RSS NEWSLETTER

https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Vergabeverfahren_in_Berlin_entschieden_10145150.html

21.11.2025

Zurück zur Meldung

Wellblech fürs Dragonerareal

Vergabeverfahren in Berlin entschieden


Meldung einblenden

Es soll ein Modellprojekt für kooperative Stadtentwicklung sein: Das Dragonerareal in Berlin-Kreuzberg. Das 4,7 Hektar große Grundstück im sogenannten Rathausblock wurde lange von Kleingewerbe, vor allem Autowerkstätten, genutzt. 2018 kaufte das Land Berlin das Areal mithilfe des Bundes zurück, unter anderem, um eine Privatisierung zu verhindern. Nun ist ein gemischtes Quartier geplant, bei dem die Interessen einer Vielzahl von Beteiligten berücksichtigt werden sollen.

Es ist ein rundum ambitioniertes Projekt. Bestandsgebäude sollen größtenteils erhalten bleiben, ebenso die ansässigen Gewerbebetriebe in die neue Mischung integriert werden. Circa 500 Wohnungen sind vorgesehen, wovon die städtische Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) etwa 400 und Genossenschaften etwa 100 bauen sollen. Anfang 2020 hatte man nach einem nichtoffenen Wettbewerb mit integriertem Werkstattverfahren den städtebaulichen Rahmenplan von SMAQ mit Man Made Land und Barbara Schindler als Leitlinie gesetzt. Vergangene Woche verkündete die WBM, dass „das Vergabeverfahren zur Auswahl der Architekturbüros für den Hochbau auf dem Baufeld Süd abgeschlossen“ sei.

Im Baufeld Süd plant die WBM fünf Wohngebäude mit rund 240 Wohnungen und 21.000 Quadratmetern Bruttogrundfläche. In den Erdgeschossen sind kleine Gewerbeflächen oder Gemeinschaftsräume vorgesehen. Um Monotonie im neuen Viertel zu vermeiden, wurden die fünf Häuser in zwei Abschnitte, sogenannte Lose, eingeteilt; das eine mit zwei, das andere mit drei Gebäuden. Laut Pressemitteilung hatten sich in einer ersten Stufe 60 Büros mit ihren Referenzen beworben. Sieben waren ausgewählt worden, sechs hatten Entwürfe eingereicht. Jetzt wurde für jedes Los ein Sieger benannt.  

In der Jury saßen neben Madeleine Hohlbein von der WBM, Matthias Peckskamp vom Bezirk und Jochen Lang vom Senat auch Anja Retzlaff vom „Vernetzungstreffen der Initiativen im Rathausblock“, Doris Fortwengel vom „Forum Rathausblock“, Architektin Nadja Letzel (kleyer.koblitz.letzel.freivogel) sowie Architekt Cyrus Zahiri (bbzl). Die Entscheidung sei „fast einstimmig“ gefallen:

Für Los A mit zwei Wohngebäuden wurde der Entwurf von &MICA (Berlin/Köln) ausgesucht. Kuehn Malvezzi (Berlin) und W&V Architekten (Leipzig) hatten ebenfalls Entwürfe eingereicht.    

Für Los B mit drei Wohngebäuden wurde der Entwurf von Kaden+ (Berlin) ausgewählt. Für dieses Los hatten auch Bruno Fioretti Marquez sowie Zanderroth (beide Berlin) Entwürfe vorgeschlagen.    

Die WBM hat lediglich Renderings veröffentlicht, was einen Vergleich nur in begrenztem Maße erlaubt. Ohnehin war die Kubatur der Gebäude durch den Rahmenplan und das gewünschte Programm vorgegeben. Grundrisse wurden nicht zur Verfügung gestellt, da diese noch einmal überarbeitet würden, heißt es von Seiten der WBM-Pressestelle. Auch ein Juryprotokoll war nicht zu bekommen.

