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02.07.2025

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Buchtipp: Wohnträume

Visiting. Inken Baller & Hinrich Baller, Berlin 1966-89


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Spitz auskragende Balkonscheiben, expressive Rundungen und Erker, schiefe Stützen, ornamentale Metallgeländer, riesige Fensterfronten – die exzentrischen Häuser, die Inken Baller und Hinrich Baller in den 1970er und 80er Jahren im damaligen West-Berlin realisierten, wirken ein bisschen wie Ausdruckstanz mit den Mitteln der Architektur. Ihre verspielte äußere Erscheinung lotet ästhetische Grenzen aus, die Meinungen dazu gehen auseinander. Von Kitsch bis visionär ist alles dabei. Wer jedoch einmal einen Baller-Bau von innen gesehen hat, kann schon ins Träumen geraten.

Eine Ausstellung im DAZ mit dem Titel „Visiting Inken Baller und Hinrich Baller“ bot 2022 die seltene Gelegenheit, fotografisch in einige dieser Wohnungen hineinzuschauen, von denen ein großer Teil als öffentlich geförderter Wohnungsbau entstand. Kaum zu glauben, angesichts der üblichen Regulierungen und Standards in diesem Bereich. Der auch damals schon geforderten Effizienz begegneten die Ballers auf ganz eigene Weise mit ungewöhnlich offenen Grundrissen. Die im DAZ präsentierten Fotos zeigten lichtdurchflutete Raumlandschaften mit ineinandergreifenden Ebenen, dschungelartig bewachsenen Terrassen und Balkone, die an hängende Gärten erinnern. Wo welche Nutzung stattfindet, ist bis auf Küchenzeile und Bad nicht vorgegeben, sondern der Fantasie der Bewohner*innen überlassen.

Begleitend zur Ausstellung gaben deren Kurator*innen – das Berliner Raumforschungskollektiv urban fragment observatory – ein reich bebildertes Buch unter gleichem Titel heraus. Es war schnell vergriffen. Nun ist beim Zürcher Verlag Park Books eine korrigierte Neuausgabe erhältlich. Neben vielen Fotos und Planmaterial beinhaltet der Band Gespräche mit Inken und Hinrich Baller sowie mit Menschen, die in ihren Bauten wohnen und arbeiten. Stadt- und Regionalplaner Christian Kloss setzt sich in einem Text mit Spielräumen des sozialen Wohnungsbaus auseinander. Die Architekturhistorikerin Turit Fröbe wiederum schreibt zur Rolle der IBA’87, in deren Kontext etliche der Häuser entstanden. Kurze Impulstexte von urban fragment observatory, eine Werkliste und ein Literaturverzeichnis runden das Ganze ab.

Inken und Hinrich Baller – die 2023 den großen BDA-Preis für ihr gemeinsames Werk erhielten – traten mit dem Anspruch auf, Architektur für die zu entwerfen, die darin leben. Die für Buch und Ausstellung Befragten bestätigen, dass dieser architektonische Anspruch sehr oft erfüllt wurde. Ihre Wohnung mache gute Laune, erklärt eine Bewohnerin. Alles fließe wie im Feng Shui, sagt eine andere. Ein Ingenieur, der an der Sanierung eines der Häuser mitgewirkt hat, benennt demgegenüber mit hochbaulichen und technischen Problemen auch Schattenseiten der Gebäude – beispielsweise Wassereintritt, mangelhafte Dämmung und kostspielige Instandsetzungen. Trotzdem hat auch er sich eine Wohnung in einem Baller-Bau besorgt.

