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24.07.2017

Stadtlandschaft der Zukunft

Stefano Boeri plant Waldsiedlung in China


Chinas geradezu unstillbarer Bedarf an Wohnraum hat eine weitere städtebauliche Provokation hervorgebracht: Ende Juni gab das Büro von Stefano Boeri (Mailand) bekannt, dass es in Liuzhou, in der Region Guangxi im Süden Chinas, einen neuen Stadtteil plant. Bis spätestens 2020 soll die sogenannte Forest City entstehen, die auf einer Vervielfältigung des preisgekrönten Bosco Verticale in Mailand beruht. Varianten des Konzepts entstehen gerade auch in Lausanne, Nanjing oder Utrecht, doch die Forest City geht schon allein im Maßstab noch einen Schritt weiter.

Boeri hofft auf ein wegweisendes Experiment, das „zu einer Referenz für viele Architekten, Stadtplaner und Stadtverwalter wird, um überall auf der Welt ähnliche Projekte anzustoßen“. Der Vorschlag des Mailänder Büros beruht auf dem neuen Masterplan von Liuzhou, der entlang des Liujiang-Flusses eine urbane Expansion um 175 Hektar vorsieht. Die Forest City für 30.000 Menschen treibt dabei die ursprüngliche Idee des begrünten Hochhauses auf die Spitze: Ein hochgradig vernetztes Viertel, durch eine schnelle Bahnlinie und Elektroautos mit Liuzhou verbunden und durch eine Mischung aus Sozialwohnungen und freien Einheiten sowie Gewerbe, Schulen und ein Krankenhaus gekennzeichnet– alles überwuchert von einem grünen Teppich aus Pflanzen und Bäumen.



Die Projektverantwortlichen versprechen dabei, dass jedes der Gebäude unabhängig von Funktion und Größe Teil des vertikalen Naturraums werden soll. Aus dem Mailänder Wohnturm erwächst damit eine gemischt genutzte Typologie, die Boeris Traum von einer sauberen Stadt durch grüne Architektur voranbringen könnte. Der Vertical Forest in Nanjing ist dabei der Prototyp für die Forest City in Liuzhou. In Nanjing besteht die Mischnutzung aus einem Sockel mit Einkaufszentrum, Restaurants, Konferenzräumen und Ausstellungsflächen, begrünt sind allerdings nur die Türme.

Mit der Forest City und ihren projektierten 40.000 Bäumen und einer Million Kleinpflanzen verschiedener Arten hoffen die Architekten, 10.000 Tonnen CO₂ und 57 Tonnen Schmutzpartikel zu absorbieren und umgekehrt 900 Tonnen Sauerstoff bereitzustellen – ein Versuch, neue Lösungsansätze für die in China allgegenwärtige Luftverschmutzung zu finden. Dazu gehören die üblichen Nachhaltigkeitsversprechen von der Nutzung geothermischer Energie, der Verbesserung des Mikroklimas und der Verminderung des Stadtlärms durch die filternde Funktion der Pflanzen. Auch zur Biodiversität der Region soll das Projekt beitragen. Bei Boeris Turm in Lausanne steht bereits ein ähnliches Konzept vor der Erprobung – wenn auch schwierigere klimatische Bedingungen im europäischen Kontext nur Zedern zuließen.

Mit seinen Experimenten in verschiedenen Gegenden der Welt versucht Stefano Boeri, neue Leitbilder für Architektur und Stadtplanung zu definieren, die von einer einzelnen Wohnung bis hin zu einer ganzen Stadt reichen. Damit will er nicht nur der Zukunft den Weg weisen, sondern auch die konventionelle Idee eines Gegensatzes zwischen künstlicher Stadtlandschaft und offener, unberührter Natur herausfordern. Die „künstliche Naturlandschaft“, die Boeri gewissermaßen vorschwebt, könnte damit nicht nur eine Lösung für Chinas Umweltprobleme sein, sondern auch zur Überwindung alter Gräben führen – wenn das Konzept am Ende denn tatsächlich funktioniert.

Text: Marta Busnelli


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