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22.05.2024

Offener Club am Rhein

Workshopverfahren der Open Embassy for Democracy in Bonn entschieden


Der denkmalgeschützte, ehemalige American Embassy Club am Bonner Rheinufer verfällt seit Jahren. Die gemeinnützige Projektgesellschaft Open Embassy for Democracy möchte den Pavillon nun für ihre Zwecke sanieren. Ein kürzlich erfolgter Stegreif-Workshop hat nach Ideen und Methoden für den besonderen Ort gesucht.

Von Uta Winterhager

 
Demokratie kultivieren, diskutieren, inszenieren und praktizieren, das ist die Aufgabe der 2023 gegründeten, gemeinnützigen Projektgesellschaft Open Embassy for Democracy OPEM. Sie gehört zu den in Bonn ansässigen Montag Stiftungen und möchte den denkmalgeschützten, ehemaligen American Embassy Club am Rheinufer sanieren und für Workshops, Tagungen und Kulturprogramm umbauen. Acht bis zehn Millionen Euro stehen zur Verfügung.

Ende April waren fünf Teams zu einem dreitägigen kooperativen Stegreif-Workshop eingeladen, den bueroschneidermeyer (Köln) und Ulrich Pantle (Saarbrücken/Ludwigsburg) betreuten. Dabei sollte nicht ein Entwurf finalisiert, sondern individuelle, für Ort und Aufgabe angemessene Bilder und Methoden erarbeitet werden. Die Jury unter Vorsitz von Volker Staab (Staab Architekten, Berlin) empfahl das Team Korteknie Stuhlmacher Architecten (Rotterdam) und H+N+S landschapsarchitecten (Amersfoort) einstimmig für den weiteren Planungsprozess.

In die engere Wahl kam das Team Summacumfemmer (Leipzig) und atelier le balto (Berlin). Eingeladen waren zudem David Chipperfield Architects (Berlin) und studio erde – office for anthropocene landscapes (Berlin), Atelier ST (Leipzig) und Man Made Land (Berlin) sowie Aretz Dürr Architektur (Köln) und club L94 Landschaftsarchitekten (Köln).
 
HiCoG-Siedlung und American Embassy Club

Nachdem Bonn 1949 zum Sitz von Parlament und Regierung gewählt worden war, ließ der High Commissioner of Germany eine Dienststelle und mehrere Siedlungen für die amerikanischen Bediensteten und ihre Familien bauen. Die Plittersdorfer HiCoG-Siedlung mit 458 Wohnungen wurde 1951 von einer Architektengruppe um Sep Ruf und Otto Apel sowie den Landschaftsarchitekten Hermann Mattern und Heinrich Raderschall entworfen.

Auch das Gebäude des American Embassy Club gehörte zur HiCoG-Siedlung. Der langgestreckte Pavillon steht leicht erhöht auf einem zum Rheinufer hin abfallenden, parkähnlichen Gelände. In seine filigrane Struktur floß mit dem markanten Kamin auch der „Prairie Style“ ein. Bis zum Umzug der US-Botschaft nach Berlin 1999 wurde im American Embassy Club der amerikanische Lifestyle gefeiert. Die Säle – jeweils etwa 1.000 Quadratmeter in Souterrain und Erdgeschoss – boten einen außergewöhnlichen Rahmen zur Pflege internationaler Beziehungen.

Seit dem Verkauf der Siedlung an die Vereinigte Bonner Wohnungsbau AG Vebowag verfiel der Club zusehends. Seit 2001 steht das Ensemble der US-amerikanischen Siedlung unter Denkmalschutz. Dies verhinderte jedoch nicht, dass 2005 der Neubau der Bonn International School auf dem Grundstück der alten amerikanischen Schule wie ein Keil zwischen Häuser und Club getrieben wurde.

Open Embassy for Democracy

Für die Open Embassy for Democracy bietet der ehemalige amerikanische Club einen einzigartigen Freiraum zur Umsetzung ihrer Ideen. Das siegreiche Entwurfsteam Korteknie Stuhlmacher und H+N+S konzipierte einen „Club am Rhein“ und platziert mit einem auf die Rheinpromenade mündenden Zugang eine freundliche Einladung. Sitzmauern erzeugen eine organische Terrassierung des Geländes und machen den öffentlichen Raum nutzbar. Verschiedene Vegetationsbilder von der Hartholzaue bis zum Wadi stellen eine ökologische Anbindung an das Ufer her. Die Vorfahrt an der Stirnseite des Clubhauses ersetzen die Verfasser*innen durch einen „Rheinbalkon“. Die Bonn International School wird hinter einem Hopfenzaun ausgeblendet.
 
Mit Respekt haben die Architekt*innen die Zonierung des Gebäudes weiterentwickelt. Als zentrales Element schlagen sie eine Gemeinschaftsküche vor. Der Küchentisch als Inbegriff eines demokratischen Ortes überwindet die Exklusivität des Hauses, verbindet leger und formell. Als Bar fügt er Arbeit und Fest. Die Öffnung des Bodens in der nordwestlichen Gebäudeecke und der Einbau eines als Sitztreppe gestalteten Atriums zeigen einen beherzten Eingriff in die Substanz, durch die das Souterrain aufgewertet wird.

