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10.06.2021

Filmtipp: Arbeit und Liebe

Aalto – Architektur der Emotionen


Das Architecture Film Festival London eröffnete kürzlich mit den alten Meister*innen einer menschlichen Moderne: Aino und Alvar Aalto. Anlass, sich Virpi Suutaris filmisches Portrait über das finnische Architektenpaar einmal anzuschauen. Eine Besprechung.

Eine sehr gute Entscheidung der Regisseurin Virpi Suutari: Sie nennt ihren Film über den berühmtesten finnischen Architekten einfach nur „Aalto“. Was Platz macht für seine beiden Partnerinnen Aino und – nach deren frühem Tod – Elissa. Schließlich war seine Architektur ebenso wie die legendären Artek-Möbel durch und durch ein kollaboratives Werk. Dabei dürften ihre Entwürfe und Projekte in ihrer Suche nach einer nahbaren und menschenfreundlichen Moderne heute den meisten Architekt*innen zumindest im Ungefähren bekannt sein. Kann also ein Film, der zugleich auch ein Laienpublikum adressiert, hier noch neue Einsichten eröffnen?

Eine „Architektur der Emotionen“ verspricht Suutaris Dokumentation im Untertitel. Und was nach Plattitüde klingt, wird in der reichen Textur ihrer filmischen Collage des Lebens und Gestaltens der Aaltos durchaus eingelöst. Natürlich werden die entscheidenden biografischen Ereignisse ebenso wie die wichtigsten Entwürfe – ob Gebäude, Möbel oder Gläser – aufgezählt. Aber anstatt kunsthistorischer Beflissenheit erfreut eine Tonspur, die wichtige Aspekte zwar erwähnt, aber eben nicht durch Bescheidwisserei banalisiert. Zwischen dokumentarischen Fotos, aktuellen filmischen Erkundungen seiner Gebäude, historischem Filmmaterial und Fragmenten alter Interviews mit Zeitgenoss*innen der Altos bekommt das besondere Beziehungsgefüge als Antrieb ihrer Kreativität eine starke Präsenz. Gut auch, dass die Regisseurin auf die heute oft so typischen Talking Heads verzichtet.

Struktur bekommt der Film durch auf Finnisch vorgetragene Sequenzen aus (Liebes-)Briefen zwischen Aino und Alvar, die mit alten Filmaufnahmen von Pflanzen, Landschaften, aber auch Reise-Segmenten oder 8mm-Szenen aus dem Haus der Aaltos kombiniert werden. Was leicht hätte kitschig wirken können, überzeugt in der Auswahl des Materials. Die Aaltos unterrichten sich in größter Offenheit von ihren Gefühlen und Erlebnissen, von Momenten der Stärke und Sehnsucht ebenso wie von Schwäche und Wut. Es wird deutlich, wie unkonventionell ihre Beziehung war, wie wichtig aber eben auch das familiäre Leben mit den beiden Kindern als Grundlage ihres Erfolges einzustufen ist. Erfrischend, gelingt es Suutari doch so, die Aaltos nicht im Sinne einer typischen TV-Künstler*innen-Dokumentation zu verklären, sondern in ihrer Vielschichtigkeit begreifbar zu machen.

Text: Stephan Becker

Aalto – Architektur der Emotionen
Virpi Suutari
Finnland, 2020
Dokumentarfilm
mehrsprachig mit dt. Untertiteln

103 Minuten
Edition Salzgeber
Video on Demand
oder DVD


Video:




Zum Thema:


Das Architecture Film Festival London läuft noch bis zum 27. Juni. Es ist seit 2017 eines der wenigen Festivals weltweit, die sich ausschließlich mit Architektur im Film befassen. Sein Programm umfasst über 20 Filme in diversen Formaten, begleitet von vertiefenden Veranstaltungen. Das Festival wird auch per Stream übertragen, leider lässt es sich nur von den Britischen Inseln aus verfolgen: www.archfilmfest.uk/programme/

Mehr über die Aaltos auch anlässlich eines Ausfluges nach Finnland in der

Baunetzwoche#424.


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Aino und Alvar Aalto bei der Weltausstellung in New York 1939.

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Maison Louis Carré von 1959

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Baker House des MIT in Cambridge von 1949.

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