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25.03.2024

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Spirituelle Reduktion in der Oberpfalz

Kirchenumbau von Brückner & Brückner


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Das am Westrand der Fränkischen Alb gelegene Neumarkt in der Oberpfalz bildet ein wirtschaftliches und kulturelles Zentrum der Region zwischen Nürnberg, Ingolstadt und Regensburg. In der überwiegend katholisch geprägten Stadt entstand Mitte des 19. Jahrhunderts eine erste evangelische Gemeinde in den Gebäuden eines 1803 säkularisierten Kapuzinerklosters aus dem 17. Jahrhundert. Heute bildet das Ensemble um die Christuskirche am Rand der Altstadt ein Zentrum des evangelisch-lutherischen Dekanats mit rund 8.000 Gemeindemitgliedern. Ab 2021 wurde der Sakralbau im Auftrag der Kirchengemeinde nach Plänen von Brückner & Brückner Architekten (Tirschenreuth/Würzburg) saniert, umgebaut und 2023 wieder eingeweiht. Das Büro realisierte in den vergangenen Jahren eine Reihe von Projekten mit kirchlichem Kontext, darunter einen Klosterumbau, eine Wegekapelle und die Sanierung des Diözesanmuseums in Freising.

Der zuletzt in den 1930er Jahren überformte Kirchenraum in Neumarkt trug die Spuren unterschiedlicher Nutzungen und wies nicht nur bauliche und technische, sondern auch liturgische und gestalterische Mängel auf. Neben der notwendigen Sanierung des Dachstuhls, der Gewölbe sowie der Umsetzung von Barrierefreiheit und moderner Haustechnik entwickelten die Architekt*innen ein Gesamtkonzept für einen atmosphärischen Sakralraum als Ort der Ruhe, des Rückzugs, der inneren Einkehr und Geborgenheit, einen spirituellen Raum für Gottesdienst und Musik.

Zunächst wurde eine veränderte Eingangssituation über eine neu gestaltete Seitenkapelle mit vorgelagertem Platz am Kirchgarten geschaffen, die – neben dem straßenseitigen Hauptportal – künftig einen weiteren Zugang zum Kirchenraum für Gottesdienst- und Konzertbesucher bildet. Der aus Chor und Langschiff bestehende Innenraum ist auf seine Konturen reduziert. Auf den weißen Wänden, Gewölben und hellen Böden bilden sich im Tagesablauf die unterschiedlichen Lichtstimmungen ab und lassen den Raum klar, abstrakt, entgrenzt wirken. Vom hinteren Kirchenraum aus führen zwei breite Wendeltreppen zur Orgelempore. Auf rund 400 Quadratmetern Nutzfläche gibt es 150 Sitzplätze, bei Bedarf können in Kirchschiff, Chor und auf der Empore 120 weitere Stühle und 80 Hocker für Musiker*innen flexibel ergänzt werden.

Die reduzierte Ausstattung beschränkt sich auf das Wesentliche: Ein schlicht gestalteter Altar aus brüniertem Stahl dient nicht nur Gebet und Abendmahl, sondern fungiert mit integriertem Lese- und Predigtpult zugleich als Kanzel. Das ebenerdige Taufbecken ist im Boden der Apsis eingelassen. Als einziger Schmuck markiert ein schwebendes Kreuz aus Bronzeguss den Schnittpunkt beider Kirchenachsen. (uav)

Fotos: Marie Luisa Jünger, Constantin Meyer


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Kommentare

9

mawa | 26.03.2024 17:56 Uhr

»Nichts mehr anzubieten«

Wenn man ein bisschen auf die Empirie schaut, dann weiß man, dass die Behauptung, die evangelische Kirche habe ihren Mitgliedern »nichts mehr anzubieten«, Unfug ist. Im Gegenteil liefern alle Befragungen konsistent das Ergebnis, dass die »metaphysischen« Bedürfnisse gedeckt werden. Die landläufige Vorstellung, die Kirche werde verlassen, weil sie nicht mehr christlich genug sei, ist falsch. Die Kirchen verlieren Mitglieder, weil die breite Bevölkerung großteils keine metaphysischen Bedürfnisse mehr hat, nicht, weil sie bestehende Bedürfnisse nicht decken könnte.

8

CBA | 26.03.2024 08:56 Uhr

kurze Zwischenfrage

zur Herstellung der Apsis: wie wurde der glatte Übergang zwischen Boden und Wänden geschaffen und wie funktioniert das (zwecks Bewegungen der Bauteile etc) ohne Risse?

