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18.12.2019

Horizontaler und vertikaler Raumfluss

Zum Tod von Franz Füeg


Die Piuskirche in Meggen bei Luzern ist einer der bekanntesten Sakralbauten aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ihr Schöpfer Franz Füeg, der die schweizerische Nachkriegsarchitektur als entwerfender, schreibender und lehrender Architekt entscheidend geprägt hat, ist im Alter von 98 Jahren gestorben.

Von Christoph Allenspach

Die Kirche mit ihrem durch eine Stahlkonstruktion gefassten hellen Kubus und dem durch die rot-braun-gelb schimmernden Marmorplatten der Fassaden lichtdurchtränkten Innenraum ist ein Unikat. Der Entwurf von 1961, der den sakralen Raum neu definierte, passte irgendwie nicht in den Trend der Zeit und wurde von Kollegen polemisch in Frage gestellt. Doch nach der Weihe wurde das Gebäude bald zu einer Ikone der vielschichtigen Moderne der 1960er-Jahre. Füeg entwarf die Kirche klar wie eine Fabrik – mit einem rationalen Stahlskelett, um bildhaft aus einer tragenden Idee zu einem veritablen Kunstwerk zu gelangen.

Das Hauptanliegen Füegs war der Raum in seiner modernen Prägung, der die Gebäude horizontal und vertikal durchfließt und mit der Umgebung verbindet. Seiner Ansicht nach hat er dieses Hauptmotiv moderner Architektur in seinen ausgeführten Bauten jedoch nicht ganz befriedigend lösen können – und er sah auch in der internationalen Architektur nur annähernd gültige Lösungen.

Franz Füeg wurde 1921 in Solothurn geboren. Er absolvierte eine Lehre als Bauzeichner, wurde aber bald als entwerfender Architekt in kleineren Büros angestellt, wo er Wettbewerbe gewann und ein großes Wohn- und Geschäftsgebäude in Solothurn selbständig projektieren und bauen konnte. Die immense Entwurfstätigkeit, die er seit 1953 in seinem eigenen Architekturbüro entwickelte, steht in keinem Verhältnis zur Zahl der ausgeführten Gebäude. Von der Hochkonjunktur des schweizerischen Bauwesens hat er kaum profitiert. Ein Schulhaus, ein kleines Industriegebäude, zwei Universitätsbauten, nach Meggen eine weitere Kirche und einige Einfamilienhäuser hat er realisiert.

Viele seiner Entwürfe, auf die er stolz war und die wie die Meggener Kirche Unikate waren, sind auf dem Papier geblieben: ein vielschichtig gegliedertes Verwaltungsgebäude in Offenbach am Main (1952), ein Dutzend raumumgreifende Schulanlagen, ein begehbares Denkmal für Chicago (1957), ein hochtransparentes Museum für Archäologie in Aleppo (1956) oder eine paritätische Doppelkirche mit Zeltdächern (1967). Sein letztes realisiertes Gebäude war ein Verteilzentrum der Post in Sion im Kanton Wallis, das mit seinem rigiden Stahlbau zu den Zeugen der Renaissance der schweizerischen Moderne im ausgehenden 20. Jahrhundert zählt. Für Franz Füeg war es eine besondere Genugtuung, dass er 1990 mit 70 Jahren noch einmal einen Wettbewerb gewinnen konnte.

Füeg hat die Architektur seiner Generation schreibend mitgeprägt. Er war einige Jahre Chefredakteur der Zeitschrift Bauen + Wohnen, er hat aber insbesondere als Verfasser von grundsätzlichen Texten zum Wesen der Architektur und zu den umfassenden Anforderungen an den Architekten Gedanken dargelegt, die noch heute bedenkenswert sind. In den vergangenen 20 Jahren befasste er sich nur noch als Beobachter mit Architektur . Er wurde zum Spezialisten für spätrömische und byzantinische Münzen und veröffentlichte mehrere Publikationen.

Bereits am 24. November starb Franz Füeg überraschend im hohen Alter von 98 Jahren. Er hätte gerne noch das Buch zu seiner umfänglichen Entwurfs- und Schreibtätigkeit erlebt, das im nächsten Jahr erscheinen soll. Sein reiches Erbe wird nun postum zu entdecken sein.


Zum Thema:

Christoph Allenspachs Buch mit dem Titel Franz Füeg. Entwerfen Bauen Schreiben Lehren wird im Frühsommer im Birkhäuser Verlag erscheinen.


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Franz Füeg (1921–2019)

Franz Füeg (1921–2019)

Piuskirche in Meggen bei Luzern, 1961–66

Piuskirche in Meggen bei Luzern, 1961–66

Entwurf für eine Doppelkirche in Langendorf, 1967

Entwurf für eine Doppelkirche in Langendorf, 1967

Verteilzentrum der Post in Sion, 1995–98

Verteilzentrum der Post in Sion, 1995–98

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