In der Frankfurter Altstadt, hinter dem Historischen Museum sowie zwischen der Schirn Kunsthalle und dem Mainufer, soll ein konfessionsverbindendes Zentrum für Jugendkirchenmusik entstehen. Anfang März 2025 konnten sich Barkow Leibinger (Berlin) im entsprechenden Wettbewerb durchsetzen. Ausgelobt hatte den nicht-offenen Realisierungswettbewerb stellvertretend für eine Vielzahl am Projekt beteiligter kirchlicher wie kultureller Institutionen, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt, der Evangelische Regionalverband Frankfurt und Offenbach. Diese Kooperation trat auch im kürzlich entschiedenen Vergabeverfahren um das Matthäus-Areal im Frankfurter Gallusviertel als Bauherrschaft auf.
Das Projekt mit dem Titel Haus Frankfurter Jugendkirchenmusik soll den insgesamt über 350 Nachwuchsmusizierenden der katholischen Domsingschule und der Bläserschule des evangelischen Stadtdekanats als neues Proben- und Stimmbildungszentrum dienen. Die Auslobung sah vor, den vorderen Bauteil der zwischen 1958 und 1969 im Rahmen des Wiederaufbaus der Frankfurter Innenstadt nach Plänen von Rudolf Letocha und William Rohrer errichteten Bestandsbebauung zu erhalten und aufzustocken. Derzeit wird der winkelförmige Gebäudekomplex als evangelisches Frauenbegegnungszentrum genutzt und beherbergt zudem sechs Mietwohnungen. Der Bestand an Wohnraum mit einer Gesamtfläche von 1.000 Quadratmetern soll erhalten bleiben, der Jugendkirchenmusik fallen laut Raumprogramm 950 Quadratmeter Nutzfläche zu.
Aus 15 Büros, die sich zuvor in einem Bewerbungsverfahren aus über 150 Teilnehmenden qualifiziert hatten, wählte das Preisgericht um Vorsitzende Christa Reicher zwei Preise und drei Anerkennungen:
- 1. Preis: Barkow Leibinger (Berlin)
- 2. Preis: Max Dudler (Berlin)
- Anerkennung: meck architekten (München)
- Anerkennung: Sturm und Wartzeck (Dipperz)
- Anerkennung: pussert kosch architekten (Dresden)
Barkow Leibinger schlagen zwei durch eine Sockelzone verbundene Baukörper vor, die formal zwischen den giebelständigen Nachbarbauten aus den 1980er Jahren in der Saalgasse und der Wohnbebauung am Mainkai vermitteln. Die Jury lobte die Ausbildung eines klar ablesbaren und identitätsstiftenden Solitärs für die Nutzungen der Jugendkirchenmusik sowie den Umgang mit dem bestehenden Wohngebäude, der bei geringen baulichen Eingriffen eine hohe Wohnqualität erreiche. Kritisch gesehen wurde die Fassadengestaltung: Zu überdenken seien sowohl die horizontale Gliederung des Wohngebäudes, die laut Denkmalschutz nicht als Gegenüber der kleinteiligen Nachbarbebauung funktioniere, als auch die ortsfremden Tonziegel am Probenzentrum. Farbgebung und homogene Wirkung des Neubaus sowie „das Potenzial einer würdigen Alterung der Oberflächen“ sollten jedoch beibehalten werden.
Die visualisierten Foyer- und Probensaalbereiche im Tief- und Erdgeschoss träfen in Materialität und Atmosphäre hingegen den gewünschten Ausdruck für die Jugendkirchenmusik. Hinterfragt wurde die Orientierung des Probensaals: Das große Fenster läge im Rücken der Sänger*innen. Die Tieflage des großen Raums reduziere jedoch andererseits das Volumen auf städtebaulich angemessenes Maß. Des Weiteren gebe es Nachbesserungsbedarf bei Akustik, Raumzahl, Anleiterbarkeit der Wohnungen und Freiraumgestaltung.
Insgesamt neun Millionen Euro haben das Bistum Limburg, der Evangelische Regionalverband Frankfurt und Offenbach, der Verein Frankfurter Jugendkirchenmusik, der Förderverein Frankfurter Domsingschule und Frankfurter Bläserschule sowie der Gesamtverband der katholischen Kirchengemeinden in Frankfurt, das Land Hessen und die Stadt Frankfurt am Main für das Projekt bereitgestellt. Laut dem Evangelischen Regionalverband sei mit dem Beginn der Bauarbeiten, für die mindestens 15 Monate einkalkuliert werden, ab Ende 2026 zu rechnen.
(kms)
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Ich | 28.07.2025 01:09 Uhrmuss
die Frankfuter Innenstadt hat ja schon eine wilde Geschichte hinter sich, mit ziemlich emotionalen Diskussionen und viel Wut auf einen "Pseudohistorismus". Fand ich damals auch irgendwie nicht toll, aber ich muss sagen, dass ich inzwischen der Meinung bin, dass da eine ganz interessante urbane Landschaft entstanden ist. Das LRO Museum ist ja auch superschick, Der Wettbewerb hier hat ja auch eine Menge gute Beiträge und der Gewinner hat es verdient.
Man muss halt doch manchmal die alte Wut vergessen.