Ein sehr schönes Projekt, nebenbei bemerkt, es schafft den Spagat übers New Age-ige ins 21. Jhd., stolpert aber, wie schon angemerkt, etwas über den Altar.

7

Ein Bild | 25.03.2024 23:26 Uhr

ist ein Bild

... irgendwie möchte man die schwarze Büroklammer aus dem Bild schieben. Dieser Pseudotisch passt nicht zum Konzept. Wobei der taufende Pastor fotogen ins Bild passt. ......
Es ist eine sprachlose Ästhetik, eine Smartphone- Ästhtetik. Triggert schon. Passt zum Übermaß der Emotion und dem Verlust der Logik. Eine Art moderner Barock. Ergo ganz und gar nicht spirituell, sondern etwas vordergründig bildhaft ....

6

claus | 25.03.2024 20:13 Uhr

lauernder Protestatismus?

Das einzige was hier lauert, ist die Eventifizierung einer Kirche, die den Menschen anderweitig nichts mehr anzubieten weis. Die Evangelische Kirche hatte in den letzten Jahren immer wieder Probleme damit, sich mit der Frage des Raumes auseinanderzusetzen und oszilierte hier immer wieder zwischen GK-Buden und Effekthascherei.

Sicher, der Raum von Brückner & Brückner ist irgendwie spannend. Stark bedient bei James Turrell klar, aber dadurch nicht weniger interessant. Die ganze Maßnahme, sich hier ins Nirvana zu warpen und damit den Anbau gänzlich zu entkernen, ist aber mindestens fragwürdig. Angemessenheit sieht aber anders aus. Auch negiert der gewarpte Raum den eigentlichen Kirchenraum. Es heißt ja immer - durchaus zurecht- dass sich die Kirchen von den Gemeinden, die ihnen geblieben sind, entfernen, dass sich hier aber der Raum tatsächlich versucht von der Gemeinde zurückzuziehen, ist geradezu brüllend komisch.

Bei einem Neubau würde sich das in meinen Augen auch anders verhalten, aber gerade hier bleibt die Frage nach dem Bestand. Vor dem Umbau war nicht alles stimmig, eine Überarbeitung nötig, allerdings wurde mit dem schalen Fenster auf der Chorwand eine schöne Lichtstimmung erzeugt. Mit dem neuen Raum hat das Seitenfenster auf den Bildern zumindest seinen Nutzen verloren und ist hinfällig geworden. Stattdessen große Geste. Auch die leise Farbigkeit der Gewölbe im Bestand haben den Raum gegliedert, der verzicht nimmt dem Raum leider die Komplexität. Ein Verlust, der mit Spektatkel ausgeglichen wird.

Brückner Brückner empfinde ich eigentlich immer als sichere Bank, aber hier ist das Spiel irgendwie nicht aufgegangen. Schade.

5

max | 25.03.2024 20:06 Uhr

hmm

schöne idee dieser lichtraum, aber dieser altar davor ist echt peinlich. ein "design", was die ganze transzendenz gleich wieder zurückholt auf den boden. naja, kann man am leichtesten beheben...

4

Adrian | 25.03.2024 19:06 Uhr

....

aiaiai was soll man zu dem Kommentar davor sagen...
Dann lieber doch wieder zurück zur DIN - Amen.

Der Altar sieht nur tatsächlich
etwas zu arg nach Apple-Store aus. Da hätte man sich mehr Poesie wie im Raum der Taufe gewünscht.

3

arcseyler | 25.03.2024 18:01 Uhr

.....

Es geht hier wirklich um Erleuchtung. Alles Physische ist ausgeschaltet. Reine Transzendenz.
Gleich hinter der trocken entmaterialisierten Moderne lauert das mystische alles eins.

2

auch ein | 25.03.2024 16:40 Uhr

architekt

also wenn oma und opa zur taufe kommen oder ein rollstuhlfahrer isses unpraktisch....
das becken auf dem boden

und der altar auf IKEA-möbel reduziert und gleich noch die kanzel integriert

zu viel "minimalismus" für einen solchen raum

1

Fbn | 25.03.2024 15:59 Uhr

Fantastisch!

Das ist ein wirklich tolles Projekt! Hätte ich fast nicht draufgeklickt - war da fast Opfer meiner eigenen Voreingenommenheit. Zum Glück nicht!

Gratulation an Brückner&Brückner und super, dass die Gemeinde so offen für Neues war - Sehr, sehr schön!

 
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