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31.07.2025

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Stufen und Steine fürs Museum

Umbau in Winterthur von Heike Hanada und Ayse Erkmen


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Das „Museum Oskar Reinhart“ gibt es nicht mehr. Denn seit 2017 ist die Museenlandschaft in Winterthur umstrukturiert worden, und so sind drei Museen unter der Dachmarke „Kunst Museum Winterthur“ zusammengefasst worden: das Museum Oskar Reinhart, das Kunstmuseum Winterthur und die Villa Flora. Aufgrund seiner zentralen Lage und Bahnhofsnähe eignet sich das Reinhart am Stadtgarten, wie das Museum nun heißt, als Auftakt für den Rundgang durch alle drei Häuser. 

Dafür musste es gründlich saniert werden. Denn das Museum nutzt einen wuchtigen Neorennaissance-Bau aus dem Jahr 1842, der 1995 letztmals modernisiert wurde. Zudem musste das Erdgeschoss überarbeitet werden: Als zentrale Anlaufstelle muss es nicht nur mehr Funktionen aufnehmen, sondern auch zugänglicher, attraktiver und durchlässiger werden – vor allem zur Rückseite hin, wo der Rundgang durch den idyllischen Stadtgarten zum zweiten Standort „Beim Stadthaus“ führt. 

Anstatt eines Architekturwettbewerbs lud die Stadt Winterthur 2020 zu einem „selektiven Studienauftrag für Kunst und Architektur“, um „den Eingangsbereich des Museums neu zu denken“. Aus 94 Bewerbungen waren sieben Teams eingeladen worden, die Arbeit „Steps and Stones“ der Berliner Künstlerin Ayşe Erkmen und der Berliner Architektin Heike Hanada gewann. Hanada setzte auch die Modernisierung der Infrastruktur und der Lichtanlage um, sowie Brandschutz- und Sicherheitsmaßnahmen. Das Haus ist nun komplett barrierefrei, zusätzliche Sammlungsräume wurden gewonnen. Im zweiten Obergeschoss konnten die alten Glaslichtdecken erhalten bleiben. Für die erste Etage wurde ein Lichtsystem entwickelt, das mit der Heizdecke aus den 1950er-Jahren funktioniert. 

Der prominenteste Eingriff aber sind die Steps and Stones aus dem Titel der Arbeit: Vor beide Eingänge wurden zwei Treppenanlagen aus Ortbeton über die vorhandenen Stufen gegossen, die unterschiedlich auf die zwei verschiedenen Eingangssituationen reagieren, aber in ihrer hellgrauen Materialität eine verbindende Klammer schaffen. Dadurch öffnet sich das Erdgeschoss jetzt nach zwei Seiten und wird zur Passage. Die vorhandenen Türöffnungen und Durchgänge im Foyer wurden vergrößert, um den Räumen ihre „Gedrücktheit“ (Hanada) zu nehmen. „Der Raum dehnt sich aus“, sagt Hanada. „Er befreit sich.“

Im Foyer überlagern drei blockhafte Betonobjekte von Hanada die bestehenden Stufen wie Einbaumöbel. Jeder Block kann Treppe, Tisch, Sitz, Ablage und Bank sein, und ist gleichzeitig durch die einheitliche Materialität Teil der hinzugefügten Zeitschicht. Dabei sind im Ortbeton keine Fugen erkennbar. Umso auffälliger ist die große Fuge zwischen Beton und Bestand, die die Schichten deutlich voneinander trennt. 

Da ist ein bisschen Scarpa mit drin, und ein bisschen Schattner. Aber von Beiden nicht zu viel, denn bevor es retroselig wird, kommen die „fast prunkvoll anmutenden Lichtobjekte“ des belgischen Künstlers Koenraad Dedobbeleer dazu, die „einen bewussten Kontrapunkt zur ansonsten gradlinigen Horizontalität des Raumes“ setzen, sagt Hanada.

