Preis: Robertneun und Atelier Loidl Landschaftsarchitekten

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Bestandsbau und Parkplätze; der gelb eingefärbte Bereich markiert das Wettbewerbsgebiet.

Bestandsbau und Parkplätze; der gelb eingefärbte Bereich markiert das Wettbewerbsgebiet.

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