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05.10.2007

Landhäuser in Berlin

Bücher im BauNetz


Henselmann, Hilberseimer, Baumgarten, Bartning und eben Scharoun und den Luckhardts, beschließt den Band. Der Katalog führt noch einmal die ganze Bandbreite jener Jahre und damit die Hypothese des Autors vor. Einzuwenden wäre lediglich, dass sich hier naturgemäß die „besonderen“, außergewöhnlichen Häuser bündeln. Das Straßenbild „normaler“ Villenvierteln und Siedlungen nach 1933 ist deutlich ärmer und konservativer. Und eben nicht interessant genug für ein solches Buch.

Die Bau- und Kunstdenkmäler von Dissertation erwachsenes Fachbuch so spannend gelesen wie dieses. Seine zentrale These ist die der Vielfalt. Konnte Nikolaus Pevsner noch 1957 apodiktisch behaupten, über nationalsozialistische Architektur in Deutschland sei „jedes Wort zuviel“ – mit diesem Zitat beginnt das Buch –, so weiß die Forschung heute natürlich, dass eine alleinige Reduktion der Bauproduktion der Jahre 1933 bis 1945 auf den vergröberten Neoklassizismus Speer‘scher Prägung spätestens bei den Bauaufgaben Industrie- und Wohnungsbau nicht funktioniert.

Uneinheitlich, unterschiedlich, vielfältig: das sind die Vokabeln, die Frank Schmitz insbesondere auf den Einfamilienhaus- und Villenbau jener Jahre anwendet. Seiner Meinung nach liegt das auch am Pluralismus Berlins der Weimarer Zeit, der noch bis ins Tausendjährige Reich hinein nachwirke. Es mag durchaus zutreffen, dass die hier konstatierte Vielfalt in München oder Stuttgart nicht vorgefunden werden kann. Der Autor unternimmt dann den überzeugenden Versuch, verschiedenartige Gestaltungsprinzipien und verschiedene Bauaufgaben miteinander in Bezug zu setzen. Das wird immer wieder in Fallstudien an konkreten Objekten vertieft.

Ein Katalogteil mit 53 Objekten, darunter Häuser von Eiermann, Zur Straße hin ist das Haus zwar nicht unbedingt konventionell, aber sicher auch nicht avantgardistisch: Satteldach mit weitem Überstand, Putzfassade, Lochfenster. Doch zur Garten- und Wasserseite hin artikuliert es sich dann völlig anders: riesige, gerundete Verglasungen, eine fast dekonstruktivistisch motivierte Dachlandschaft, ein organischer Grundriss mit unregelmäßigen Räumen. Die Villa Baensch am Höhenweg in Berlin-Spandau von Hans Scharoun wird gern für die These herangezogen, in der Nazizeit hätten modern gesonnene Architekten die Moderne „versteckt“: im Inneren und zum Garten hin.

Auch das Haus Ritzerfeld (1936-38) von den Brüdern Luckhardt macht nach vorn mit mächtig überstehendem Walmdach und Travertin- Einfassungen auf repräsentativ und konservativ, während zum Garten hin raumhohe Terrassenverglasungen eher an Mies’ Villa Tugendhat als an Adolf & Albert erinnern. Doch der Autor unseres Bandes über „Landhäuser“ (gemeint ist generell der individuelle Einfamilienhausbau) glaubt nicht an die „versteckte“ Moderne und das Muster von der „inneren Emigration“ ihrer Architekten, und das weist er auch schlüssig nach.


Benedikt Hotze


Zum Thema:

Beiheft 31
Frank Schmitz: Landhäuser in Berlin
1933-1945
Gebr. Mann Verlag, Berlin, 2007
403 Seiten, zahlreiche S/W-Abbildungen,
89 Euro


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