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22.10.2025
Ein antiamerikanischer Affront
Zu Donald Trumps Plänen für einen Triumphbogen in Washington
Donald Trump lässt nicht davon ab, Washington nach seinem Geschmack umzubauen. Jüngst präsentierte der US-Präsident Pläne für einen Triumphbogen in der Hauptstadt. Wer soll hier gefeiert werden? Unser Autor ordnet die Bautypologie historisch ein und erkennt im Arc de Trump eine Verzerrung der ursprünglichen Idee eines Triumphbogens.
Von Nikolaus Bernau
Donald Trump will einen Triumphbogen in Washington, D.C. errichten. Vergangene Woche präsentierte er den Entwurf bei einem Spendendinner, das eigentlich dem von ihm geplanten Ballsaal neben dem Weißen Haus gewidmet war. Nach Angaben US-amerikanischer Medien waren auch Vertreter*innen von Tech-Firmen wie Amazon, Apple, Meta, Google und Microsoft zugegen. Offenbar sollen sie finanzieren.
Der Triumphbogen soll auf einer Verkehrsinsel am Ende der Arlington Memorial Bridge in einer Achse mit dem Lincoln Memorial entstehen. Offizieller Anlass sei der 250. Unabhängigkeitstag der Vereinigten Staaten im Jahr 2026. Baubeginn und die genaue Finanzierung stehen noch nicht fest, ebenso wenig die Größe des Bauwerks. Trump präsentierte seinem Publikum Modelle in drei Varianten – klein, mittel und sehr groß – ließ aber wissen, dass ihm selbstverständlich die große am besten gefalle.
Die Modelle entsprechen einer Aquarellzeichnung von Harrison Design (u.a. Washington, D.C.), die zunächst Büropartner Nicolas Leo Charbonneau und dann Trump in den sozialen Medien gepostet hatten. Die im Weißen Haus vorgestellten Modelle sehen aus wie weiße Tortendekorationen: großer Bogen und doppelte Säulenstellungen korinthischer Ordnung an den Pfeilerbauten, große Schriftfelder vor der Attika. Auf ihr sollen laut Trump zwei riesige amerikanische Adler an den Seiten und dazwischen eine gigantische goldene Flügelfigur thronen, die wie eine Verbindung aus der Freiheitsstatue mit der im Pariser Louvre stehenden Nike von Samothrake wirkt. Das offensichtliche Vorbild des Triumphbogens ist aber nicht etwa Napoleons Arc de Triomphe, sondern der Titus-Bogen in Rom.
Trump macht keine Scherze
Nach allen Berichten wagte keiner der Anwesenden während der Präsentation einen Lachkrampf angesichts dieser sämtliche Kitschkriterien nach unten durchschlagenden Anmaßung. Die Zeit ist in den USA vorbei, dass jemand über Trump lacht. Man lächelt nicht mal mehr, schon gar nicht mitleidig, auch wenn seine Ideen noch so verschroben, gar irre klingen. Sie sind nämlich, das zeigt die Erfahrung, ganz und gar ernst zu nehmen.
Wer hätte beispielsweise gedacht, dass er neben das architektonisch doch recht noble Weiße Haus für 250 Millionen Dollar einen mit „Spenden“ (die man wohl eher als Schutzgelder dieser Spender verstehen muss) finanzierten Ball- und Veranstaltungsaal setzen lässt. Die dafür bereitstehenden, in Lackweiß und Gold schimmernden Entwürfe von MacCrery Architects (Washington, D.C.) erinnern vage an den Pomp der Belle Epoche Kaiser Napoleons III. Auch in seiner Residenz in Mar-a-Lago ließ Trump einen Ballsaal bauen, dessen Dekoration weniger ins Neuklassizistische als vielmehr ins Neo-Osmanische changiert – Trump der Sultan.
Historische Einordnung des Triumphbogens
Ist Trump bewusst, dass der Titus-Bogen von dessen Bruder und Nachfolger Domitian gebaut wurde, um den Sieg der Römer über die Juden und die Zerstörung Jerusalems 71 nach Christus zu feiern? Sicher nicht, er inszeniert sich ja gerade als Freund Israels und Friedensbringer Gazas. Vor seinen Augen dürfte eher der Bogen stehen, den Bürger New Yorks – seiner hassgeliebten Heimatstadt – 1895 zur Erinnerung an den Amtsantritt des ersten amerikanischen Präsidenten hundert Jahre zuvor auf dem George Washington Square errichteten.
Noch weniger dürfte ihm die religiös-rituelle Bedeutung bewusst sein, der Triumphbögen seit der Antike ebenfalls dienten: Sie sollen neben der Feier der Siege auch die Sieger mit dem Marsch durch das Tor von der Schuld des Tötens im Krieg reinigen. Den Sieg wiederum sollen sie mittels des Marschs der Besiegten durch das Tor als göttlich gewollte Tat inszenieren.
