„Wie möchten wir morgen arbeiten?“ – das sei bei diesem Projekt von Anfang an eine sehr konkrete Frage für sie gewesen, schreiben EM2N (Zürich): Bereits vor Beginn der Entwurfsarbeit stand fest, dass sie selbst ein Hauptmieter in diesem Gewerbehaus im Züricher Binz-Quartier werden würden. So habe man eigentlich – wenn auch für die Bauherrin Swiss Life Asset Management AG – für sich selbst entworfen.
Auf dem Grundstück im Gewerbegebiet standen zuvor zwei eingeschossige Lagerschuppen um einen Parkplatz. Die vorgeschriebenen Abstände zu den Nachbarn und die maximal zulässige Gebäudehöhe ergaben für die beste Ausnutzung der Parzelle einen entweder abgetreppten oder abgeschrägten Baukörper von 34 Metern Länge, 29 Metern Breite und 25 Metern Höhe, den EM2N zum Terrassenhaus entwickelten.
Alle sieben Etagen erhielten nach Südosten vor den raumhoch verglasten Panoramafenstern breite Terrassen, die an der Ostseite durch eine spiralförmige Außentreppe miteinander verbunden sind. Zusätzlich gibt es auf jeder Etage halbgedeckte, private Balkone zur Straße nach Norden.
Im Inneren ermöglichen vorgespannte PI-Platten Spannweiten bis zu 8,25 Meter. Die Unterschiedlichkeit der Räume wird durch variierende Etagenhöhen zwischen 2,80 und 3,50 Metern verstärkt. An mehreren Stellen im Gebäude sind durch das Weglassen von Deckenfeldern zweigeschossige „Hallenräume“ entstanden.
Die kleinste Mieteinheit hat aktuell 38,6 Quadratmeter, die größte 548 Quadratmeter. EM2N selbst nutzen 980 Quadratmeter auf mehreren Etagen, darunter einen sieben Meter hohen Gemeinschaftsraum mit 155 Quadratmetern. Durch diese Flexibilität ergibt sich im Haus eine bunte Mischung an Nutzer*innen, vom Restaurant im Erdgeschoss über das Architekturbüro bis zu einer Modellbauwerkstatt, einer Manufaktur, einem Mode-Showroom oder einem Studio für Film- und Fotoproduktionen.
Der rohe Eindruck des Sichtbetonhauses soll von Pflanzen überwuchert werden. Auf den Terrassen wachsen in bewässerten Becken bald Sträucher, Büsche und Hängepflanzen, die durch auskragende Bewuchshilfen als Sonnenschutz dienen werden. Ost- und Westseite werden mit Kletterpflanzen vom Boden aus begrünt, im Norden wächst das Grün an den Balkongeländern. Das Haus solle eine grüne Oase im großteils versiegelten Industriequartier werden, so EM2N.
Man muss wohl kein Berliner sein, um an den Lobe-Block von Brandlhuber + Emde, Burlon und Muck Petzet im Wedding denken zu müssen. Darauf angesprochen sagt Mathias Müller von EM2N, natürlich kenne er das Projekt gut und es gebe einige Parallelen. „Bei beiden Projekten führten baurechtliche Einschränkungen zur Form. Wie beim Lobe-Block haben wir das Thema zu einem Terrassenhaus entwickelt, bei dem die Terrassen zur räumlichen Erweiterung der Büros, zur zweiten Zirkulation werden und der Verschattung dienen.“
Mit der intensiven Begrünung adressiere man in Zürich die Themen Wasser, Klima und Biodiversität. „Im Gegensatz zum Lobe-Block handelt es sich bei unserem Projekt nicht um den Versuch einer radikalen Reduktion. Bei uns gibt es Holz auf den Terrassen, textilen Sonnenschutz und farbig abgesetzte Geländer, etc.“ Auch bietet Zürich verspielte Elemente wie die Spiraltreppe oder kreisrunde Ausschnitte im Beton, die ein wenig an Gordon Matta-Clark erinnern.
In Puncto Nachhaltigkeit setzen Bauherrin und die Architekt*innen des Bentonbaus dank der robusten Struktur und der hohen Nutzungsflexibilität auf eine lange Lebensdauer. Zudem wurde mit Transsolar KlimaEngineering (Stuttgart, München, New York) ein langfristiges Low-Tech-Konzept entwickelt. Dazu gehört neben der Begrünung eine natürliche Belüftung fast im gesamten Haus, Wärmepumpen in Kombination mit geothermischen Sonden, eine 200 Quadratmeter große PV-Anlage sowie minimierte, vorgefertigte und thermisch aktivierte Betonkassettendecken. (fh)
Fotos: Kuster Frey
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Wolfgang Teiwes | 11.02.2025 17:00 UhrBereicherung....
wie schön!!
eine Treppenskulptur für Alle im öffentlichen Raum, Glückwunsch nach Basel