In den vergangenen Jahren fiel das italienische Büro Labics (Rom) wiederholt durch den gewagten Umgang mit dem baulichen Bestand auf. Ein Beispiel dafür ist das Nachverdichtungsprojekt Città del Sole, das sich lissitzkygleich über einem ehemaligen Busdepot im römischen Stadtteil Tiburtina erhebt. Ein weiteres ist der Umbau einer früheren Mailänder Parkgarage, die heute einer Kindertagesstätte sowie einem Hallenbad Platz bietet. Demgegenüber mutet das jüngst abgeschlossene Projekt, der Palalzzo dei Diamanti im norditalienischen Ferrara, weitaus zurückhaltender an.
Während die Präsenz des spätmittelalterlichen Castello Este im Herzen der Stadt den enormen Ausmaßen zu verdanken ist, fällt der Palazzo dei Diamanti vor allem durch seine namensgebende Fassadengestaltung auf. Achteinhalbtausend konvex ausgeformte Marmorelemente besetzen die Außenwände des Prachtbaus, der im ausgehenden 15. Jahrhundert durch Biagio Rossetti geplant wurde. In der Form geschliffener Edelsteine spielen sie auf das Wappen der einstigen Herrscherfamilie an.
Mit dem südlich angrenzenden Bau zusammengeschlossen, befindet sich der Palazzo heute im Eigentum der Stadt und beherbergt Ausstellungsräume. Dabei ist das Obergeschoss der Pinacoteca Nazionale di Ferrara vorbehalten. In den ebenerdigen Räumen, die Gegenstand der Umbauarbeiten waren, befanden sich zuvor verschiedene Institutionen. Seit der Umgestaltung werden sie ausschließlich durch die Fondazione Ferrara Arte genutzt.
2017 hatte die Kommune Ferrara einen zweistufigen Wettbewerb zur Umgestaltung des Erdgeschosses ausgeschrieben. Zu Beginn des nachfolgenden Jahres erhielten Labics den Zuschlag. Drei Jahre später wurden die Arbeiten im östlichen Flügel, der sich zum Garten öffnet, abgeschlossen. Zugleich erfolgte die Umgestaltung des nördlichen Traktes, der den sogenannten Corte Principale gegen die dahinter verlaufende Straße abschirmt. In diesen Bereichen erlaubte der Einbau einer zusätzlichen Wandschale die Installation zeitgemäßer Gebäudetechnik. Für den Ausstellungsbetrieb unabdingbar, konnte sie somit ohne gravierende Eingriffe in die Bausubstanz integriert werden.
Weitere Interventionen galten den Räumen, die hinter der Hauptfassade des südlichen Bauteils liegen. Auf den Flächen, die zuvor durch das Museo del Risorgimento e della Resistenza genutzt wurden, entstanden Servicebereiche. Nebst einem Café und dem unverzichtbaren Shop wurden Räume für die Museumspädagogik geschaffen.
Im Zuge einer Überarbeitung der Wegeführung sind nicht allein frühere Verbindungen wiederhergestellt worden. Den sichtbarsten Eingriff stellt ein neuer Verbindungsgang dar, der die Ausstellungsräume zu einem Rundgang zusammenschließt. Nicht unähnlich dem Trakt, den Andrea Bolzoni dem Palazzo in einem Druck aus dem ausgehenden 18. Jahrhundert beigegeben hatte, ergänzt der Gang den nördlichen Gebäudeteil um einen vierten Flügel. Losgelöst von der bestehenden Gartenmauer, entsteht auf diese Weise ein zweiter Hof.
Ohne Verglasung findet sich der Gang als Pergola längs des südlichen Traktes weitergeführt. Im rechten Winkel zur Hauptrichtung stößt ein Teil der Struktur in den Garten vor, der nach einem Entwurf des Landschaftsarchitekten Stefano Olivari (Turin) gestaltet wurde. Seit Beendigung des Umbaus stehen 790 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung, zugleich sind Gangbereiche im Umfang von gut 240 Quadratmetern entstanden. Die Kosten für den Umbau beliefen sich auf rund 5,9 Millionen Euro. (ree)
Fotos: Marco Cappelletti
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