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18.03.2013

Wohnzimmer für die Stadt

Das neue Musiktheater in Linz von Terry Pawson


Nicht nur das Ensemble des Landestheaters Linz darf sich freuen: Am 11. April wird im Linzer Stadtteil Blumau das neue Musiktheater am Volksgarten eröffnet. Entworfen und gebaut wurde die neue Spielstätte für die Sparten Oper, Ballett und Musical von dem britischen Architekten Terry Pawson, der mit seinem Entwurf „Theater am Park“ im April 2006 als Sieger aus einem Wettbewerb  hervorging. Die Ausführung und technische sowie künstlerische Oberleitung lag bei ArchitekturConsult (Wien) zusammen mit dem Linzer Partnerbüro Archinauten – Dworschak & Mühlbacher. Damit geht jetzt eine lange Planungsgeschichte zu Ende: 1984 wurde erstmalig der Wunsch nach einem neuen Opernhaus formuliert – nach 20 Jahren und mehreren Projektideen an unterschiedlichen Standorten in der Stadt wurde im Jahr 2004 schließlich der Bauplatz beim Volksgarten beschlossen und ein europaweiter Wettbewerb ausgeschrieben.

Es sollte mehr als ein reines Opernhaus sein – Terry Pawson wollte „sozusagen ein neues Wohnzimmer für die Stadt“ schaffen. Diese angestrebte Integration wird dadurch erreicht, dass die ehemalige Blumauerstraße verlegt wurde. Der westseitige Haupteingang ins Opernhaus erfolgt direkt von der Parkanlage über eine erhöht liegende, breite Freitreppe. Eine Terrasse überbrückt die darunter liegende Straßenbahn-Trasse und bildet einen öffentlichen Bereich mit Kaffeehausgarten aus.

Von einer Loggia gerahmt und über drei Geschosse verglast sieht man vom Linzer Stadtzentrum kommend die große, 65 Meter lange Eingangsfront als Schauseite des Musiktheaters; die enorme Längenausdehnung des Gebäudekomplexes, der sich über zwei Häuserblocks erstreckt, ist aus diesem Blickwinkel nicht wahrnehmbar. Süd- und Ostfassade gehen in einer Rundung ineinander über und haben eine Gesamtlänge von 200 Metern. Um die gestalterische Idee eines „umlaufenden Vorhangs“ an der Fassade umzusetzen, ist den eigentlichen Gebäudemauern ein Stahlbetonfachwerk vorgelagert. Durch dessen vertikale Rasterung und dem unregelmäßigen Wechselspiel zwischen offenen und mit Stein ausgefachten Feldern soll an der Fassade Spannung erzeugt und dadurch deren Länge entschärft werden. Die Fassaden- sowie Ausführungsplanung stammen von dem Grazer Büro Architektur Consult, das auch am Bau des Kunsthauses Graz beteiligt war; die Linzer Architekten Dworschak - Mühlbachler waren mit der Planung des Bruckner Saales betraut.

Der Große Saal fasst rund 1.000 Sitzplätze und sorgt mit einer klassischen Hufeisenform dafür, dass auch bei Vollbestuhlung kein Besucher weiter als 27 Meter von den Darstellern an der Bühnenrampe entfernt sitzen wird. Besonderes Merkmal sind außerdem die innenliegenden Treppenaufgänge.

Fortschrittlich ist das Konzept der Bühnentechnik: Das Herzstück wird von einer multifunktionalen Transportdrehbühne mit einem Durchmesser von 32 Metern gebildet. In diese sind eine Spieldrehbühne mit einem Durchmesser von 15 Metern und eine Hubpodienlandschaft mit drei Podien, die sich sechs Meter vertikal verschieben lassen, integriert. Beispiellos sind auch die vollautomatisch gesteuerten Dekorations- und Prospektlager, die sich nicht außerhalb, sondern direkt im Theatergebäude befinden. Diese modernen Lagersysteme wurden zuvor auf Flughäfen erprobt und kommen nun erstmalig auch in einem Theaterbetrieb zur Anwendung.

Ein Pendant zum Großen Saal bildet die fast nackt wirkende Studiobühne im Untergeschoss des Gebäudes. In diesem  trapezförmigen Raum wurde auf gediegene Gestaltungselemente komplett verzichtet, der Raum soll von Fall zu Fall mit theatertechnischen Mitteln wie Scheinwerfern, Vorhängen und Dekorationselementen neu „erfunden“ werden.

Nicht nur die Baukosten für den Neubau mit den Ausmaßen einer kleinen Stadt sind mit 150 Millionen Euro fulminant: Am Eröffnungsabend am 12. April zeigt das Haus die Urauffühurng von Philip Glass‘ „Spuren der Verirrten“; am  13. April 2013 lädt das neue Musiktheater am Volksgarten zum Tag der offenen Tür. Pünktlich zum 200. Geburtstagsjahr von Richard Wagner wird im Oktober 2013 „Das Rheingold“ als Auftakt zum Ring des Nibelungen im Musiktheater herausgebracht.

Fotos: Sigrid Rauchdobler 


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