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11.02.2015

Zwischen Beklemmung und Freiheit

Joanna Hogg und Matthias Sauerbruch über Architektur im Film


Von Franziska Wiegand

Wie beeinflusst Architektur den Film? Und was passiert, wenn der Film zum Medium der Architekturvermittlung wird? Über das Verhältnis beider Kunstformen zueinander diskutierten gestern Abend die Londoner Regisseurin Joanna Hogg und der Berliner Architekt Matthias Sauerbruch im Rahmen der Berlinale Talents im Panel „Room for Emotions: Embodying Architecture in Film“. Hoggs aktueller Film „Exhibition“ diente dafür als Exempel.

Dieser spielt in einem 300 Quadratmeter großen Wohnhaus aus den 1960er Jahren im noblen Londoner Stadtteil Kensington. Entworfen wurde es ursprünglich von dem 2012 verstorbenen Architekten James Melvin für sich und seine Frau; als die Besitzer 1995 wechselten, gestaltete das Berliner Büro Sauerbruch Hutton das „H-House“ durch neue Oberflächen und Farbgebung um.

Hier entstand 2013 der Film „Exhibition“, besetzt mit drei Hauptprotagonisten: dem namenlosen Künstlerehepaar H und D und ihrem Haus selbst, das für seine Bewohner Traumhaus und Gefängnis zugleich ist. Der Film zeigt das Leben und Arbeiten des Paars in den großzügigen Räumlichkeiten und wie die Architektur den Bewohnern das Leben vorschreibt. Hogg macht den Wohnraum zu einem dominanten Familienmitglied, das das Verhalten des Paares beeinflusst. Damit betritt sie Neuland im Genre des Architekturfilms.

Die Geräusche der Architektur stehen im Fokus. Wie klingt das Öffnen der Jalousie oder das Schieben der Trennwand? Beruhigt oder quält das Hören des rollenden Schreibtischstuhls? Enge und Weite – der Film zeigt die Ambivalenz der Moderne, die für die einen die Zukunft ist, für die anderen distanziert und feindlich.

Die Schauspieler wohnten für mehrere Monate im „H-House“. Dass ihre Darsteller alle Details des Gebäudes kennenlernen, war der Regisseurin wichtiger als einstudierte Szenen. Auf der Leinwand entwickelt sich die Beziehung der Bewohner zu ihrem Haus ins Extreme. Die Frau lebt ihren Fetischismus zur Einrichtung aus und macht sich selbst zum Schauobjekt. Kontrastierend zu den kühlen Materialien haucht der Film so jedem architektonischen Element eine Seele ein.

„Das Haus bedeutet alles für den Film“, statuierte Joanna Hogg im gestrigen Gespräch. Die Architektur sei Essenz und Inspiration ihres Films gewesen. Matthias Sauerbruch betonte im Gespräch hingegen den allgemeinen Wert von Filmen als Architektur vermittelndes Medium. „Architekten analysieren in jedem Kontext automatisch die visuelle Umgebung und führen angenehme oder ungemütliche Stimmung eines Ortes schnell auf die Farben, Materialien und Proportionen zurück.“ Mit ganz anderen Augen habe Sauerbruch das Gebäude nun gesehen – obwohl er es ja sehr gut kennt.


Nach ihrem Debüt „Unrelated“ (2007) und „Archipelago“ (2010) ist „Exhibition“ (2013) Joanna Hoggs dritter Film, der im Dezember 2014 in den deutschen Kinos startete.


Video:




Zum Thema:

www.berlinale-talents.de


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