Alle Gesellschaften betrachteten das Töten im Krieg zwar als notwendige, aber zu sühnende Befleckung. Nur durch eine Sühne und Reinigung können in diesem Sinne aus Kriegern wieder Nachbarn werden. Dem dienen Gottesdienste, Triumphzüge, Mahnmale, die trauernd an die Gefallenen erinnern und eben Triumphbögen. Es brauchte das 20. Jahrhundert, um aus diesem differenzierten Programm eine blanke Selbstfeier zu machen, etwa in Mussolinis Annektions- und Eroberungsbögen in Bozen und Genua, dem britischen Gate of India in Mumbai – ein Denkmal für den Besuch Georges in seinem Kaiserreich Indien – oder Hitlers gigantischen Bogen-Planungen für Berlin.
Selbst im berühmtesten Triumphbogen der Nach-Antike, dem Arc de Triomphe Napoleons auf dem Pariser Etoile, klingt diese Doppelbedeutung durch. Geplant wurde er seit 1806 zur Feier der Soldaten und Armen, aber auch des Friedens nach den Siegen über Österreich, Russland, Preußen und Großbritannien. Er sollte dem Tod der Soldaten in den Schlachten einen höheren Sinn als den der puren Machtausweitung des Kaisers geben. Die 1920er Jahre schlossen an diese antik-moderne Tradition an, als sie das Grab des unbekannten Soldaten gerade in diesen Triumphbogen einbrachten, der mit Namen von siegreichen Helden nur so überdeckt ist und indirekt ja immer auch ein Denkmal für die Hybris Napoleons war.
Auch der sicher größte Triumphbogen, der Gateway Arch, der 1968 in St. Louis nach Plänen von Eero Saarinen eröffnet wurde, ist sehr doppeldeutig. Er erinnert an den Kauf der französischen Gebiete Nordamerikas 1803 durch die noch jungen USA, den Beginn ihrer schnellen Westausdehnung über den Missouri und Mississippi hinweg, an die Opfer der weißen Siedler, aber eben auch die Vernichtungs-Kriege gegen die indigenen Bevölkerungen. Auch hier wieder ein Grundmotiv: Triumphbögen werden zur Erinnerung gebaut (im Rückblick) und dienen der Ehrung und rituellen Reinigung „des Volks“.
Wer wird hier gefeiert?
Für wen aber ist Trumps Triumphbogen gedacht? „Für mich“, antworte er auf entsprechende Fragen von Journalist*innen. Man kann ihm keine Heuchelei vorwerfen. Der Triumphbogen ist nicht etwa den im Dienst für Amerikas Weltmacht gestorbenen Soldat*innen und anderen Mitarbeitenden der Truppen gewidmet. Auch nicht denen nach seiner Auffassung von ihm angeordneten, angeblich acht „Frieden“. Nur um ihn soll es gehen. Deswegen wagt er den Bruch mit jedweder Konvention, dass nämlich erst die nächste Generation Monumente baut: Domitian ehrte seinen Bruder Titus und den Vater Vespasian. Auch Monarchen oder Präsidenten vermieden es, zu Lebzeiten Denkmale ihrer selbst zu genehmigen. Ausnahmen wie das Reiterdenkmal Kaiser Wilhelms II. an der Hohenzollernbrücke in Köln sind extrem selten.
Weder George Washington noch Thomas Jefferson oder Abraham Lincoln kamen auch nur auf die Idee, sich selbst mit einem Denkmal zu feiern. Es wäre ihnen wohl vollkommen absurd erschienen, als unanständig, antiamerikanisch und unrepublikanisch. Die nach ihnen benannten Monumente an der Washingtoner Mall wurden auch weniger zur Feier der jeweiligen Person errichtet, als vielmehr für die Ideen, die sie repräsentieren: individuelle Freiheit, Egalitarismus, Menschenrechte, Republikanismus und nationale Einheit. Nichts davon könnte der superreiche, hochelitäre, sozialkommunikativ geniale Spalter Trump für sich in Anspruch nehmen. Warum also sollte ihn solche Konvention abhalten?
Gehindert wird er sicher auch nicht durch seine Regierung oder die zur Applausgruppe degradierte Republikanische Partei. Es ist also durchaus realistisch angesichts der aktuellen Lage im Land der Freien, dass dieser Bogen entsteht. Möglicherweise finanziert von den kalifornischen Tech-Magnaten, die Trump seit seiner Wahl kniefällig huldigen, ihm mutmaßlich auch den Ballsaal finanzieren. Und wir, deren Kunden und Nutzer, finanzieren dann diesen Bogen mit.
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Geplanter Triumphbogen in Washington, D.C., Aquarell von Harrison Design

Titus-Bogen in Rom, Foto: Wikimedia Commons/ Jebulon/ CC0 1.0 Universal

Nike von Samothrake im Pariser Louvre, Foto: Wikimedia Commons/ KHo235/ CC0 1.0 Universal

Washington Square Arch, Foto: Unsplash/ Tomas Martinez/ Unsplash Lizenz
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