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16.09.2015

Betonburg in der Schweiz

Wohnungsbau von Herzog & de Meuron


Als „ein exzentrisches Haus von Herzog & de Meuron“ betitelt die NZZ diesen Wohnungsbau, der am Montag als letzte große Baumaßnahme im Zellweger Park in Uster fertig gestellt wurde – das Gebäude sei „ein Monstrum, dessen Feinheiten entdeckt werden müssen“, meint gar der Tages-Anzeiger. Dabei erinnert der achtgeschossige Neubau an eine Betonburg, die am Ufer des Herterweihers gelandet ist. Die Nachbarn: ein Verwaltungsgebäude und ein Ausstellungspavillon des Schweizer Architekten Roland Rohn aus den sechziger Jahren.

Das ist keine ganz typische Nachbarschaft für ein Gebäude mit 32 neuen Wohnungen „im mittleren Preissegment“, wie die Architekten schreiben. Grund dafür ist die Lage. Der Zellweger Park war einst Industriegelände und wurde nun in den letzten Jahren in ein durchmischtes Quartier, in eine „Wohnstadt am Wasser“ verwandelt. Da passt doch ein grober, archaischer Neubau aus Ortbeton, der vielleicht für manch einen eher wie ein Rohbau aussehen mag. Mit ihrer Betonfassade ergänzen Herzog & de Meuron außerdem den Wohnungsbau von Gigon/Guyer mit der geknickten Holzfassade aus unbehandelter Fichte und die elegante Wohnscheibe mit den dunklen Balkonbändern von Morger + Dettli.

Herzog & de Meuron haben ihren 6.400 Quadratmeter fassenden Wohnkubus so zu den Nachbarbauten gedreht, dass die Orientierung zur Sonne optimiert ist. „Im quadratischen Grundriss sind die Wohnungen über Eck angeordnet und bieten Ausblicke in jeweils zwei verschiedene Himmelsrichtungen: auf das Schloss Uster, den Herterweiher, den Greifensee oder die Alpen“, erläutern die Architekten. Die Erschließung erfolgt über eine Eingangshalle in der Mitte des Hauses, von der man über zwei Aufzüge jede Wohnung erreichen kann – ein gemeinsames Treppenhaus oder Korridore gibt es nicht.

Stattdessen befinden sich an den Gebäudeecken Wendeltreppen, die jede Wohnung direkt an den Park anbinden. Um den Sonneneinfall zu maximieren, die Einsicht aber gleichzeitig zu minimieren, sind die vier runden Türme jeweils anders positioniert, so dass die Strenge gebrochen wird. „Vom Park her kommend, betritt man über den außenliegenden runden Treppenturm zuerst eine große, sichelförmige Loggia“, so Herzog & de Meuron. Mit Vorhängen ausgestattet, wirke diese wie ein zusätzliches Zimmer. Die weißen Holzzäune, die anstelle der Geländer montiert wurden, stammen von dem Künstler Erik Steinbrecher.

Durch offene Grundrisse mit fließenden Raumfolgen konnten die Architekten auch im Wohnungsinneren auf Korridore verzichten, Zentrum und Verteiler jeder Wohnung ist die Küche. Ungewöhnlich sind auch die Größen: Es gibt nur 4,5- und 5,5-Zimmer-Wohnungen. Für eine bessere Wohnqualität haben die Architekten außen gespart. Die Fassade, ein durchgehendes Betonraster, wurde mit der günstigsten Schalung geformt, Fehler wurden nur dort korrigiert, wo es technisch notwendig war. Die Fenster hingegen können trotz heutiger Energieanforderungen großformatig sein, weil der Baukörper als Würfel äußerst kompakt ist.

Ein besonderes Detail kann man kaum sehen, je nach Jahreszeit aber hören. Im obersten Bereich haben Herzog & de Meuron kleine Aussparungen in der Fassade gelassen: Nistplätze für Mauersegler und Zwergfledermäuse, wie ein Artikel in der Schweizer Tageszeitung Der Bund verrät. (jk)

Fotos: © Erica Overmeer


Zum Thema:

www.zellweger-park.ch


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