Den Ambitionen eines Modellvorhabens für kooperative Stadtentwicklung wird ein solches Vorgehen nicht gerecht. Immerhin: Für Anfang 2026 ist eine Ausstellung auf dem Gelände geplant, in der „auch Anwohner*innen und Interessierte einen genaueren Blick auf die künftigen Gebäude werfen“ können, so die WBM. Klar ist: Alle fünf Häuser sollen als Holz-Hybridbauten errichtet werden. Sie verfügen je über ein hohes Erdgeschoss und sechs Wohngeschossen darüber. Etwa 30 Prozent der Einheiten sind für Gemeinschaftswohnungen, der Rest für „konventionelle Wohnungen“ vorgesehen. Ohne Grundrisse lässt sich jedoch nicht viel mehr dazu sagen.

Außen setzen alle Entwürfe auf einen strikten Rhythmus aus identischen Fenstern sowie auf robuste Materialien. Bei Bruno Fioretti Marquez verweisen zum Beispiel farbig verputztes Mauerwerk und glasierte Klinker auf die umliegende Bebauung, bei Kaden+ sind dies Fassaden mit teils vorvergrautem Holz oder Wellblechpaneele mit davorgestelltem Balkongerüst und etagenhohen Balkonen. Die Erdgeschosse sollen Fassaden aus gelben Klinkern erhalten – ebenfalls ein Verweis auf die benachbarten Häuser. Insgesamt dominieren zarte Gelb- und Grüntöne. Auch bei den zwei Gebäuden von &MICA findet sich die nahezu gleiche Farbpalette sowie eine Wellblechfassade, ergänzt durch vorgehängte Stahlbalkone, entweder als Gerüst vor dem Gebäude (Haus M) oder versetzt angeordnet (Haus G). 

Viel Spielraum schien die Architektur nicht zu erlauben, dazu sind die Entwürfe der sechs Büros (zumindest in den Renderings) zu ähnlich. Farb- und Materialwahl sind beinahe identisch, und selbst die Positionierung der Balkone unterscheidet sich kaum. Der Tagesspiegel spricht bereits von „Wellblech-Chic für Kreuzberg“. Die Berliner Zeitung freut sich, dass es überhaupt endlich losgeht auf dem Dragonerareal.

Dafür muss allerdings noch das Bebauungsplanverfahren bis 2026 abgeschlossen werden. Dann könnte die Umsetzung dieser fünf Gebäude 2027 begonnen und bis 2030 abgeschlossen sein – so jedenfalls lautet der Plan. Als nächstes werden die Gestaltungswettbewerbe für das Wohnhochhaus und das Baufeld Nord ausgeschrieben – vermutlich wieder als Vergabeverfahren mit vorgeschalteter Referenzenbewerbung. Dazu wollte sich die WBM gegenüber BauNetz jedoch noch nicht äußern. (fh)


Auf Karte zeigen:
Google Maps


Kommentare
...geben nicht die Meinung der Redaktion wieder, sondern ausschließlich die ihrer jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser.

7

solong | 24.11.2025 11:00 Uhr

na ... da hat

man wohl den gefälligsten aller "sschlechten" entwürfe gewählt ... in den rederings ... schon "erschreckend" von der gestaltung ... die wohnungen werden dort, in relativ ruhiger lage ... nahe zum bergmankiez ... trotzdem begehrt sein ...

6

Die | 23.11.2025 23:44 Uhr

Name

Die beteiligten Architekturbüros sind ja eigentlich nicht schlecht - wenn dann aber so bescheidene Entwürfe rauskommen, spricht das nicht gerade für das Verfahren. Was für eine langweilige Suppe.

5

peter | 22.11.2025 21:00 Uhr

meine güte

ganz abgesehen von den verfahrensthemen: wer will denn freiwillig in diesen tristen kisten wohnen? der plattenbauentwurf ist dann natürlich die krönung. wenn das die zukunft ist, will ich dann doch auch lieber zurück in die vergangenheit - oder in einen ollen schuppen auf dem land.

4

Max | 22.11.2025 11:21 Uhr

Eine Farce!

