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16.07.2025
Spiegeltheater in Naumburg (Saale)
Umbau von Peter Zirkel Architekten
Noch nicht seit allzu langer Zeit treten in Naumburg (Saale) wieder Menschen statt Puppen auf die Theaterbühne. Ab 2009 spielte das Ensemble des Theater Naumburg für seine rund 60 Zuschauer*innen in den Räumen einer Gaststätte. Deren für den weiteren Betrieb notwendige Sanierung war nicht leistbar, und so fand die Gruppe Heimat in einem ehemaligen Schlachthof. Diesen haben Peter Zirkel Architekten (Dresden) nun umgebaut. Ende April eröffnete das Neue Theater im Alten Schlachthof.
Dabei hatte Naumburg (Saale) schon früher ein Theater – um 1700 gründeten die Herzöge von Sachsen-Zeitz eine Spielstätte, die in veränderter Form bis in die 1970er bestand und sich auf mehrere Häuser verteilte. Nach der Einstellung blieb lediglich das Puppentheater – bis sich 2009 ein Ensemble zusammenfand, das gemeinsam mit engagierten Bürger*innen ein neues Theater gründete.
Als aktuellen Standort wählte die Stadtverwaltung als Bauherrin den Alten Schlachthof in der Nähe des Bahnhofs. Das Industrieensemble aus dem 19. Jahrhundert stand zwar seit Jahrzehnten leer, die Hüllen waren aber zum Teil schon saniert worden. Das Theater bezog ein Gebäude mit H-förmigem Grundriss und erhielt einen neuen Eingangsbau. Der Bestand selbst bot bereits Platz für einen Saal mit 110 Sitzplätzen, Werkstätten und Proberäume für das Ensemble. Insgesamt realisierten Peter Zirkel Architekten, die sich 2021 in einem VgV-Verfahren durchsetzten, gut 2.400 Quadratmeter Bruttogrundfläche.
Ein vollverglaster Eingang wurde zwischen den beiden Kopfbauten platziert und kontrastiert deutlich mit dem Bestand, den Ziegelpfeiler, Satteldächer und ein Schornstein prägen. Die Spiegelfassade soll den Baukörper „unsichtbar“ machen und die seitlichen Flügel optisch in ihrer Flucht verlängern. Tatsächlich zeigt sich dieser Glaskörper nicht als bloße Effekthascherei. Vielmehr hilft der neue Eingang auch beim Organisieren des Verkehrs: Während er sämtliche öffentliche Besucherströme in die Nachbarräume verteilt, kann der dahinterliegende Erschließungsgang nun als Backstage dienen.
Aufgrund begrenzter finanzieller Mittel – etwa 3,6 Millionen Euro, von denen ein Großteil anonym gespendet wurde – veränderten die Architekt*innen den Bestand kaum. Eingang, Haustechnik und Barrierefreiheit machten die größten Posten aus, nur ausgewählte Flächen wurden verspachtelt. Das stärkste Facelift erhielt der neue Theatersaal. Als flexible „Black Box“ bezeichnen ihn die Architekt*innen, die hier nur die Rückwand ziegelsichtig beließen. Auf dem durchgehenden Bühnenboden aus beschichteter Schwarzkiefer sind unterschiedliche Bestuhlungen denkbar.
„Theater, bildende Künste, Musik, Literatur: alle Kunstgattungen setzen unwillkürlich einen Prozess der Selbsterkenntnis in Gang“, so Stefan Neugebauer, Intendant des Theaters Naumburg. Vor diesem Hintergrund gefalle ihm die verspiegelte Fassade besonders gut. Das Publikum „sieht sich selbst gespiegelt – gemäß dem Orakel von Delphi: Erkenne dich selbst.“ Eine griechische Tragödie wurde zur Premiere allerdings nicht aufgeführt, stattdessen bot das Ensemble eine Darbietung von Shakespeares Hamlet. (tg)
Fotos: Till Schuster
Zum Thema:
Wer nach wie vor an Puppenschauspiel interessiert ist, sollte sich das jüngst eröffnete Figurentheater in Lübeck von Konermann + Siegmund Architekten anschauen.
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