Die lettische Kleinstadt Salaspils, rund 20 Kilometer südöstlich von Riga, blickt auf eine lange, wechselhafte Geschichte. Ihr früherer Name Kirchholm verweist darauf, dass sie einst deutschsprachigen Missionaren als Stützpunkt für die Christianisierung des Umlands diente. In den 1940er Jahren gab es hier ein NS-Zwangsarbeitslager, an das eine Gedenkstätte erinnert. Die Stadt befindet sich am Düna-Ufer, jedoch trennen eine Plattenbausiedlung und einige Straßen mit Einfamilienhäusern den Fluss vom Zentrum. An der Schnittstelle beider Stadtstrukturen haben MADE arhitekti (Riga) kürzlich einen großen Kindergarten errichtet, denn heute wohnen in Salaspils viele junge Familien.
Der zweigeschossige Holzbau hat eine Nutzfläche von rund 3.250 Quadratmetern. Er bietet Platz für zwölf Gruppen, von denen jeweils zwei zu einer Einheit zusammengefasst sind. Jede dieser Einheiten verfügt über einen Sanitärblock und einen separaten Eingang. Vorangestellte Treppenbauten in stilisierter Hausform machen auch das Obergeschoss zugänglich. Zusätzlich gibt es noch eine zentrale Erschließung für die gesamte Einrichtung. Dank dieser Konfiguration lässt sich der Kindergarten bei Bedarf als Grundschule umnutzen – eine Anforderung des ursprünglichen Wettbewerbs.
Ihre Vorliebe für klare Strukturen zeigen die Architekt*innen auch im Grundriss. Die Gruppenräume sind im westlichen und südlichen Teil des Gebäudes L-förmig angeordnet. Das übrige Rechteck wird von einer aulaähnlichen Halle und anderen gemeinsam genutzten Räumen eingenommen. Dazu gehören ein Gymnastikraum im Obergeschoss und die ebenfalls dort angeordneten Büros. Die Halle wiederum geht unmittelbar in die inneren Erschließungszonen über. Sie dient ferner als Speisesaal, und ihre Bühne lässt sich in geschlossenem Zustand als Musikzimmer nutzen. Natürliche Oberflächen, helle Farben und indirektes Licht geben dem Gebäudeinneren eine weiche Anmutung.
Die Baukosten für das Projekt lagen bei rund 8,17 Millionen Euro für das Gebäude, den Spielplatz sowie eine neue benachbarte Straße, so die Architekt*innen. Ihrer Aussage nach handelt es sich bei dem Projekt um den ersten öffentlichen Bau nach Passivhaus-Standard im baltischen Raum. Auch in konstruktiver Hinsicht sei mittels Sondergenehmigung Pionierarbeit geleistet worden, heißt es. Denn bisher seien in der regulären Bauordnung Lettlands keine zweigeschossigen Kindergärten in Holzbauweise vorgesehen. (sb)
Fotos: Alvis Rozenbergs, Ansis Starks
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