Hier haben zahllose Ehrenamtliche, Aktivist*innen, Idealist*innen und auch Profis/Expert*innen über Jahre hinweg einen Prozess aufgestellt, der einem besonderen Areal gerecht werden wollte und die Grundlage gelegt hat für ein herausragendes Quartier.
Und dann?
Man vergrämt einen großen Teil der Beteiligten, wischt handstreichartig die Akteur*innen vom Tisch, die hier für einen Ausbau der Qualität gesorgt hätten (v.a. Genossenschaften) und klatscht alles mit Einheitsbrei der Landeseigenen Wohnungsunternehmen zu.
Wenn in einem Bericht keine Grundrisse oder anderweitige konzeptionelle Aussagen zu sehen sind und Sätze à la "Insgesamt dominieren zarte Gelb- und Grüntöne." die Architektur beschreiben - dann sollte allen Beteiligten klar sein, wie traurig das ist.
Die Zusammensetzung der Jury spricht für sich, das kleinkarierte Wettbewerbsverfahren und die Ambitionslosigkeit der Teilnehmenden ebenso.
Shame on you!

3

Arcseyler | 22.11.2025 07:56 Uhr

.de

Wäre eigentlich eine gute Methode, zunächst privates Bauen durch Restriktionen zu verhindern um anschließend eigenes großzügig zu erlauben. Erpressungen privater Bauherren mittels Kuhhandel sind schon lange üblich. Nur aus Anlass dieser Verdichtung jenseits der Berliner Traufhöhe.

2

dape | 21.11.2025 18:11 Uhr

richtigstellung

liebes baunetz,

es ist löblich, dass ihr die intransparente verfahrensweise der wbm kritisiert, aber zugleich stellt ihr ebenso wenig transparenz her, was den wirklichen entwicklungsprozess des rathausblocks angeht.

nicht der senat oder der bund oder der bezirk haben verhindert, dass dieses riesige innerstädtische areal an einen investor meistbietend verscherbelt wurde.

zivilgesellschaftliche initiativen haben in ehrenamtlicher arbeit eine breite protestbewegung gegen die privatisierung des areals angestossen, zu recht. und mit erfolg. ohne diese bewundernswerte arbeit stünden dort schon längst hochhäuser mit luxusapartments.

immer wieder fällt auf, wie wenig aufmerksamkeit es für die so wichtige arbeit der stadtpolitischen initiativen beim baunetz gibt. wirklich schade... nein: problematisch ist das. und sehr ärgerlich.

1

fabrik3 | 21.11.2025 16:50 Uhr

spärliche Infos

Es sei den Siegern gegönnt.
Wellblech finde ich etwas schäbbig und der Bezug zu diesem Areal ist ??
Zur Entscheidungsfindung.
Wie aus verlässlichen Quellen erfahren, haben auch die weiteren Teilnehmer ausser dem negativen Bescheid keine weiteren Infos zum Entscheid erhalten.

 
Mein Kommentar
Name*:
Betreff*:
Kommentar*:
E-Mail*:

(wird nicht veröffentlicht)

Zur Durchführung dieses Service werden Ihre Daten gespeichert. Sie werden nicht an Dritte weitergegeben! Näheres erläutern die Hinweise zum Datenschutz.


Die Eingabe einer E-Mail-Adresse ist zwingend, um einen Kommentar veröffentlichen zu können. Die E-Mail ist jedoch nur durch die Redaktion einsehbar und wird nicht veröffentlicht!


Ihre Kommentare werden nicht sofort veröffentlicht. Bitte beachten Sie unsere Regeln.



Gewinner Los A: &mica

Gewinner Los A: &mica

Gewinner Los B: Kaden+

Gewinner Los B: Kaden+

Übersicht Dragonerareal, Berlin: Masterplan SMAQ und Man Made Land

Übersicht Dragonerareal, Berlin: Masterplan SMAQ und Man Made Land

Baufeld 4 Dragonerareal: Aufteilung in Los A [Gebäude G und M] und Los B [Gebäude I, H und K]

Baufeld 4 Dragonerareal: Aufteilung in Los A [Gebäude G und M] und Los B [Gebäude I, H und K]

Bildergalerie ansehen: 8 Bilder

Alle Meldungen

<

21.11.2025

Gemeinschaftlich im Grünen

Genossenschaftswohnen von Limbrock Tubbesing Architekten in Hamburg

21.11.2025

Andacht im Zwölfeck

Temporäre Kirche in Kopenhagen

>
baunetz interior|design
Bio-Bau am Seeufer 
BauNetz Wissen
Verborgen und doch offen
baunetz interior|design
Bio-Bau am Seeufer 
Baunetz Architekt*innen
LH Architekten
vgwort