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14.02.2011

Swedish Modernism

Bücher im BauNetz


Weihnachtsbaum raus, neues Sofa rein. Dass die Entstehung der modernen Architektur in Schweden nicht so simpel ist wie ein Einkauf im größten schwedischen Möbelhaus, zeigt jetzt ein neues Buch: „Swedish Modernism. Architecture, Consumption and the Welfare State“ untersucht auf tiefgründige Art und Weise den vielschichtigen Prozess der Modernisierung und ihrer Beziehung zum Entstehen des allumfassenden Sozialstaats im Reich von Königin Silvia und ihrem Sex-Party-erprobten Gemahl Carl Gustaf.

Die Herausgeber Helena Mattsson und Sven-Olov Wallenstein haben Beträge internationaler Experten – Architekten wie Wissenschaftler – zusammengetragen. Die Architektin und der Philosoph lehren beide am Royal Institute for Technology in Stockholm und sind (Mit-) Herausgeber des Site Magazins. Nach ihrer ausf¸hrlichen Einleitung ins Thema teilt sich der Inhalt 220-Seiten-Werks in drei Abschnitte:Der erste Teil behandelt die Entstehung des Sozialstaates und verdeutlicht die soziologischen und politischen Hintergründe der Moderne. Mit dem Fokus auf Schweden soll hier der lokale Twist einer globalen Bewegung klar werden. Etwa durch Hendrik Berggrens und Lars Trägårdhs Beitrag „Pippi Longstocking. The autonomous child and the moral of logic of the Swedish welfare
state“. Die Heldin aus Astrid Lindgrens weltweit bekanntem Kinderbuch steht, so die Autoren, für Individualität und Selbstbestimmung anstatt für Kollektivismus – und damit für die sozialstaatliche Befreiung von traditionellen Abhängigkeiten wie Familie und Kirche.

Nicht nur in den USA und der UdSSR gab es Theorien, wie man die subjektive Nachfrage von Verbrauchern so steuern konnte, dass es dem System entgegenkam. Auch in Schweden war die „Produktion des Konsumers“ eine der Hauptaufgaben des Sozialstaates. Helena Mattenssons Aufsatz „Designing the reasonable consumer: standartisation and personalisation in Swedish Functionalism” beschäftigt sich mit dem Verhältnis von Moderne und Konsumkultur und zeigt den politischen und architektonischen Diskurs zu dem Thema um 1930 auf. Dazu dient ihr etwa die 1931 erschienene Architekturschrift „Acceptera“, ein Manifest für den Funktionalismus in Schweden, verfasst von Architekten wie Sven Markelius, Gunnar Asplund, Gregor Paulsson und Uno Åhrén.

Der dritte Teil des Buches befasst sich in aller Breite mit der Histographie. Eine Einordnung architektonischer Werke in ein breiteres diskursives System soll hier zeigen, dass räumliche und materielle Strukturen immer auch mit Machtverhältnissen verbunden sind. Dieser Abschnitt des Buches will helfen, allgemeine Einschätzungen des Stils und der Form nur nach kunstgeschichtlichen Maßstäben zu überwinden. Swedish Modernism ist viel mehr Reader als Bildband, mehr soziologisches Sachbuch als luftige Architekturpublikation. Wer auf bildhafte Beispiele zu den Teils komplexen Texten hofft, wird diese meist schmerzlich vermissen. Statt die Satellitenstädte des schwedischen Millionenprogramms breiter einzufangen, stößt der Leser auf Schwarzweiß-Aufnahmen der Berliner Groflsiedlung Siemensstadt.

Für diejenigen, die sich umfassend mit der Entstehung von Moderne und Post-Moderne und den gesellschaftlichen Zusammenhängen beschäftigen wollen, ist das Buch jedoch eine reiche Materialsammlung auf dem neusten wissenschaftlichen Stand. (Luise Rellensmann)

Swedish Modernism. Architecture, Consumption and the Welfare State.
Hrsg.: Helena Mattson, Sven-Olov Wallenstein
black dog publishing, London 2010
Paperback, 25 x 19 cm, 192 Seiten
24,95 £

www.blackdogonline.de


Zum Thema:

erschienen in der Baunetzwoche#209 „Sputniks Erben”


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