Wohin nur mit der Kunst? Angesichts drastischer Förderungskürzungen – aktuell beispielsweise in Berlin– bekommt der wortwörtliche Rückzug von Kulturinstitutionen in den Untergrund fast schon Symbolcharakter. In Frankfurt am Main, wo innerstädtischer Baugrund rar und das Bauen bis in höchste Höhen größtenteils den Banken vorbehalten ist, haben unterirdische Ausstellungsräume allerdings durchaus eine gewisse Tradition.
Da wären natürlich allen voran die Gartenhallen des Städel Museum zu nennen. Aber auch das ehemalige Kindermuseum und heutige MOMEM an der Hauptwache folgt diesem Prinzip. Nun hat das ortsansässige Büro Schmidt Plöcker Architekten die Stadt um einen weiteren Kunst- und Begegnungsort ergänzt, der – rein räumlich gesehen – im Erdboden versinkt. Es handelt sich um den Open Space des Crespo-Hauses, dem Sitz einer Stiftung, die von Fotografin, Psychotherapeutin und Philantropin Ulrike Crespo gegründet worden war.
Entstanden ist der Open Space im Zuge der Revitalisierung eines nachkriegsmodernen Geschäftshauses. Die Crespo Foundation hatte das denkmalgeschützte Gebäude, erbaut nach Plänen des für den Römerberg prägenden Architekten Ferdinand Wagner, im Erbbaurecht von der Stadt Frankfurt erworben. Ein erster, durch Schmidt Plöcker schließlich weiterentwickelter Entwurf für Umbau und Erweiterung kam von r | m | w atelier. Als Generalunternehmer wirkte Lang & Cie. Real Estate, als Restaurator Thorsten Moser (Sulzbach).
Die beiden Bauteile aus den Jahren 1953 und 1955 wurden für die neue Nutzung als Stiftungssitz barrierefrei umstrukturiert und zusammengeführt. Hier finden sich nun neben den Verwaltungsräumen auch Ateliers und Werkstätten für die Stiftungsprojekte. Das rückwärtig gelegene Parkhaus wurde abgerissen, die Fassadenornamente und Treppenhäuser behutsam restauriert und ein historisches Wandbild in die Neuplanungen integriert. Letzteres stammt von Hans Wagner, Bildhauer und Bruder des Architekten.
Neu ist der Ausstellungs- und Veranstaltungsbereich in Erd- und Untergeschoss. Über ein verglastes Innenhofdach gelangt Tageslicht bis in die Tiefe. Ein geschwungenes Flugdach, das einem angehobenen Blatt Papier gleicht, erlaubt Einblicke vom Gehweg aus. Skulptural und auffällig modern ist es das einzige oberirdisch sichtbare Signal dafür, dass darunter Lesungen, Vorträge, Konzerte und Ausstellungen stattfinden. Die Szenografie gestalteten STUDIO MC aus Darmstadt. In die Tiefe gelangt man unter anderem über eine Außentreppe, die vor dem benachbarten Karmeliterkloster beginnt. Das ist Sitz des Instituts für Stadtgeschichte und des Archäologischen Museums, so dass sich hier ein kleiner nichtkommerzieller Campus gebildet hat.
Gesichert ist der neue Kulturort allerdings lediglich für die nächsten 25 Jahre, denn als Verbrauchsstiftung ist der Crespo Foundation von Beginn an ein Laufzeitende eingeschrieben. Danach fällt das für 8,5 Millionen Euro restaurierte und umgebaute Ensemble zurück an die Stadt, die – zumindest Stand jetzt– ebenfalls eine kulturelle Nutzung vorsieht. Bleibt zu hoffen, dass der politische Wille zur Förderung von Kunst und Kultur bis dahin weiter Bestand hat. (kms)
Fotos: Lars Gruber, Jochen Eberle
Zum Thema:
crespo-foundation.de
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mages | 04.02.2025 09:53 UhrSTROMSCHIENE
Ein interessantes Beispiel für »Außen hui, innen pfui«, wenn ich das mal so ausdrücken darf. Schade, dass man die interessante Dachform durch plumpe Installationen im Innern kaum erlebbar macht.