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06.03.2017

Vermittlung als Intervention

Schulerweiterung in Wien von Dietmar Feichtinger Architectes


Dass Neues und Altes in bewusstem Kontrast zuneinander stehen, ist ein typisches Motiv in der Architektur. Doch was, wenn schon der Bestand durch seine Gegensätzlichkeit auffällt? Dann bleibt als spannender Ansatz eigentlich nur eine vermittelnde Position, wie Dietmar Feichtinger Architectes (Montreuil) bei ihrem jüngsten Projekt in Wien zeigen.

„Gegensätze ziehen sich an“ – so lautete Maxime, unter der das Büro mit Stammsitz in Montreuil das Gelände des Lycée Français de Vienne, eine französische Auslandsschule im Zentrum Wiens, räumlich neu organisiert haben. Der Entwurf des Büros gewann den 2011 ausgelobten Wettbewerb für einen Schulerweiterungsbau und die Renovierung des zum Schulgelände gehörenden Theaters Studio Molière. Pünktlich zum 70. Schuljubiläum im vergangenen Herbst wurde das Projekt fertiggestellt.

Die Herausforderung der Bauaufgabe bestand darin, den Altbestand und den Neubau zu einem stimmigen Ensemble zu fügen. Aufeinander treffen hier das Studio Molière im Gebäude der ehemaligen Dietrichstein'schen Reitschule aus dem frühen 18. Jahrhundert und das in Fünfzigerjahren erbaute Schulgebäude des Lyzeums, das zu den Klassikern der Wiener Nachkriegsmoderne zählt. Die gestalterische Antwort der Architekten sieht die Erweiterung als vermittelndes Element zwischen den Altbauten vor. Außerdem sollte die alte Reitschule sowohl zur Straße als auch zum Schulhof hin geöffnet werden, um so mehr Transparenz und eine neue, großzügige Raumwirkung zu schaffen.

Letzteres gelang insbesondere durch die Entfernung zweier bestehender Decken und eine Einrückung des Eingangsbereichs in das Gebäudevolumen. So entstand ein überdachter Vorplatz als neuer Ankunftsort und Treffpunkt für die Theaterbesucher. Bereits von hier aus bieten sich Durchblicke zum gartenseitigen Foyer bis hin zum dahinterliegenden Schulbau. Der bis zur Dachdecke geöffnete, knapp acht Meter hohe Raum des Foyers kündigt den dahinterliegenden Theatersaal an, dessen strukturelle und materielle Konzeption jedoch – nicht zuletzt aus ökonomischen Gründen – unverändert blieb.  Freigelegte hohe Spitzbogenfenster sorgen für viel Licht und lenken den Blick auf die Ostfassade der Schulerweiterung.

Deren vier Stockwerke umfassendes Volumen besetzt einen ehemaligen Parkplatz und folgt in seiner Ausrichtung und Höhe der Anlage des Studiogebäudes. Die neuen Räume sind insbesondere den musischen Fächern vorbehalten, ein dem Untergeschoss vorgelagerter „cour anglaise“ mit Holzboden ermöglicht einen Unterricht im Freien. Der Bau besticht durch seine schlichte Präsenz und eine Reduktion auf das Wesentliche: Stahlbeton, Glas, Holz und Aluminium. Eine unterschiedliche Fassadengestaltung  – Betonfertigteile und horizontale Fensterbänder im Westen zum Lyzeum hin; eine vertikal orientierte, versetzte Abfolge geschosshoher Verglasungen und einer vorgehängten Aluminiumpaneele dagegen auf der dem Studio Molière zugewandten Seite – schafft klare Bezüge zur spezifischen Formensprache der beiden Bestandsbauten und betont in ihrer Zurückhaltung zugleich die bauliche Diversität der einzelnen Gebäude.

Dieses Spiel der Gegensätze in Form verschiedener Bauweisen und Materialien findet nicht zuletzt in der Spiegelung des alten Theatergebäudes in der Fassade des Schulneubaus seinen gelungenen Ausdruck – ein Effekt, der sich am Abend umkehrt, wenn die Schule das Studio mit beleuchtet. (da)

Fotos: Hertha Hurnaus


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