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19.01.2000

Wer baut schon Küchen?

Zum Tod von Margarete Schütte-Lihotzky


Margarete Schütte-Lihotzky ist tot. Nur wenige Tage vor ihrem 103. Geburtstag ist Österreichs erste und berühmteste Architektin in ihrer Heimatstadt Wien an den Folgen einer Grippeerkrankung gestorben.
Dass sie fast immer nur mit ihrer „Frankfurter Küche“ in Zusammenhang gebracht wurde und gerade durch sie Berühmtheit erlangte, hielt sie für das „größte Missverständnis in ihrem Leben“, wie sie der Süddeutschen Zeitung im Jahre 1999 anvertraute. Sie sei schließlich keine Küchenexpertin, sondern Architektin, sagte sie damals. Am Ende sei aber doch alles Architektur, es gehe ja um Räume und um das Leben der Menschen darin, „nicht um Küchen. Wer baut schon Küchen?“. So endete die Aufzeichnung des Gesprächs im SZ-Magazin Nr. 15/99.
Im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit Ernst May am Hochbauamt Frankfurt hatte sie zwischen 1926 und 1930 die „erste Einbauküche der Welt“ entwickelt und in den Wohnsiedlungen des „Neuen Frankfurt“ in Serie realisiert. Dahinter stand stets zurück, dass sich Schütte-Lihotzky im Laufe ihrer jahrzehntelangen Berufstätigkeit auch als Architektin von Wohnbauten, Schulen und Kindergärten profilieren konnte.
1915 nahm sie ihr Studium an der K.K. Kunstgewerbeschule in Wien bei Oskar Strnad und Heinrich Tessenow auf, um es 1919 als erste Frau in Österreich mit dem Diplom abzuschließen. Sie arbeitete unter anderem für Adolf Loos und schloß sich in den Jahren zwischen 1930 und 1937 der „Brigade May“ an, um auf Einladung der Sowjetregierung am Aufbau neuer Städte wie Magnitogorsk mitzuwirken.
Von der Küche immer ein wenig in den Schatten gestellt wurde auch die Tatsache, dass sich die Architektin in ihrem gesamten Leben gesellschaftlich und politisch engagierte. Sie war Mitglied der Kommunistischen Partei, sie war aktiv am Widerstand gegen die Nazis beteiligt, saß deswegen im Zuchthaus und entging nur knapp der Hinrichtung. Auch später mischte sie sich ein, verschaffte sich zu unbequemen Themen Gehör und geißelte nationalistische und antisemitische Tendenzen. Konsequent lehnte sie es noch 1988 ab, aus den Händen des damaligen österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim ein Ehrenabzeichen für ihre Verdienste um Wissenschaft und Kunst entgegenzunehmen.
Eine Erklärung für ihre bewundernswerte persönliche wie professionelle Haltung gab Margarete Schütte-Lihotzky einmal selbst ab; Friedrich Achleitner griff das Zitat in einer Würdigung zum 100. Geburtstag der Architektin am 23. Januar 1997 in der ZEIT wieder auf: „Es war mir immer wesentlich in meinem Beruf und auch außerhalb desselben, mit allen meinen kleinen Mini-Mini-Kräften dazu beizutragen, dass ich schließlich aus einer besseren Welt scheide als derjenigen, in die ich hineingeboren war.“


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