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https://www.baunetz.de/meldungen/Meldungen-Pflegeheim_bei_Bruessel_von_Collectief_Noord_8222771.html

03.05.2023

Belgisches Belvedere

Pflegeheim bei Brüssel von Collectief Noord


Huldenberg ist eine kleine Gemeinde östlich von Brüssel. An einer Landstraße außerhalb der Gemeinde liegt das Centrum Ganspoel – eine Einrichtung, die sich um Menschen mit mehrfacher, dauerhafter Beeinträchtigung kümmert. Es gibt Unterrichts- und Bildungsangebote sowie die Möglichkeit für kurz- oder langfristiges betreutes Wohnen. Da die Nachfrage insbesondere für die betreuten Wohnangebote in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist, wurden nun drei neue Wohngebäude an den bestehenden Komplex angefügt. Der Entwurf stammt von Collectief Noord (Antwerpen).

Im Entwurf ging es vor allem darum, trotz aller wirtschaftlichen Vorgaben räumliche Konzepte für eine stärkere Individualität in der Pflege zu finden. Anstatt also ein großes, kompaktes Volumen zu formulieren, verteilten die Architekt*innen die geforderten 60 Zimmer auf drei zweistöckige Gebäude, in denen auf jeder Etage jeweils eine Wohngruppe mit zehn Zimmern untergebracht wurde. Zwischen den drei Gebäuden entstehen gemeinsame Freiräume mit unterschiedlichen Qualitäten sowie ein zentraler „Dorfplatz“ an der Südseite, wo die drei Gebäude wie Finger einer Hand zusammenkommen. An den Dorfplatz grenzt auch ein bereits bestehendes Wohngebäude, das durch die Positionierung der Neubauten unmittelbar in das Ensemble einbezogen wird.

Der Entwurf schiebt die Gebäude so in die sanft abfallende Landschaft, dass sie zu Straße und Parkplatz im Norden nur eingeschossig erscheinen und mit einer durchlaufenden, leicht gebogenen Mauer zusammengefasst werden. So wirken die drei Häuser von der Straße her wie ein Gebäude. An einer Stelle wurden in diese Mauer zwei große Öffnungen eingelassen, durch die der Blick hinunter in den Gemeinschaftshof zwischen zwei Häusern fällt. Man kann sich gut vorstellen, wie die Besucher*innen ihre pflegebedürftigen Angehörigen so bereits im Garten entdecken und ihnen zuwinken, bevor sie das Wohngebäude betreten. Im Untergeschoss wiederum ergab sich die Möglichkeit, die drei Neubauten zwar nach Süden hin – zur weiten, flachen Landschaft – als eigenständige Adressen zu formulieren, im Norden aber einen im Hang verborgenen, offenen Gang zu schaffen, der die Häuser verbindet und die Organisation der Pflege erleichtert.

Die Grundrisse der Wohneinheiten sind um je einen innenliegenden Kern pro Haus organisiert, in dem die fensterlosen Nebenräume liegen. Zu beiden Seiten führen kurze Flure zu maximal fünf Zimmern, während ein großer, mehreckiger Gemeinschaftsraum auf jeder Etage im Kopf der Häuser untergebracht ist. Mit großen Fenstern und einer überdachten Gemeinschaftsterrasse öffnen sich diese gemeinschaftlichen Wohnzimmer ganz zur Landschaft im Süden. Bei den verwendeten Farben und Materialien haben sich die Architekt*innen laut eigener Aussage an der Umgebung orientiert: Die hellbraunen Klinkersteine sowie hellgelbe und graue Markisen beziehen sich auf die Farben der landwirtschaftlich genutzten Felder ringsum, während sich die vorgefertigten Betonelemente und die rot lackierten Stahlteile an den landwirtschaftlichen Gebäuden orientieren.

Die Mauer mit ihren Durchblicken und die kleinen Höfe seien typologische Referenzen an Parkanlagen oder Klöster. Weiterhin betonen die Architekt*innen, dass das keck wie eine Schiebermütze vorgeschobene Vordach über den gemeinschaftlichen Terrassen von Gartenpavillons inspiriert sei. Bei aller Verspieltheit habe man aber gleichzeitig all die sehr spezifischen Anforderungen erfüllt – mit Fliesen an den Wänden gegen Schäden durch Rollstühle und Rollatoren, mit einer guten Orientierung auch für sehschwache oder blinde Bewohner*innen oder mit einer auf die optimale Lichtintensität abgestimmten, profilierten Akustikdecke. Für insgesamt fünf Millionen Euro ist so ein intensiv auf die Landschaft ausgerichtetes Ensemble mit insgesamt 3.600 Quadratmetern neuer Nutzfläche entstanden. (fh)

Fotos: Dennis De Smet


Zum Thema:

Mehr zur aktuellen Pflege-Architektur in Flandern in der Baunetzwoche#617


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