Wie gut die mehrdeutigen, durchlässigen Räume und das sensible Einweben von Schwellen zwischen innen und außen sowie oben und unten funktionieren, wird in der großen Fotostrecke des Buches sehr anschaulich. Neben der überfälligen Werkübersicht regt es zum Nachdenken an, was gutes Wohnen eigentlich ausmacht und wie es trotz bürokratischer Vorgaben und enger Kostenrahmen ermöglicht werden könnte. „Auch wenn sich die heutigen von den früheren Restriktionen unterscheiden, die Bauwerke von Inken und Hinrich Baller bieten einen Fundus an Lösungen und Entwurfsansätzen für komplexe Herausforderungen im sozialen Wohnungsbau“, resümiert jedenfalls Kloss in seinem Buchbeitrag.

Text: Diana Artus

Visiting. Inken Baller & Hinrich Baller, Berlin 1966–89
urban fragment observatory (Hg.)
Deutsch/Englisch
544 Seiten
Park Books, Zürich 2025
ISBN 978-3-03860-427-3
48 Euro

Das Buch ist auch in Englisch mit der ISBN 978-3-03860-428-0 erschienen.


Zum Thema:

Die IBA’87 und deren Umgang mit öffentlichen Grünräumen haben wir uns in BauNetz WOCHE #652 genauer angesehen.


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

5

auch ein | 03.07.2025 14:29 Uhr

architekt

@4:
ich versuch ihren hinweis AUCH immer anzunehmen, jedoch machts einem der arc-typ wirklich schwer! ;-)

4

ulknudel | 03.07.2025 11:46 Uhr

@Architekt

Es scheint mir als könnten Sie auch etwas mehr puren Spass am Leben vertragen *zwinker*

3

Architekt | 02.07.2025 23:05 Uhr

Arcsylers Komentar

So langsam gehst Du mir mächtig auf den Keks mit deinen wannabe-phylosofischen Kommentaren!
Das Werk der Ballers- vor allem das von ihm, Hinrich, ist einfach nur zu beachten- und gern auch zu bewundern!
Und seine Skizzen sind einfach großartig! Der Mann konnte halt noch zeichnen und hatte ein räumliches Vorstellungsvermögen!
Der Mann ist durch und durch Architekt! Im Sinne der Nutzer / Bewohner!

Ich habe das Vergnügen gehabt, mal kurz für ein paar Tage in diesem grandiosen Wohnbau am Fränkelufer zu leben (Bild 3- genau so sah es 2008 aus)....

Melancholie? Was willst du da erzählen? Es ist der pure Spaß am Leben in diesen Wohnorten!!!!

Aber Hauptsache was mega-intelligentes rausschwafeln, was kaum jemand versteht- UND vor allem auch nicht wissen will!!!

2

Anne | 02.07.2025 16:35 Uhr

Korrekturen

Super Buch und eine umfangreiche Veröffentlichung zum Werk der Ballers war gewissermaßen längst überfällig. Ich habe ein Exemplar aus der Erstauflage. Wäre es möglich, die Korrekturen daran herauszustellen - sind sie inhaltlicher Natur oder lediglich zur Behebung von (Rechtschreib-)Fehlern in Text? Durch den Verlagwechsel evtl. schwierig? Vermutlich muss man sich hierzu an die Autor*innen bzw. den neuen Verlag wenden...

1

Arcseyler | 02.07.2025 16:18 Uhr

.de

Der Versuch das Leben floral zu rahmen hat was melancholisches. Wie die endlos gereihten Fenster in Hannover weiter oben etwas pessimistisches haben. Daher haben beide etwas prä- oder postmodernes eines manirierten Übergangsstils. Etwas vergängliches.

 
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Philosophisches Institut der Freien Universität Berlin. Lehrstuhlbüro mit doppelter Raumhöhe.

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Wohnhäuser Fraenkelufer 26, 38 und 44. Pflanzen und auskragende Balkone sorgen im Sommer für eine zusätzliche Verschattung der Fassade.

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Wohnhäuser Fraenkelufer 26, 38 und 44. Die ineinander übergehenden Raumfolgen lassen eine funktionale Offenheit zu.

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Wohnhäuser Fraenkelufer 26, 38 und 44. Der Innenhof ist zu einem Biotop in der Stadt geworden.

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