Bereits vor drei Jahren hatten sich AMAA (Venedig) im norditalienischen Arzignano in der Provinz Vicenza der Umnutzung eines industriellen Bestands gewidmet. In der alten Fabrikhalle befindet sich nun der zweite Sitz ihres Büros. 2022 konnten sie nur ein paar Straßenzüge entfernt ein ganz ähnliches Projekt fertigstellen. Dieses Mal entstand in einer ehemaligen Druckerei eine Galerie für zeitgenössische Kunst namens Atipografia. Sie ging 2021 aus einem 2014 gegründeten Kunstverein gleichen Namens hervor, der bereits vor dem Umbau die Räume nutzte.
Mit ihrem Projekttitel Schwelle und Schatz beziehen sich AMAA, die auch im akademischen Kontext beheimatet sind und an der diesjährigen Architekturbiennale in Venedig teilnehmen werden, laut eigenen Angaben auf eine philosophische Dimension der Begriffe. Sie wollen damit die Rolle von Architektur und spezieller von Galerien als Ausstellungsorte, also Schwellen zur Kunst, also zu Schätzen, hinterfragen. Das Entwurfskonzept ähnelt dem früheren Umbauprojekt: Die vorhandene Bausubstanz wurde mit simplen Interventionen verändert, die Materialien verweisen auf den industriellen Kontext, Oberflächen sind roh belassen.
Der zum größten Teil vom Ende des 19. Jahrhunderts datierende Bestand, der im 20. Jahrhundert durch Betonvolumen erweitert wurde, erstreckt sich über eine Gesamtfläche von 990 Quadratmetern und erfuhr nun eine vollständige Sanierung. Im Eingangsbereich fügten die Architekt*innen einen neuen, leicht konkaven Baukörper aus Beton mit metallenem Schiebetor hinzu, der an einen riesigen Tresor denken lässt – ein klarer Verweis auf ihre Konzeptidee von Schwelle und Schatz. Wie AMAA in ihrem Projekttext ausführen, verstehen sie dieses Erschließungsvolumen zugleich als Skulptur, was eine große, halbrunde Öffnung noch unterstreichen soll.
Der Bestand auf dem Grundstück unterteilt sich in eine zweigeschossige Stadtvilla, die temporäre Künstlerresidenzen beherbergt, und eine ebenfalls zweigeschossige Halle, die nun die Galerieräume von Atipografia aufnimmt. Im Erdgeschoss befindet sich der Hauptausstellungsraum mit alter Holzbalkendecke, in den im hinteren Bereich ein weiteres kleines Betonvolumen eingestellt wurde, das die Toiletten beherbergt. Die zu einem kleinen Innenhof liegende Frontwand des Ausstellungsraums wurde komplett geöffnet und um einen verandaartigen, glasgehüllten Vorbau ergänzt.
Zwischen Halle und Villa befindet sich ein bei einer früheren Erweiterung hinzugefügter, eingeschossiger Verbindungsbau aus Beton, auf dem ein Dachgarten angelegt wurde. Dieser kann über eine Außentreppe erreicht werden und erschließt so auch das Obergeschoss der Halle: Durch eine weitere Schiebetür aus Stahl wird ein großzügiger Büro- und Studioraum erreicht, der sich ebenfalls mit einer Fensterfront großzügig in Richtung Hof öffnet. (da)
Fotos: Simone Bossi
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