Diese Leuchten verweisen, so der Projekttext, einerseits auf Licht als Grundlage der Kunstwahrnehmung und erinnern gleichzeitig an Straßenlaternen, um die Unterscheidung von Stadt- und Innenraum weiter zu verwischen. Mit den spielerischen Elementen wird außerdem die Monumentalität des streng achsensymmetrischen Gebäudes vergnügt aufgebrochen. Am 1. März 2025 wurde das Museum wiedereröffnet. (fh)

Fotos: Georg Aerni, Andrew Alberts, Reto Kaufmann 


Video:


Video zur Wiedereröffnung von arttv.ch

Zum Thema:

Ausstellung zur Wiedereröffnung: „Einleuchten. Interventionen von Koenraad Dedobbeleer“, noch bis 7. September 2025 
www.kmw.ch


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

5

Baudichtungslaie | 04.08.2025 13:21 Uhr

Von ab- und ausschließend Erschlossenem


Am Haupteingang füllt man den Zugang
in der Achse mit Beton?
Auf dass erschließe sich das Haus
am Portikus, ohne Pardon
nun von den Seiten nur noch her,
was „Symmetrie vergnügt aufbricht“?
Da die Treppenanlage
nach rechts und links dadurch „besticht“,
dass sie gezwungen ungleich
sich Besuchenden legt in den Weg,
der noch dazu Barrieretauglichen
nur gibt das Privileg,
ihn überhaupt zu nutzen,
was nicht wenig irritiert,
hätte man sich doch gewünscht,
dass die Gelegenheit gebiert,
bei so viel Aufwand doch zumindest
ALLEN Nutzern Besserung!?
So bleibt mir nur Ausdruck zu geben
einiger Verwunderung,
dass Solches heute immer noch
und wieder wird Realität...

Ich finde, für Beton-Recycling
ist es hier noch nicht zu spät!

4

auch ein | 04.08.2025 09:15 Uhr

architekt

wer kommt auf die idee, "künstler" für eine sanierung zu beauftragen. die dann klötze reinstellen wo man sitzen oder zeugs ablegen kann (und wird) und die man da nie wieder wegbekommt...
treppen "übergiessen" ....jesses was ein krampf.

sieht ja alles nett aus aber ich habe vor augen die preisgerichtssitzung.....und danach das verkopfte "wie bekommen wir das ding jetzt noch umgebaut..."

und: die leuchten sind mir dann zuviel der "kunst", kunsthandwerk vom antikmarkt in der winterthurer altstadt, das passt sehr zu belgischer architektur....

3

winter | 03.08.2025 18:25 Uhr

"ins 21. jahrhundert gebeamt", ernsthaft?

die leuchten sind ja ganz witzig, aber der rest? kraftlos irgendwie, umständlich, kein wirklicher gewinn für die besuchenden. schade um den aufwand, viel hat man nicht erreicht. vielleicht ist wenigstens die haustechnik wieder auf einem guten stand jetzt.

2

Maxie | 31.07.2025 20:35 Uhr

Eingang


Der Anblick der Fassade, Proportion und die Erschließung hat sich nicht verbessert.

Auf der Straßenseite brauchte es keine neuen Treppenstufen, die wieder nicht barrierefrei sind.

Es ist als habe jemand seine Duftmarke hinterlassen wollen.

Der barrierefreie Zugang wurde an einem anderen Ort versteckt, die Foyerlandschaft ist nur für mobile Besucher von vorne zugänglich.

Wozu brauchte es das?

Gestern gab es einen Artikel bei dezeen, der sich mit Sprache und Architekruwirklichkeit auseinandersetzt. Anstelle von wheelchairdesign für eine unterprivilegierte Gruppe an universaldesign - für alle - denken.

Das beinhaltet, dass man keine verkrüppelte Architekturnotlösungen anbietet.

Heute sehe ich den Umbau und denke, ja, daran hakt es.

1

Jan | 31.07.2025 16:57 Uhr

Erschließung und Monumentalität

Den Besucher nicht mehr frontal den Eingangspavillion betreten zu lassen, sondern seitlich, halte ich für eine fragwürdige Entscheidung.
Nicht nur verliert das Museum seine Monumentalität und Würde, paradoxerweise bietet es so einem die Stirn und wirkt unzugänglicher.
Es entsteht eine Ambivalenz, die nicht interessent und spannungsreich, sondern ungelenk und unentschieden ist.
Mit diesem Eingriff hat das Bauwerk an Kraft verloren, was für einen Museumsbau sehr schade ist.

 
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Eingang Stadtseite

Eingang Stadtseite

Detail am Portal zur Straßenseite

Detail am Portal zur Straßenseite

Foyerlandschaft, noch ohne die Leuchten von Koenraad Dedobbeleer

Foyerlandschaft, noch ohne die Leuchten von Koenraad Dedobbeleer

Detail am Portal zur Straßenseite

Detail am Portal zur Straßenseite

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