Mit einem Festakt wurde Anfang Juni in Köln die Neue Mitte Porz eröffnet. Anstelle des 2018 abgerissenen Kaufhauses und dem einst weitläufigen Friedrich-Ebert-Platz entstanden zweieinhalb Neubaublöcke mit 131 Wohnungen und einigen Gewerbeeinheiten. Dank kleinteiliger Freiräume soll sich eine altstädtisch anmutende Raumwirkung einstellen.
Von Uta Winterhager
Als Bezirkszentrum von Köln hatte es Porz nie leicht, zu groß war der Sog der Innenstadt rund um den Dom. Wenig half die Neuordnung der Porzer Mitte von 1972, die mit einem Maßstabssprung modern gedacht, aber kurzlebig war. Historische Substanz wurde damals abgerissen und mit einem monolithischen Kaufhaus plus überdimensioniertem Platz ersetzt. Der große, introvertierte Klotz verstellte Wege und Blicke, erzeugte Angsträume an seinen Rändern, der Handel litt und mit ihm das städtische Leben – bis die Ära der großen Kaufhäuser vorbei war. Fünf Jahre stand der Porzer Hertie schließlich leer, dann kaufte 2014 die Stadt Köln die Immobilie und beauftragte die Stadtentwicklungsgesellschaft moderne stadt mit einer Machbarkeitsstudie für das 8.800 Quadratmeter große Areal. Diese arbeitete mit JSWD Architekten (Köln) zusammen.
Zwei Alternativen – Umnutzung versus Abriss und Neubau – wurden in mehreren Varianten untersucht, die favorisierte zweite Lösung in einer Planwerkstatt mit Bürgerbeteiligung diskutiert. Ein wirkliches Zentrum, ein Markt sollte die neue Mitte in Porz bilden, das war der Wunsch vieler. Konstantin Jaspert (JSWD) nannte es „die große Sehnsucht nach Kleinteiligkeit“. 2018 wurden das Kaufhaus abgerissen, verstellte Wege und Sichtachsen geöffnet. 2027, wenn der Mietvertrag der Deutschen Bank endet, soll auch das Dechant-Scheben-Haus mit seiner dunklen Passage weichen und die Kirche freistellen.
Die Entscheidung für diese tabula rasa samt städtebaulicher Neuordnung ist sicher nicht leichtfertig gefallen und muss sich nun an dem messen lassen, was die Neue Mitte Porz darstellt. Mit drei „Häusern“ (zwei Blöcken und einer Block-Komplettierung) auf einem unterirdischen Verteilergebäude entsteht eine neue, fast altstädtische Ordnung. Sie führt bestehende Wegebeziehungen und Sichtachsen zwischen Rathaus, Rhein, St. Josef und City Center wieder schlüssig zusammen. Der Friedrich-Ebert-Platz ist jetzt als Kirch- und Marktplatz deutlich kleiner dimensioniert als zuvor. Seiner Lesbarkeit und Nutzungsvielfalt kommt das zugute.
In den Obergeschossen sind 131 Wohnungen entstanden, rund 30 Prozent davon öffentlich gefördert. Apotheke, Drogerie, Bekleidungsgeschäft, Café-Restaurant sowie ein Vollsortimenter haben die Erdgeschosse bezogen. Eine zweigeschossige Tiefgarage (JSWD) schluckt den ruhenden Verkehr. Das Haus 1 (JSWD) mit 31 Mietwohnungen gab Materialität und Duktus der viergeschossigen Neubauten vor, die vor allem nicht groß und nicht uniform aussehen sollen. Spitzgiebel in Reihe greifen zurück auf altstädtische Maßstäblichkeit und skalieren die Blöcke. Haus 2 (Molestina Architekten, Köln) bietet 52 öffentlich geförderte und barrierefreie Wohnungen für ältere Menschen. Und in Haus 3 (Kaspar Kraemer Architekten, Köln) wird das „Mittendrin Forum St. Josef“ mit Gemeindesaal und Gruppenräumen zum Anknüpfungspunkt für die Pfarrei. Auch letzteres Gebäude nimmt darüber hinaus 30 barrierefreien Wohnungen auf.
Zur Popularität des neuen Stadtraums trägt die Gestaltung der Freiräume durch Club L94 (Köln) nach vorangegangenem Wettbewerb 2019 bei. Mehrfarbig helles Pflaster, barrierefreie Wegeführungen, hitzetolerante Bäume und Stauden – der Situation auf dem Tiefgaragendach entsprechend teilweise in Hochbeeten gepflanzt –, Sitzplätze und Spielgeräte erzeugen dort, wo sie schon fertiggestellt sind, ein einheitliches Bild und eine freundliche Atmosphäre. Im Rahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (ISEK) Porz-Mitte sind weitere Maßnahmen in der Fußgängerzone und am Rheinboulevard geplant. Städtisches Leben auch nach Ladenschluss und am Wochenende füllt nun wieder die große Leere in Porz – Einkaufen ist eben nicht alles.
Dieses Objekt & Umgebung auf BauNetz-Maps anzeigen: