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11.03.2024

Rettung für die Fierens-Höfe

Wohnblockumbau in Antwerpen von Happel Cornelisse Verhoeven


Die Rettung nahte in letzter Minute. Die „Fierens-Höfe“ in der südlichen Innenstadt von Antwerpen waren bereits zum Abriss freigegeben. Aber dann hagelte es Proteste aus der Nachbarschaft, und letztlich konnte eine engagierte Gruppe die Stadtverwaltung tatsächlich überzeugen. 2016 wurde ein Architektenwettbewerb für die Renovierung der Wohnungen ausgeschrieben, der von Happel Cornelisse Verhoeven architecten (Rotterdam) zusammen mit Molenaar & Co architecten (Rotterdam) gewonnen wurde.

Die Architekt*innen setzen auf eine Stärkung der ursprünglichen Qualitäten des Ensembles sowie auf maximalen Substanzerhalt. Abgerissen wurde letztlich nur ein viergeschossiges Eckgebäude, das erst später ergänzt worden war. Die „Fierens-Höfe“ stammen aus dem Jahr 1937 und sind nach ihrem Architekten benannt, Gustave Fierens. Der hatte die Sozialwohnungsbauten mit vielen, eher kleinen Wohnungen in der Backsteinmoderne der 1930er-Jahre um einen gemeinschaftlichen Hof entworfen. Referenzen an die Amsterdamse School kreuzte er mit der Typologie der „Wiener Höfe“. Happel Cornelisse Verhoeven weisen darüber hinaus auf die sorgfältige Materialwahl des ursprünglichen Entwurfs hin. Dank einer „raffinierten Polychromie“ im mehrfarbigen Mauerwerk würden die Gebäudeformen unterstrichen. Dies nahmen sie zum Ausgangspunkt ihres Projekts, das sowohl die ursprüngliche Architektur wiederherstellte als auch den Bestand gezielt mit neuen Elementen weiterentwickelte.

Dem Volumen nach die größte Intervention ist der Neubau, den die Architekt*innen anstelle des abgerissenen Eckhauses errichten ließen. Dieser entwickelt zwar eine eigene Identität, orientiert sich in seinen Proportionen, Farben und Details aber deutlich an Fierens’ Gestaltung. Ein neues Tor zum Innenhof wurde hinzugefügt, um die Durchwegung zu verbessern. Die gusseisernen Gitter sind dabei kaum als ergänzte Elemente erkennbar. Ebenso wenig wie das verspielte farbige Bodenpflaster im Innenhof, der mit einer kleinen Bauminsel eine zusätzlich Aufwertung erfuhr. Selbst eine eigene Typographie entwickelten die Architekt*innen zusammen mit dem Grafiker Reynoud Homan: der „Fierens Font“ basiert auf den historischen Hausnummern, die auf alten Fotos noch zu erkennen waren.

Die Wohnungen wurden durch neue horizontale und vertikale Verbindungen völlig verändert. Dies reduzierte zwar den Bestand auf etwa 125 Wohnungen, dafür konnte aber das Angebot der Zwei- und Drei-Zimmer-Wohnungen mit Maisonetten und Cluster-Wohnungen zwischen 65 und 130 Quadratmetern erweitert, diversifiziert und an die heutigen Wünsche angepasst werden. Je nach Belegung dürften dabei etwa so viele Menschen in den neuen Fierens-Höfen wohnen können wie zuvor. Im Sockel und im Turmzimmer des Eckgebäudes sind zudem verschiedene Mehrzweckräume entstanden. Beispielsweise gibt es Fahrradschuppen und Waschräume, die gemeinsam genutzt werden können. Zusätzlich stehen Gästezimmer und „Joker-Räume“ zur Verfügung, die noch nicht genauer programmiert sind.

Überarbeitet wurden auch die Gewerberäume im Erdgeschoss, die dank doppelt hoher Schaufenster mehr Licht erhalten. Auf dem Dach sind außerdem zusammenhängende Dachterrassen entstanden. Diese werden kollektiv genutzt, als Ergänzung zu den bauzeitlich kleinen Balkonen der Wohnungen. Der städtische Entwickler des Projektes, die AG Vespa, teilt mit, dass die Wohnungen in den Fierens-Höfen etwa 20 Prozent günstiger angeboten werden als vergleichbare Neubauwohnungen im Stadtteil. (fh)

Fotos: Karin Borghouts


Zum Thema:

Über die Arbeit von Happel Cornelisse Verhoeven hatten wir schon einmal ausführlich in unserer BAUNETZWOCHE#568 „Neuer Rationalismus in den Niederlanden“ berichtet.


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Zustand vor dem Umbau, ca. 2016

Zustand vor dem Umbau, ca. 2016



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