Am östlichen Rand des Stadtzentrums der belgischen Stadt Kortrijk befindet sich ein kleines Viertel, angelegt in den 1920er Jahren als Reihenhaussiedlung nach den Prinzipien einer Gartenstadt. Davon ist gut 100 Jahre später rings um die Tuighuisstraat nicht mehr viel zu sehen. Denn die Wohnungsbaugesellschaft SW+, die die Siedlung einst baute, hat einen Großteil der Häuser verkauft. In vielen der zum Innenhof liegenden Gärten entstanden mittlerweile diverse Anbauten, die den ursprünglichen Siedlungscharakter verändern.
2016 schrieb die Gesellschaft ein Bewerbungsverfahren für die Neugestaltung eines Blocks aus, in dem sie noch 18 Gebäude besitzt. Diese waren überwiegend in einem schlechten Zustand und sollten ersetzt werden. Das Verfahren gewannen MAKER Architecten (Gent) mit den zentralen Entwurfsthemen Anpassungsfähigkeit, Wiederverwendung und Inklusion.
Mit ihrem Konzept bezogen sich Maker Architecten insbesondere auf die Veränderung der Gebäuderückseite durch die Bewohner*innen, die so bei fast allen Häusern eine neue, größere Bedeutung bekommen hat. Hier haben sich die meisten Garagen gebaut, die auch als Hauptzugang zum Haus dienen. Insofern war der Innenraum des Blocks zwar nicht ansehnlich gestaltet, dafür aber lebendiger als die Straßenfront. Das griffen die Architekt*innen auf, indem sie die Rückseite der Gebäude in eine zweite Front verwandelten.
Die 18 betreffenden Häuser wurden schrittweise abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Dabei wurde ein großer Teil der Backsteine gerettet und direkt wiederverwendet. An der nordöstlichen Ecke des Blockes stehen nun drei fünfgeschossige Gebäude, die 16 barrierefreie Wohnungen mit ein, zwei oder vier Zimmern aufnehmen. Sie bilden eine Art großes Eingangstor mit einem kleinen Stadtplatz und Fahrradabstellplätzen. Darüber hinaus entstanden zwölf neue Reihenhäuser, die die Lücken des Blocks schließen. In dessen Inneres führen sieben Zugänge.
Die neuen Reihenhäuser bestehen immer aus einem zwei- oder dreigeschossigen Teil zur Straße mit etwa 80 Quadratmetern Wohnfläche und einem rückwärtigen Teil, der variabel genutzt werden kann: als zusätzlicher Wohnraum, als Garage oder Werkstatt, aber auch als Einliegerwohnung – in den Niederlanden als „Kangoeroewoning“ bezeichnet. Ein flexibler, überdachter Verbindungsgang bildet vom Innenhof aus eine gemeinsame Eingangssituation zu den Häusern.
Der Innenhof ist noch nicht weiter gestaltet worden. Es gäbe noch ein paar „politische Themen“, schreibt Büropartner Lieven de Groote per E-Mail, die zuerst geklärt werden müssten. Geplant ist, entsprechend den in der Nachbarschaft geäußerten Wünschen das Parken hier ganz zu verbannen, um den gesamten Hof wieder für Kinderspielplätze, Grünflächen, Sitzbänke und dadurch als gemeinsamen Erholungsraum und Treffpunkt für alle Nachbar*innen zu gewinnen. Wann dies umgesetzt wird, bleibt aktuell offen. (fh)
Fotos: Stijn Bollaert, Maker Architecten
Zum Thema:
Im Stadtteil passiert einiges. Direkt im Block neben der Tuighuisstraat wurde gerade erst die alte Feuerwache von ATAMA zur Deelfabriek umgebaut.
Die BauNetz WOCHE #671 „Kulturräume für Kortrijk“ beschäftigte sich bereits ausführlich mit der Umnutzung von denkmalgeschützten Gebäuden zu Kultur- und Gemeinschaftsräumen.
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