Bindung an mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung HOAI 1996

Mindestsatzunterschreitungen sind nach der Vorschrift des § 4 HOAI (vgl. I und IV) i.d.R. unzulässig; gem. § 4 II können die Mindestsätze allerdings in Ausnahmefällen durch schriftliche Vereinbarungen unterschritten werden (vgl. Honoraranspruch / .. / Ausnahmefall gem. § 4 II). Liegt ein Ausnahmefall i.S.d. § 4 II HOAI nicht vor, bleibt es bei dem Grundsatz, dass mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarungen unwirksam sind, der Architekt mithin den Mindestsatz verlangen kann.

Diesen Grundsatz hat der BGH allerdings mit Urteil vom 22.05.1997 (vgl. zu dem Urteil Honoraranspruch / .. / Grundsatzurteil) nach den Grundsätzen von Treu und Glauben etwas eingeschränkt. Danach kann sich ein Architekt widersprüchlich verhalten, wenn er zunächst eine die Mindestsätze unterschreitende Honorarvereinbarung trifft und nachfolgend die Mindestsätze abrechnen will. Der Architekt wird an die mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung nach dem Urteil des BGH unter folgende Voraussetzungen gebunden:

- Der Auftraggeber hat auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung vertraut;
- Der Auftraggeber durfte auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung vertrauen
– der Auftraggeber hat sich auf die Wirksamkeit der Honorarvereinbarung in einer Weise eingerichtet, dass ihm die Zahlung des Differenzbetrages zwischen dem vereinbarten Honorar und dem Mindestsatz nicht zugemutet werden kann.


Da es inzwischen sehr häufig zu Mindestsatzunterschreitungen kommt und Architekten oftmals feststellen müssen, dass sie mit dem mindestsatzunterschreitenden Pauschalhonorar nicht auskommen, ist es für sie von erheblicher Wichtigkeit, einigermaßen ermessen zu können, wann sie an eine mindestsatzunterschreitende Pauschalhonorarvereinbarung gebunden sind und wann nicht. Allerdings sind die bis heute hierzu ergangenen Urteile recht unterschiedlich und teilweise widersprüchlich. Der BGH hat zu der Vielfalt der Fallkonstellationen noch keine weitere Stellung genommen. Entsprechend besteht eine nicht unerhebliche Sicherheit.

Zu beachten ist darüberhinaus, dass der Architekt auch dann an einem die Mindestsätze unterschreitenden Honorar festgehalten werden kann, wenn sich dies aus der Bindung der Schlussrechnung ergibt (vgl. Honoraranspruch / .. / mindestsatzunterschreitende Schlußrechnung.

31 Beiträge  

19.11.2018

Architekt von Nachforderungen ausgeschlossen, wenn Bauherr sich auf status quo eingerichtet hat mehr
 

15.09.2017

Bindung an mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung: auch bei „Vollprofi“ als AG? mehr
 

16.03.2017

Mindestsatzermittlung: Spielräume in der HOAI sind nach unten zu nutzen! mehr
 

28.02.2017

Auftraggeber wehrt sich gegen Mindestsatzhonoraranspruch: Beauftragung eines niederländischen Architektenbüros als taugliches Argument? mehr
 

23.02.2017

Mindestsatzforderung gegenüber öffentlicher Hand wegen Haushaltsvorbehalt wider Treu und Glauben? mehr
 

02.05.2014

Akquise-Leistungen gegen mindestsatzunterschreitende Vergütung zulässig vereinbar?

mehr
 

19.11.2013

Honorarverzicht abhängig von der Durchführung des Bauvorhabens?

mehr
 

12.11.2013

Honorarparameter zur Ermittlung des Mindestsatzes nicht disponibel!

mehr
 

01.02.2012

Kann der HOAI-kundige Generalplaner auf eine den Mindestsatz unterschreitende Honorarvereinbarung mit einem Subplaner vertrauen? mehr
 

05.09.2011

Darf Immobilienunternehmen auf Wirksamkeit einer mindestsatz-unterschreitenden Honorarvereinbarung vertrauen? mehr
 

27.12.2010

Rechnungsstellung und Zahlung auf unwirksame Honorarvereinbarung: Erlassvertrag? mehr
 

15.04.2009

Bindung an mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarungen gegenüber Bauträger ?
mehr
 

15.01.2009

Änderungsanordnungen des Bauherrn können Abrechnung in höherer Honorarzone rechtfertigen!
mehr
 

18.04.2008

Bindung des Architekten an jahrelange, mindestsatzunterschreitende Stundensatzabrechnung ? mehr
 

27.10.2007

Mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung: Privater Bauherr darf auf Wirksamkeit vertrauen! mehr
 

21.09.2007

Schriftliche Honorarvereinbarung bei Auftragserteilung bis zur Beendigung des Auftrags nicht mehr korrigierbar? mehr
 

20.07.2007

Mindestsatzunterschreitung: Kein Vertrauensschutz des fachlich beratenen Bauherrn. mehr
 

16.03.2007

Anspruch des Architekten auf Durchsicht der Unterlagen zum Bauvorhaben zwecks HOAI-getreuer Abrechnung? mehr
 

21.02.2007

Mindestsatzunterschreitung: Wann hat sich der Bauherr darauf "eingerichtet"? mehr
 

26.12.2006

Bauherr kann Mindestsatzforderung des Architekten nur abwehren, wenn "schlechthin untragbar" mehr
 

03.11.2006

Bindung des Architekten an mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung auch gegenüber Bauträger? mehr
 

02.06.2006

Subplaner verlangt Mindestsatz vom Hauptplaner: treuewidrig? mehr
 

18.08.2005

Bindung des Architekten an mindestsatzunterschreitende Honorarvereinbarung auch bei HOAI-Kenntnis des Bauherren? mehr
 

27.06.2005

Subplaner gegenüber Hauptplaner an gemeinsamer Vereinbarung eines den Mindestsatz unterschreitendes Honorar gebunden? mehr
 

22.08.2002

Ist die Bindung des Architekten an ein mindestsatzunterschreitendes Honorar von der Höhe der Mindestsatzunterschreitung abhängig ? mehr
 

22.08.2002

Beruft sich der Bauherr auf Bindung des Architekten an mindestsatzunterschreitendes Honorar, muss er Kalkulation offen legen mehr
 

22.08.2002

Bindung des Architekten an mindestsatzunterschreitendes Honorar, wenn Bauherrn-Vertreter HOAI-Kenntniss hat ? mehr
 

09.08.2002

Architekt an mindestsatzunterschreitendes Honorar gebunden, wenn weitere Aufträge in Aussicht gestellt waren? mehr
 

13.07.2000

Mindestsatzunterschreitungen: Wann sind sie zulässig ? mehr
 

13.07.2000

Bindung des Architekten an mindestsatzunterschreitendes Honorar auch bei HOAI-Kundigkeit des Bauherrn ? mehr
 

30.01.1998

Architekt ist an Honorarvereinbarung trotz Mindestsatzunterschreitung gebunden mehr