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06.08.2025

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Genossenschaftlich und wiederverwendet

Pascal Flammer Architekten in Winterthur


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Nachdem die Zürcher Baugenossenschaft mehr als wohnen mit dem Hunziker Areal vor gut zehn Jahren eine Art Mustersiedlung realisierte, folgt nun ihr zweites Projekt. Kleiner, weniger bekannt, aber ebenso wegweisend. In Oberwinterthur, auf dem Gelände der ehemaligen Kälin & Co. AG, wurde das sogenannte Hobelwerk-Areal über die letzten Jahre hinweg in ein genossenschaftliches Wohnquartier transformiert. Fünf Neubauten von verschiedenen Büros sowie zwei umgenutzte Bestandsbauten bilden den neuen Rahmen für rund 400 Menschen. 

Am nördlichen Rand des Areals, hinter der alten Hobelwerkhalle, steht Haus D, ein reduzierter Neubau von Pascal Flammer Architekten (Zürich). Das Projekt wurde jüngst mit dem Balthasar Neumann Preis 2025 ausgezeichnet, die Jury würdigte besonders den Einsatz gebrauchter Bauteile im größeren Maßstab.

Der Baukörper, ein länglicher Viergeschosser, steht quer in der Fläche, gerahmt im Südwesten von der flacheren Bestandsindustriehalle, im Nordosten von einem achtgeschossigen Neubau von Ramser Schmid Architekten. Das Erdgeschoss ist durchlässig organisiert, mit 3,60 Meter hohen Wohnateliers für Kleingewerbetreibende. Die weniger privaten Funktionen – Erschließung, Ateliers, Werkbereiche, Gewerbezonen – orientieren sich zur einsehbaren Südwestseite, während die eigentlichen Wohnräume an der Nordostseite liegen, jeweils mit einem kleinen Gartenstreifen vor der Tür. Auf der Westseite teilen sich vier Wohnungen eine große Werkstatt. Im östlichen Gebäudebereich sind ebenfalls vier durchgesteckte Einheiten untergebracht.

In den drei Obergeschossen findet sich eine fein durchdachte Clusterstruktur: Je Etage zwei Wohnungen, bei Bedarf zusammenschaltbar, plus eine kleine Gästewohnung mit eigenem Bad – erschlossen über eine skulpturale, außenliegende Wendeltreppe aus Beton. Im Inneren setzt sich die Durchmischung fort: drei bis vier Einheiten pro Cluster, jeweils mit eigenem Bad und ein bis drei Zimmern, abgetrennt durch eine lange Wandscheibe mit Küchenzeile vom großzügigen Gemeinschaftsraum. Einzig eine zweite, schmalere Wandscheibe gliedert diesen offenen Bereich. Die südöstlichen Clusterwohnungen öffnen sich zu teils geschwungenen Balkonen, die dem Volumen eine plastische Note verleihen. Die nordwestlichen Wohnungen verfügen über je eine Loggia und einen kleinen Balkon. 

Dass hier mit Re-Use-Bauteilen gearbeitet wurde, merkt man nicht auf den ersten Blick. Gemeinsam mit dem baubüro in situ (Zürich/Basel) dachte man von Beginn an die Wiederverwendung mit: Fenster, Türen, Wellblech, Keramikplatten – etwa aus ehemaligen Bankgebäuden oder Gefängnissen stammend – wurden eingebaut. Die Auflage dabei war, dass ihre Kosten jene eines vergleichbaren neuen Bauteils nicht übersteigen dürfen. So entstand eine Art pragmatische Heterogenität, die durch einen feinen Kniff zusammengehalten wird: Alle Komponenten wurden mit einer dünnen Schicht weißer Farbe gefasst – ohne sie zu verstecken.

