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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Gericht_ordnet_Bau_der_Dresdner_Waldschloesschenbruecke_an_26706.html

14.03.2007

Bürgerentscheid gegen Völkerrecht

Gericht ordnet Bau der Dresdner Waldschlösschenbrücke an


Die umstrittene Waldschlösschenbrücke in Dresden muss gebaut werden. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen hat der Beschwerde des Regierungspräsidiums Dresden stattgegeben und den vom Dresdner Verwaltungsgericht im Sommer 2006 verhängten Baustopp aufgehoben.

Die vom OVG angeregte außergerichtliche Einigung von Landeshauptstadt und Regierungspräsidium ist damit gescheitert. Die Entscheidung ist in letzter Instanz gefallen und nicht anfechtbar. Die Stadt ist nun gezwungen, die Bauaufträge für die 157 Millionen Euro teure Elbbrücke zu erteilen (siehe BauNetz-Meldung zum Wettbewerbsentscheid von 1997). Dresden wird dadurch wahrscheinlich, wie von der UNESCO angedroht, seinen erst 2004 erlangten Status als Weltkulturerbe verlieren. Seit Juli 2006 steht die Stadt auf der Liste des bedrohten Weltkulturerbes.

Das OVG Bautzen bewertete den Bürgerentscheid pro Waldschlösschenbrücke höher als die von der Bundesregierung im Jahr 1976 unterzeichnete Welterbekonvention. Völkervertragsrecht müsse in nationales Recht umgesetzt werden, um Geltungskraft zu erlangen, dies aber habe die Bundesregierung bis dato versäumt. Dem Bürgerentscheid hingegen komme als Akt unmittelbarer Demokratie eine entscheidende Bedeutung für die demokratische Rechtsordnung zu.

Am 12. Februar 2005 hatten sich 50,8 Prozent der Stimmberechtigten an dem von der Dresdner CDU, der Dresdner FDP und dem ADAC initiierten Bürgerentscheid beteiligt, 67,92 Prozent von ihnen stimmten für den 1996 beschlossenen Brückenbau. Die Auswirkung auf den Weltkulturerbestatus war damals noch nicht absehbar; erst im Herbst 2005 hatte die UNESCO ihre Bedenken angemeldet. Die Bewerbung der Stadt um den Titel, in der das Brückenprojekt erwähnt war, enthielt einen Übersetzungsfehler, der die Brücke nicht elbaufwärts, sondern elbabwärts verortete.

Kommentar der Redaktion:

Die Entscheidung des OVG ist selbstverständlich zu respektieren, den Richtern waren die Hände gebunden: Seit über 30 Jahren hat es keine Bundesregierung für nötig befunden, rechtlich wirksame Konsequenzen aus der eingegangenen völkerrechtlichen Konvention zum Schutz des kulturellen Erbes zu ziehen, und einen Bürgerentscheid zu missachten, wäre ein fatales Signal.

Ebenso fatal aber ist es, dass nun eine einzigartige Stadtlandschaft so überflüssig wie unwiederbringlich zerstört werden wird und diese Entscheidung nicht vermieden werden konnte - etwa durch einen neuen Bürgerentscheid, der den Dresdnern die Gelegenheit geboten hätte, für den Erhalt der Elbauen und des Weltkulturerbetitels zu stimmen und damit eine Alternative zur bestehenden Planung zu erzwingen. Erst mit dieser Chance, auf die Drohung der UNESCO zu reagieren, hätten die Dresdner tatsächlich das letzte Wort gehabt im Streitfall „Weltkulturerbe vs. Individualverkehr“. Die Bundesregierung ist nun gefordert, endlich aktiv zu werden und ein Gesetz zu erarbeiten, das einen ähnlichen Richterspruch für die Zukunft ausschließt. Denn einen Teil des Weltkulturerbes zu zerstören, kann nicht das Recht einer ganz auf die Bewältigung von Gegenwartsproblemen fixierten lokalen Minderheit sein. Der 13. März war ein schlechter Tag, nicht nur für Dresden.

Anne Kockelkorn


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