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01.07.2025

Kaulsdorfer Experiment

Wohnkomplex in Berlin von FAR frohn&rojas


Mit ihrem „Wohnregal“ in Berlin-Moabit – errichtet mit Betonfertigteilen aus dem Industriebau – sorgten FAR frohn&rojas 2019 für eine rege Diskussion. Kürzlich wurde der nächste Wohnungsbau fertiggestellt, bei dem das Berliner Büro sein Konzept des seriellen Bauens weiterverfolgt und dabei in einen wesentlich größeren Maßstab skaliert hat.

Das Projekt mit rund 12.700 Quadratmetern Bruttogrundfläche steht in der Lion-Feuchtwanger-Straße im Berliner Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf. Es ist eine Nachverdichtung inmitten der Großwohnsiedlung Kaulsdorf-Nord am östlichen Rand der Hauptstadt. Zusammengesetzt wurde der auf einem 1,25-Meter-Raster basierende Skelettbau aus circa 1.900 Betonfertigteilen, die zerstörungsarm getrennt und wiederverwendet werden können. 

Die Raumbildung erfolgte im Trockenbau, wodurch eine große räumliche Flexibilität gewonnen wurde. Mehr als 30 unterschiedliche und zukünftig anpassbare Wohnungsgrundrisse finden sich in dem Komplex. Insgesamt entstanden 124 Wohneinheiten, allesamt durchgesteckt, deren Größe vom kleinen Studio mit etwas über 40 Quadratmetern bis zur Maisonette mit knapp 100 Quadratmetern reicht.

Doch nicht nur die radikal reduzierte Konstruktionsweise des Projekts hat experimentellen Charakter. Auch städtebauliche Setzung und räumliche Organisation sind mit Blick auf den Standort unkonventionell. Zum einen in dem Versuch, in einer sehr peripheren Gegend mit Zeilenbauten innerstädtische Dichte zu reproduzieren. Zum anderen, was den programmatischen Fokus des Projekts auf gemeinschaftliches Zusammenwohnen betrifft, wie man es eher aus dem Kontext Baugruppen oder junge Genossenschaften kennt.

FAR planten auf dem knapp 3.300 Quadratmeter großen Grundstück zwei parallel angeordnete, sechsgeschossige Gebäuderiegel, die sich einen Sockel teilen. Wie Büropartner Marc Frohn bei einer Besichtigung des Baus Ende Mai erklärte, entspricht der Abstand der beiden Riegel zueinander der Breite einer Berliner Straße aus der Gründerzeit. Der von den Baukörpern gerahmte, längliche Hof sei als indirekte Fortführung der Grünachse gedacht, auf der das Projekt gebaut wurde.

Der Sockel beherbergt eine Mobilitätsebene mit Fahrrad- und PKW-Stellplätzen. Kreisrunde Öffnungen, durch die Bäume nach oben wachsen, lassen Licht eindringen. Offen geführte Treppen führen direkt auf das darüberliegende Plateau. Dieses soll als Freizeit-, Spiel- und Begegnungsort zum kommunikativen Herz der Anlage werden. Das kräftige Rot von Bodenbelag und Möblierung unterstreicht die Intention. Die Freiflächen gestalteten Topotek 1 (Berlin).

Alle Wohnungen öffnen sich mit raumhohen Glasfassaden und vorgelagerten Laubengängen zum Hof. Logenartige Ausweitungen der Laubengangzone vor jeder Wohneinheit dienen als Freisitze für die Bewohner*innen. Daraus ergibt sich eine synchrone, sehr skulptural wirkende Wellenbewegung. Filigrane Edelstahlgewebe dienen als Absturzsicherung und können perspektivisch zur Rankhilfe für Pflanzen werden. 

Während im Inneren der Wohnanlage stark auf Begegnung und Sichtbezüge gesetzt wird, zeigt sie zur Nachbarschaft ein eher unspektakuläres, privateres Gesicht. Die Außenfassaden sind charakterisiert durch ein Raster aus raumhohen Schiebefenstern mit französischen Balkonen und geschlossenen Aluminiumfeldern. 

Die Bauherrschaft für den Wohnungsbau lag beim Immobilienentwickler Euroboden. Es war eines der wenigen Projekte, die nach der Insolvenz von Euroboden im Jahr 2023 noch zu Ende gebracht wurden. Aktuell werden die Einheiten über einschlägige Immobilienportale für circa 22 Euro pro Quadratmeter zur Miete angeboten. (da)

Fotos: David Hiepler, FAR frohn&rojas


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