Mechthild Stuhlmacher
nannte den Prozess, den sie anstoßen möchte, „Stoffwechsel“. Während die Oberflächen im Erdgeschoss weitgehend erhalten bleiben, wird die Technik in maßgefertigte Holzmöbel integriert, die gleichzeitig raumbildend wirken und eine wohnliche Atmosphäre erzeugen sollen. Als Referenz führte sie die Stadtbibliothek im belgischen Mechelen an.

Im Untergeschoss gibt es Farben. Räume und Nutzungen sind hier spezifisch und deutlich introvertierter. Nina Lemmens (Geschäftsführerin der OPEM) hob hervor, dass sich das siegreiche Team ausgesprochen feinfühlig in das Programm der Open Embassy eingearbeitet habe. Mit diesem Verständnis sei es ihnen gelungen, die ursprünglich sehr exklusive Haltung des Clubhauses in eine warme Sprache zu übertragen und das Haus im besten Sinne zugänglich zu machen.

Engere Wahl

Summacumfemmer und atelier le balto kamen in die engere Wahl. Sie schlugen vor, den Umbauprozess – ähnlich ihrem Biennalebeitrag Open for Maintenance. Wegen Umbau geöffnet“ – als Labor zu gestalten. Dies sollte durch abschnittsweises Reparieren und Baustoffrecycling in situ, in Kooperationen mit Jugendbauhütten, Universitäten und berufsbildenden Schulen sowie durch die Anwendung aktueller Forschungsergebnisse geschehen. In die Mitte des Clubhauses wollte das Team in einem offenen Atrium einen Regenwassertank platzieren.

Atelier le balto schlugen vor, Haus und Garten mit zwei sich überlagernden Strukturen zu verflechten: terrassierte Bänder flankieren die sanft abfallende Wiese seitlich, während eine schwungvoll mäandrierende Durchwegung die Rheinseite zur barrierearmen Haupterschließung macht. Mit alter und neuer Vegetation sollte die Biodiversität gefördert und die Nachbarschaft in die gärtnerische Pflege einbezogen werden.
 
Die Jury meinte, räumliche und atmosphärische Qualitäten nur ansatzweise einschätzen zu können. Sie diskutierte, ob das partizipative Konzept an einem bislang sozialräumlich eher isolierten Ort umsetzbar wäre, und wie professionelle Bauarbeiten und Selbstbauprozesse parallel organisiert werden sollten. Dennoch stellt der Vorschlag „einen herausragenden Beitrag für die Idee dar, den Ort über einen partizipativen Bauprozess mit einer großen Vielfalt an Menschen wieder zu bespielen und damit ein neues Bild für einen Ort der Demokratie zu schaffen“, ließ das Preisgericht wissen.

Die Bauherrschaft möchte den Umbau mit dem Team Korteknie Stuhlmacher und H+N+S realisieren. In nächster Zeit finden konkrete Gespräche zu den nächsten Planungsschritten statt.


Zum Thema:

Ebenfalls in bester Uferlage aber etwas flussaufwärts haben die Montag Stiftungen 2022 ein Studierendenwohnheim mit explizit gemeinschaftlicher Orientierung eröffnet. Die Planungen für den sogenannten MO-Campus stammen von Schmitz Architekten (Köln) und RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten (Bonn).


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American Embassy Club (1952), Fotoarchiv der US Botschaft Bonn, in Arndt, Gerhardt; Bredenbeck, Martin; Derda, Agnieszka; Faßbender, Thomas; Fischer, Rolf; Geszier, Michael; Hoyer, Arne; Kittel, Esther; Weber, Astrid, „HICOG-Siedlungen Architekturführer der Werkstatt Baukultur Bonn 13“. Bonn 2019

American Embassy Club (1952), Fotoarchiv der US Botschaft Bonn, in Arndt, Gerhardt; Bredenbeck, Martin; Derda, Agnieszka; Faßbender, Thomas; Fischer, Rolf; Geszier, Michael; Hoyer, Arne; Kittel, Esther; Weber, Astrid, „HICOG-Siedlungen Architekturführer der Werkstatt Baukultur Bonn 13“. Bonn 2019

Amerikanische Siedlung Plittersdorf, Fotoarchiv der US Botschaft Bonn, in Arndt, Gerhardt; Bredenbeck, Martin; Derda, Agnieszka; Faßbender, Thomas; Fischer, Rolf; Geszier, Michael; Hoyer, Arne; Kittel, Esther; Weber, Astrid, „HICOG-Siedlungen Architekturführer der Werkstatt Baukultur Bonn 13“. Bonn 2019

Amerikanische Siedlung Plittersdorf, Fotoarchiv der US Botschaft Bonn, in Arndt, Gerhardt; Bredenbeck, Martin; Derda, Agnieszka; Faßbender, Thomas; Fischer, Rolf; Geszier, Michael; Hoyer, Arne; Kittel, Esther; Weber, Astrid, „HICOG-Siedlungen Architekturführer der Werkstatt Baukultur Bonn 13“. Bonn 2019

Perspektive auf Vorplatz; Ausgewähltes Team: Korteknie Stuhlmacher (Rotterdam) und H+N+S (Amersfoort)

Perspektive auf Vorplatz; Ausgewähltes Team: Korteknie Stuhlmacher (Rotterdam) und H+N+S (Amersfoort)

Lageplan; Ausgewähltes Team: Korteknie Stuhlmacher (Rotterdam) und H+N+S (Amersfoort)

Lageplan; Ausgewähltes Team: Korteknie Stuhlmacher (Rotterdam) und H+N+S (Amersfoort)

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