Im litauischen Šiauliai fanden die Architekt*innen von After Party eine Premium-Ruine vor: eine verhältnismäßig gut erhaltene u-förmige Betonstruktur mit dementsprechend günstig proportionierten Flügeln plus Innenhof. Fast wäre man geneigt, den rohen Bau mit seinen schlanken Stützen und dem zwischenzeitlich überwucherten Erdgeschoss in diesem Zustand zu belassen. Das 2020 gegründete Büro aus Vilnius aber baute das ehemalige Möbellager zum Stadtteilzentrum um.

Der zugehörige Stadtteil heißt Dainai und ist eine locker bebaute Großwohnsiedlung, die ab den 1970er Jahren am Rand von Šiauliai aus dem Boden gestampft wurde. Ausgelegt ist das Viertel mit seinen mehrgeschossigen Plattenbauten und breiten Magistralen für circa 30.000 Menschen. After Party erhielten die grundsätzliche Struktur des Bestandsbaus und füllten sie für eine private Auftraggeberin mit unterschiedlichen Nutzungen. Um den Innenhof sammeln sich nun unter anderem Fitness-Studios, Arztpraxen, Geschäfte und Restaurants. Ein umlaufendes Vordach fasst den Hof ein und markiert ihn als programmatischen Mittelpunkt des Projekts namens Courtyard.

Auch wenn man das angesichts ihrer vorherigen Bürostationen durchaus hätte erwarten können, nahmen die Architekt*innen hier keine große Geste vor. Die beiden Gründer*innen Giedrius Mamavičius und Gabrielė Ubarevičiūtė arbeiteten zuvor bei OMA und BIG. Dort waren sie unter anderem am Omniturm in Frankfurt am Main und dem CapitaSpring in Singapur beteiligt. In Šiauliai wählten sie vielmehr passende Materialien, um die Betonstruktur mit einer Mischung aus industriellem Charme und wärmeren Tönen zu rahmen. Für ersteren sorgt patinierter, verzinkter Stahl. Den Kontrast bringen Holzlatten ein. 

Insgesamt umfasst der zweistöckige Bau 5.550 Quadratmeter Bruttogrundfläche. Das 2024 abgeschlossene Projekt ist die zweite Fertigstellung von After Party. (mh)

Fotos: Norbert Tukaj, Giedrius Mamavicius

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