Das 1904 für den schottischen Verleger Walter Blackie und seine Familie errichtete Hill House im westlich von Glasgow gelegenen Helensburg ist eines der bedeutendsten schottischen Denkmäler und gilt als das Meisterwerk des Architekten Charles Rennie Mackintosh. Anstelle der damals üblichen dekorativen Gestaltung im viktorianischen oder edwardinischen Stil entwarf er das Gebäude mit einer glatt verputzten, einheitlichen Fassade auf Basis von Portlandzement. Der damals neue und von Mackintosh noch experimentell eingesetzte Baustoff gilt als der Wegbereiter für die massenhafte Verwendung von Beton in der Moderne.
Regen und Wind haben die Wände des in Küstennähe liegenden Bauwerks jedoch brüchig werden lassen. Das Hill House leidet seit Jahren unter starkem Feuchtigkeitseinritt, der mittlerweile auch die Struktur des Gebäudes gefährdet. Es muss dringend saniert werden, auch um sein bedeutendes, von Mackintosh selbst entworfenes Interieur zu erhalten. Der National Trust for Scotland, heutiger Eigentümer des Bauwerks, rief daher ein über zehn Jahre angelegtes Sanierungsprogramm auf den Plan und beauftragte das Büro Carmody Groarke (London) damit, eine temporäre Schutzhülle für das Haus zu konstruieren, um es vor weiteren Schäden zu bewahren und unter kontrollierten Bedingungen zu trocknen. Dabei sollte gewährleistet sein, dass das Hill House nicht jahrelang in einem Sarkophag verschwindet, sondern weiterhin in der Landschaft sichtbar bleibt. Auch sollte der Besucherbetrieb während der Sanierungsarbeiten aufrechterhalten werden können.
Carmody Groarke realisierten eine überdachte Stahlträgerkonstruktion, die mit einem nahezu transparenten und wie ein textiler Stoff wirkenden Stahlgeflecht umspannt ist. Der Clou an dieser Hülle: Ein Steg- und Brückensystem, das bis hoch unter die Hallendecke führt, erlaubt den Besuchern spektakuläre Ausblicke auf das Gebäude und bietet zudem die Möglichkeit, den Restauratoren bei der Verrichtung ihrer Arbeit zuzusehen, ohne zu stören. Teil der temporären Umbauung ist auch ein kleines Besucherzentrum.
Mit dieser radikalen und verspielten Konstruktion ist Carmody Groarke eine temporäre Architektur von geradezu skulpturaler Qualität gelungen, die dem ohnehin gut besuchten Hill House noch mehr Popularität bescheren dürfte. Das kann nicht schaden, denn um dem hohen Status des Hill House in der Kategorie A auf der schottischen Denkmalliste gerecht zu werden, müssen zunächst einmal geeignete konservatorische Lösungen gefunden und nicht zuletzt auch die dafür benötigten rund vier Millionen Pfund akquiriert werden. (tl)
Fotos: Johan Dehlin
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peter | 02.07.2019 18:20 Uhrecht jetzt?
das erinnert eher an tschernobyls "new safe confinement" (dort versteht man, warum man so etwas braucht) und scheint für außenstehende nicht unbedingt angemessen, zumal das haus auf den fotos nicht wirklich schlimm aussieht.
es wirkt eher so, als hätte man die komplette gebäudehülle des landhauses inkl. kellerabdichtung für die kosten des schutzdaches sanieren können.