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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen_Vorschlag_zu_Berliner_Schlossplatzbrache_abgelehnt_-_mit_Kommentar_22936.html

28.02.2006

20.000 qm x 5 Jahre

Vorschlag zu Berliner Schlossplatzbrache abgelehnt - mit Kommentar


Der Vorschlag zur Nutzung der Untergeschosse des Palastes der Republik wurde am 25. Februar 2006 von der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung abgelehnt. Die Berliner Gruppe Urban Catalyst hatte unter dem Titel „20.000 qm x 5 Jahre“ einen Vorschlag für eine temporäre kulturelle Nutzung gemacht.

Mit „radikalem Pragmatismus“ wird angedacht, statt der Verfüllung des Palastfundaments mit Sand dort erneut eine kulturelle Zwischennutzung zu ermöglichen. Urban Catalyst sieht in einem Teilrückbau die Chance, „das Gegebene neu zu deuten, es quasi neu zu erfinden“.
Der Rohbau der vorgeschlagenen Baustruktur soll zu 100% aus dem Vorgefunden bestehen und sich aus der gezielten Entfernung von Gebäudeteilen ergeben. Lediglich der Ausbau einschließlich der Fassaden sei neu zu erstellen. Statt die Untergeschosse zwischen Mitte März und Juni 2006 mit 205.000 Tonnen Sand zu verfüllen, sollen lediglich die technisch erforderlichen 21.600 Tonnen eingebracht werden. Die Untergeschosse könnten so mindestens über einen Zeitraum von fünf Jahren genützt werden, also von 2007 bis 2012. Der Entwurf sieht eine Halle von 95 x 80 Metern für Ausstellungen, Performances, Veranstaltungen usw., einen geschützten Innenhof für Freiluftveranstaltungen und einen Längsriegel für Bibliotheksnutzung, Ausstellung, Büros, Bar/ Café usw. unter der Zufahrtsrampe vor.

Kommentar

Seit der Wiedervereinigung diffundiert die Berliner Kulturszene förmlich in alle möglichen leer stehenden Bauten, Keller, aufgelassenen Fabriken und Brachflächen. Jeder Location wird eine bestimmte Ästhetik zugesprochen und für die Jugendlichen und „Berufsjugendlichen“ erschlossen. Wo hat man nicht schon überall getanzt... Den zuständigen Behörden hätten sich die Zehennägel aufgerollt, wenn sie von allen Stätten gewusst hätten. Es scheint sich auf einer breiten Basis ein Gespür für Räume und Atmosphären etabliert zu haben, eine sensible Wahrnehmung für den Genius loci.

Den Vorschlag von Urban Catalyst muss man als „genial penetrant“ bezeichnen, denn er führt die politischen Entscheidungsträger, die auf dem voreiligen Abriss des Palastes beharrten, mit demonstrativer Flexibilität und Pragmatik geradezu vor. Der Einfallslosigkeit des Abrisses trotz einer stark angenommenen und erfolgreichen Zwischennutzung wird hier mit einer kreativen Geste begegnet, die selbst die letzten Mauern für die kulturinteressierte Öffentlichkeit noch nutzbar machen will. Wenn manche Kommunalpolitiker dachten, mit dem Bau des Palastes sei die Gefahr der Etablierung einer weiteren „abartigen Kulturstätte“ vorüber, dann sei ihnen mit diesem Vorschlag versichert, dass es noch Ideen gibt, die sie sich noch gar nicht vorstellen können.

Arne Winkelmann


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