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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Bangalore_aendert_sein_Gesicht_27970.html

24.07.2007

Symbol des indischen Zeitgeists

Bangalore ändert sein Gesicht


Das indische Magazin „The Hindu“ widmet der neuen Architektur der Stadt Bangalore am 22. Juli 2007 einen Artikel.

Galt Bangalore, Hauptstadt des südindischen Staats Karnataka, noch vor 20 Jahren als komfortable Stadt im Hintergrund, die nicht dem Druck von Metropolen wie Mumbai oder Delhi ausgesetzt war, scheint inzwischen eine tektonische Bewegung in der urbanen Landschaft stattgefunden zu haben. Bangalore ist heute weit davon entfernt, ein idyllisches Paradies für Pensionäre oder nur eine ländliche Gartenstadt zu sein. Im Gegenteil, die Stadt wird heute weithin als Symbol des zeitgenössischen Indiens betrachtet. Das liegt auch an seiner neuen Architektur.

Ein Beispiel dafür ist die St. Marks Road, einer Straße, die durch „Karo- und Millimeterpapier-Fassaden“ geprägt ist. In dieser Umgebung steht nun ein etwas durcheinander geraten erscheinender, gleißend weißer Aluminiumwürfel, diagonal gezackt und mit irregulär aus der Fassade brechenden Flächen. Der Architekt heißt Vijay Vivek Shankar, er studierte in England und arbeitete bei Zaha Hadid. Sein Gebäude zieht durch seine neuartige, exzentrische Erscheinung alle Aufmerksamkeit auf sich; wobei die alte Bishop Cotton School gegenüber, in Massivbauweise aus lokalem Material, den Kontrast zum weißen Neubau mit seiner in China angefertigten Fassade noch mehr verstärkt. Sieht so das Verständnis von zeitgenössischer Architektur in einer globalisierten Welt aus?

Kommentar der Redaktion:

Bangalore hat einen sichtbar hohen Level an architektonischen Experimenten durch stark erhöhtes Investment erreicht. Das spiegelt sich auch in der Anerkennung wider, die Architekten aus Bangalore inzwischen in Indien genießen.
Hatte man in den 1960er Jahren etwa Le Corbusier und dessen „Jünger“ mit zeitgenössischen Bauwerken für das neue Indien beauftragt, verfügt Bangalore inzwischen über eigene Ressourcen in der jungen Architektenschaft und gilt heute gleichsam als „Urquell“ einer neuen architektonischen Ära in India. Das liegt einerseits am Bauboom und andererseits an dem Hervorsprießen multinationaler Architekturbüros in Bangalore und ihren international ausgebildeten Architekten. Die neue Architektur entsteht heute als Ausdruck des Zeitgeists – unter höchstem Investitions-, Zeit- und Kostendruck. Der klassischen Auffassung von Architektur und Stadtentwicklung wird kein Raum gegeben.

In der Mehrzahl ist Bangalores Architektur – und auch die indische Architektur insgesamt – immer noch hoffnungslos anachronistisch; glitzernde Neubauten aus Metall und Glas für Wenige, wie auch jüngere Beipiele aus Mumbai (BauNetz-Meldung vom 5. Juni 2007) zeigen, spiegeln sicherlich nicht die indischen Städte und ihre Bewohner, aber dafür umso mehr die krassen sozialen Unterschiede in der indischen Gesellschaft wider.

Die indischen Städte werden, wie auch anderswo in Asien, unvermeidlich zum Basar der Stile werden, wenn nicht die Regierenden für soziale und ästhetische Qualitätskriterien in Sachen Stadt- und Baukultur sorgen. Aber das erscheint momentan noch unwahrscheinlich und klingt eher wie ein frommer Wunsch.

Das neue Bangalore ist gerade im Entstehen begriffen, und dieser Prozess benötigt Zeit. Eine neue visuelle Ordnung jedoch oder gar eine zeitgenössisch indische Architektur hat sich bisher noch nicht entwickelt.

Till Wöhler


Kommentare:
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