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13.07.2010

Humanistisches Weltbild

Zum Tod von Günter Behnisch


Kaum ein anderer deutscher Architekt stand für so viel Offenheit und Transparenz wie Günter Behnisch (1922-2010). Er vertrat eine Architektursprache, die sich klar gegen den Missbrauch von Architektur als Macht- und Repräsentationsinstrument wandte und ein neues, demokratisches Deutschland zeigen wollte. Diese Haltung lag wohl in der Biographie Behnischs begründet. Gestern starb Günter Behnisch im Alter von 88 Jahren in Stuttgart.

Geboren 1922 in der Nähe von Dresden, wurde Behnisch bereits im Alter von 18 Jahren zur Wehrmacht eingezogen und diente bis Kriegsende als U-Boot-Kommandant. Eine Zeit, die sein Leben wie auch seine Architektur nachhaltig prägen sollte. Nach Kriegsende studierte er in Stuttgart Architektur, wo er anschließend kurz im Architekturbüro von Rolf Gutbrod arbeitete, um dann 1952 sein erstes eigenes Büro zu eröffnen.

In den Folgejahren entstanden zahlreiche Schul- und Sportbauten, vor allem in Baden-Würtemberg, darunter auch die Fachhochschule Ulm, die 1963 als erstes größeres Bauprojekt aus vorgefertigten Elementen gebaut wurde. Bundesweit und international bekannt machte Behnisch allerdings erst sein kühner Zeltdach-Entwurf für das Olympiastadion in München (zusammen mit dem Ingenieur Frei Otto und dem Landschaftsarchitekten Günther Grzimek). Mit ihm verlieh er der noch jungen Bundesrepublik für die „heiteren Spiele“ 1972 auch international einen „demokratischen Ausdruck“, der noch heute spürbar ist.

Zwei weitere Projekte, der Neubau des Deutschen Bundestags in Bonn 1990 sowie die 2005 eröffnete Akademie der Bildenden Künste am Pariser Platz in Berlin, spielen die vielleicht gewichtigsten Rollen in seinem reichen architektonischen Lebenswerk.

Eines ist den Gebäuden Günter Behnischs immer gemeinsam: Er entwickelte seine Grundrisse nie von außen, immer von innen mit einem offenen, der Kommunikation dienenden Mittelpunkt, um den die funktionalen Bereiche gruppiert wurden und so einen vielgliedrigen, von optischer Transparenz und Öffnung nach außen geprägten Baukörper bilden. Große Kubaturen werden aufgelöst in Linien und Flächen, geschlossene Mauern weichen filigran gegliederten Glasfassaden, das „große Ganze“ wird fragmentiert zugunsten der Vielfalt.

Er sei „traumatisiert von den ideologischen Architekturinszenierungen der Nazis“ und empfinde einen „heftigen Widerwillen gegen das Zurschaustellen steinerner, lastender Baumassen“, erläuterte Günter Behnisch einmal die Prämissen seines Schaffens. Sein zutiefst humanistisches Menschen- und Weltbild wird uns mit seinen Gebäuden als Zeugnis erhalten bleiben.

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