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02.11.2018

Höher und tiefer

Saniertes Stockholmer Nationalmuseum von Wingårdhs


Gert Wingårdh, der Architekt hinter der Sanierung des Stockholmer Nationalmuseums, sagt es selber: Das Haus hat bereits viele Sanierungen erlebt, doch alle waren nur Kompromisse. Diese Kompromisse, entstanden aus gestiegenen baulichen Anforderungen der jeweiligen Zeit, sind nun zu einer Collage aus alt und neu geworden. Für Wingardh, der bereits 2012 den Zuschlag für die Sanierung bekam, war es nun an der Zeit, das Nationalmuseum ganzheitlich zu betrachten. Der Gesamtcharakter des 1866 eröffneten, nach Plänen von Friedrich August Stüler erbauten Museums sollte erhalten bleiben und womöglich „gerettet werden.“

Damit das gelingt, braucht es vor allem zwei Dinge. Viel Feingespür und einen kreativen Umgang mit dem vorhanden Raum. Doch wo beginnen? Wingårdhs (Göteborg, Stockholm, Malmö) wählten einen zunächst überraschenden Weg. Der Boden des großen Atriums wurde um 1,75 Meter angehoben. Das schafft darunter Platz für die Mechanik und sorgt zudem für einen ebenen Boden zur „Kirche“. Der Boden dieses „Kirchenraums“, der aufgrund seiner Gewölbe so genannt wird, wurde um 44 Zentimeter abgesenkt – in diesem Fall ein Rückbau, da er 1961 um 89 Zentimeter erhöht wurde. Diese Begradigungen waren notwendig um die Nutzungskonzepte zeitgemäß zu gestalten.

Das Angleichen der Fußbodenhöhen erleichtert die Zugänglichkeit des Gebäudes. So soll das Erdgeschoss Teil des Stadtlebens werden. Der Eingangsbereich ist nun Treffpunkt statt Wartebereich. Zwei andere Aspekte, die neue Qualitäten mit sich bringen, sind Licht und Akustik. Die nun neutral graue Wandfarbe an den Innenwänden des Nord-und Südatriums sorgt für eine angenehme Ausleuchtung. Die alten Fenster wurden durch eine neue Sonnenschutzverglasung ersetzt, die gleichermaßen isoliert und die Exponate schützt. Die gewölbte Glasdecke in den Atrien hat bisher den Schall direkt in die Mitte des Raumes reflektiert. Das Glas ist nun pyramidenförmig angebracht und damit facettierter strukturiert. Das Aufbrechen des Gewölbes reflektiert den Klang an die Wände, wo dieser im Relief des Stucks abgeschwächt wird.

Mit einer Maßnahme prägten Wingårdhs den neuen, „alten“ Charakter des Museums maßgeblich: Der Aufzug, eigentlich erst für den Außenraum geplant, befindet sich nun im Südatrium, in einem Schacht, der auf Rollen steht. Die neue, gewebte Metallfassade des Fahrstuhlschachts ist ästhetisch am Maschinenraum im Außenbereich des Museums orientiert und hätte, so Wingårdh, sicher auch Stüler gefallen.

Die Sanierung hat insgesamt 115 Millionen Euro gekostet und zog sich über sechs Jahre. Jetzt müssen die 20.000 Quadratmeter nur noch durch die Besucher mit neuem Leben gefüllt werden.

Text: Tom Brennecke
Fotos:
André Pihl, Bruno Ehrs


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