Auch konstruktiv bleibt das Haus bei sich: kein Untergeschoss, minimaler Betonanteil (nur im Erschließungskern), dafür Massivholzdecken und vorgefertigte Holz-Wandmodule. Die Fassade variiert zwischen klassischer Holzschalung und recyceltem Blech – letzteres dort, wo Brandschutzanforderungen es verlangen. Die Netto-Baukosten lagen bei rund 7,3 Millionen Schweizer Franken (nach Baukostenplan BKP 1–9). 1.800 Quadratmeter Hauptnutzfläche ergeben einen Wohnflächenverbrauch von 30,1 Quadratmetern pro Kopf, was unter dem Schweizer Durchschnitt liegt. (gk)

Fotos: Peter Tillessen


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Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

5

auch ein | 26.08.2025 17:34 Uhr

Liebhaber der Architektur

Frag mich immer wieder wie zwei Drittel der Kommentatoren es schaffen sich, mit für Gestaltung und Raum verschlossenen Augen, diese Projekte azusehen und über die Harre an den Kleinigkeiten zu spalten.

Wunderbares Projekt, Architektur die Spaß macht. Und ich mag es definitiv wenn meine Arbeit und mein Leben (sollte ich darin wohnen) Spaß machen :-)

4

mma | 07.08.2025 16:37 Uhr

@2:

Verzeihung, aber doch, der Brandschutz in der Schweiz ist "einfacher" (im Sinne von planerisch und finanziell weniger aufwändig); alleine schon, weil im Normalfall kein zweiter Fluchtweg gefordert ist.

Brandschutz ist keine Physik (was soll dieses polemische in-einen-Topf-Werfen?), sondern Angstmanagement; und "german angst" hat auch hier ihren besonderen Preis. Die Brandschutz-Spirale in Deutschland ist deutlich überdreht. Wer das angesichts der aktuellen Baukostendiskussion ernsthaft bestreiten will, der ist nicht ganz im Bilde oder Teil der Industrie-Lobby. Habe gerade wieder eine Baustellen-Diskussion vor mir von der Kategorie "Sie haben ja Recht, aber die DIN/Verordnung/Zulassung sieht das so nicht vor". Baulaien vermittelbar ist das schon lange nicht mehr.

3

auch ein | 07.08.2025 13:00 Uhr

architekt

"Alle Komponenten wurden mit einer dünnen Schicht weißer Farbe gefasst, ohne sie zu verstecken."

Das ist ab sofort eine meiner Lieblingssätze wenn ich mal was übermale. früher floskelte man "wegstreichen" aber das ist klassen besser

2

auch ein | 07.08.2025 12:59 Uhr

architekt

@1:
nein der Brandschutz in der Schweiz ist NICHT einfacher.....
nein auch die BAUPHYSIK ist in der Schweiz Physik und die Vorschriften vergleichbar.
Und die Menschen fallen ähnlich wenig vom Dach wenn die Geländer gleich hoch sind wie in Deutschland.

ABer genau diese drei Themen sollte man nicht mithilfe von einigen Fotos bewerten...Wenn man selbst plant weiss man eigentlich das es in jedem Projekt Möglichkeiten, Varianten, Vermeudungsstrategien gibt...Sonst bräuchte es auch keine Brandschutzplaner

1

mma | 06.08.2025 17:19 Uhr

Brandschutz

Als deutscher Architekt schaut man ja oft sehnsuchtsvoll auf die einfacheren Brandschutzregelungen anderer Länder, aber die außen/außen-Brandschutztüren (nehme ich an, auch wenn es auf den Fotos nicht nach Brandschutzglas aussieht) dieses Projekts haben auch was wunderbar kapriziöses. Die Wohnungen im 1. OG haben sich dann wohl nachträglich noch einen (unterschiedlich tiefen, aber weißen) Überstiegschutz montiert; in Bild 7 gibt's den noch nicht.

Wäre interessant, das nach 10 Jahren nochmal zu sehen, ob das Weiß überall dauerhaft hält oder hier und da mal was abplatzt oder abgegriffen wird und Farbe durchkommt. Ja, es ist die Schweiz ... aber lustig fänd ich's, und hübsch.

 
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