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05.12.2022

Tech-Campus in Berliner Siemensstadt

Masterplan von David Chipperfield Architects und Eike Becker_Architekten


Der Bezirk Spandau im Nordwesten der Hauptstadt ist nicht nur dafür bekannt, eigentlich gar nicht zu Berlin gehören zu wollen. Seit über 100 Jahren befindet sich hier mit dem Ortsteil Siemensstadt auch ein ausufernder Industriestandort. Geprägt wird das Gebiet links und rechts der Nonnendammallee noch immer von riesigen Produktionshallen und Logistikflächen. Im Zuge der digitalen Transformation der Industrie stehen dort aber seit längerem immense Stadtentwicklungsprojekte an. So vor allem das Firmen-Areal von Siemens selbst, das in Zukunft zu einem smarten Quartier umgebaut werden soll. Und westlich davon entsteht nahe der Zitadelle der Gewerbe-Campus The Hub.

Zwischen diesen beiden Gebieten folgt nun das nächste Vorhaben, wie der international agierende Investmentmanager Aventos mit Sitz in Berlin kürzlich auf einer Pressekonferenz bekanntgab. Auf dem ehemaligen Werksgelände des Leuchtmittelherstellers Osram soll künftig der Technologiecampus Luxwerk entstehen. 2021 hatte der Projektentwickler das Areal im Rahmen eines Sale-and-Lease-Back-Verfahrens von dem Photonik-Unternehmen, das mittlerweile zum österreichischen Halbleiter-Konzern Ams gehört, übernommen. Osram bleibt demnach weiterhin Hauptmieter, belegt aber nur noch einen Teil der insgesamt etwa 11,7 Hektar umfassenden Grundstücksflächen. Verantwortlich für den vorgestellten Masterplan des ersten Abschnitts West zeichnen David Chipperfield Architects (Berlin) gemeinsam mit Eike Becker_Architekten (Berlin).

Vorangegangen war dem Zuschlag ein von [phase eins] (Berlin) koordiniertes Werkstattverfahren, in dem die ursprünglich fünf teilnehmenden Architekturbüros gemeinsam mit der Auftraggeberschaft, der bezirklichen Stadtplanung sowie den zuständigen Denkmalbehörden wichtige Leitsätze festlegten. Neben den üblichen Ansprüchen an die Klimagerechtigkeit lag der Fokus dabei offenbar zuvorderst auf der Bereitstellung flexibler Räume und dem denkmalgerechten Umgang mit der Bestandsanlage.

Das von 1927 bis 1931 nach Plänen von Waldemar Pattri errichtete Maschinen-Glaswerk gilt als erste vollautomatisierte Produktionsstätte für Lampenkolben Europas. Später hinzugefügte und nun nicht mehr benötigte Bauteile wie beispielsweise ein Hochregallager werden laut Projektentwickler recyclingfähig rückgebaut, um das ursprüngliche Ensemble wieder freizulegen. Dadurch sichtbar werdende Fassaden und Innenräume – deren räumliche Qualität sich ungemein vielfältig darstellt – sollen weitestgehend rekonstruiert werden. Indes finde im Sinne des Erhalts der architektonischen Gestalt keine nennenswerte bauphysikalische Ertüchtigung statt.

Städtebaulich schließe man mit den Ergänzungen an die klare Organisation des historischen Komplexes an. Bis auf einen Riegel entlang der Nonnendammallee konzentrieren sich die geplanten Neubauten auf den rückwärtigen südlichen Teil des Baufeldes. Massige Atrium-Typologien sorgen hier für eine hohe Dichte, zwei Plätze im Innenbereich sollen – auch wenn von deren anvisierter Entsiegelung bislang wenig zu sehen ist – der Aufenthaltsqualität Rechnung tragen. Zudem denken David Chipperfield Architects an Low-Tech-Konzepte und innovative Konstruktionsweisen, die Fassaden sollen mit recycleten Aluminium-Elementen versehen werden. Noch nicht ganz so konkret steht es um die Planungen des zwölfgeschossigen Hochhauses an der nordwestlichen Ecke des Grundstücks, das von Eike Becker_Architekten stammen wird. Bestehend aus zwei versetzten Scheiben und zwei niedrigen Pavillons soll das etwa 59 Meter hohe Gebäude auf die übrigen Hochpunkte der Siemensstadt, wie den berühmten Bauten Schaltwerk und Wernerwerk von Hans Hertlein, Bezug nehmen.

Etwa 71.500 Quadratmeter Bruttogrundfläche umfasst das Neubauvorhaben, 15.800 davon entfallen auf das Hochhaus. Weitere circa 21.700 Quadratmeter bieten die Bestandsgebäude. Nach den neuen Nutzer*innen für die insgesamt gut 93.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche sei man noch auf der Suche. Aufgrund der flexiblen Grundrisse und Deckenhöhen von sieben Metern in den Erd- und 4,5 Metern in den Obergeschossen wird aber ein weites Spektrum geboten – von Büros, Laboren und Forschung bis hin zu Logistik sowie leichter Produktion. Von zukünftig bis zu 2.500 Arbeitsplätzen geht Aventos dabei aus, eine zentral gelegene Kantine soll der campusinternen Versorgung dienen. Da anders als beim benachbarten Siemensquartier keine Wohnnutzungen vorgesehen sind, wird das geltende Baurecht für Gewerbe und Industrie eingehalten. Insofern kann schon demnächst der Baubeginn erfolgen, die Abbrucharbeiten laufen bereits. Als Investitionsvolumen werden circa 250 Millionen Euro angegeben, ab 2024 nehme man sich des Baufeldes Ost an. (mh)


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Zentraler Platz an der Dannerhalle: Von der anvisierten größtmöglichen Entsiegelung ist auf den Darstellungen bislang wenig zu sehen.

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Bestandsaufnahme des Osram-Werkgeländes (1927-31) von Waldemar Pattri: Konkrete Nachnutzungen für den Bestand stehen bislang zwar nicht fest, würden aber, so die Verantwortlichen, durch Haus-in-Haus-Lösungen integriert.

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Die Bestandsgebäude des historischen Glaswerkkomplexes sollen „repariert“ oder, wie links im Bild zu sehen, „nachgeformt“ werden.

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An der Nonnendammallee schließt ein großzügig verglaster Neubau mit zwei laternenartigen Erhöhungen das Ensemble zur Straße hin ab.

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