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23.07.2020

Rot gewellt vor Plattenbauten

Pavillon von Medium in Tiflis


Vor rund fünfzig Jahren bezogen die ersten Tifliser Arbeiterfamilien ihre Plattenbauwohnungen, die sie von der sowjetischen Regierung in einer neu errichteten Siedlung zugeteilt bekamen. Im nördlichen Teil von Tiflis entstand zu dieser Zeit auf rund 42 Hektar der Mikrorayon Gldani, mit dem man dem wachsenden Wohnungsmangel in der georgischen Hauptstadt begegnen wollte. Ursprünglich war Gldani für rund 150.000 Personen gedacht, doch mit dem Zerfall der Sowjetunion und dem Übergang zur Marktwirtschaft haben sich die Lebensbedingungen in Gldani drastisch verändert. Als Resultat leben hier heute noch deutlich mehr Menschen. Und obwohl Gldani nie fertiggestellt wurde, ist es der größte Mikrorayon von Tiflis – die Stadt in der Stadtperipherie, wie es gerne von den Lokalen bezeichnet wird.

Der Mikrorayon Gldani besteht heute aus neun Wohnbezirken. Dabei ist der zu sowjetischen Zeiten großzügig geplante öffentliche Außenraum heute mit vielen selbsterrichteten Bauwerken unterschiedlicher Nutzung dicht besiedelt. Die kollektiven Praktiken und Strategien der Aneignung von Zwischenräumen, die auch bei zahlreichen selbstgebauten Garagen zu beobachten ist, interpretierte das Architekturkollektiv Medium (London/Rotterdam) auf eine ganz eigene Weise. Im 8. Bezirk von Gldani realisierten sie einen kleinen Pavillon. Der Neubau mit dem Namen 8-23-VI wurde im Rahmen der ersten Architekturbiennale Tbilisi für eine dauerhafte Nutzung geplant und gebaut.

Anders als die vielen kleinen Privatbauten soll der dunkelrote Pavillon mit seinen rotierenden Tafeln den Bewohner*innen als allgemein zugänglicher Treffpunkt dienen und damit zugleich den oft vernachlässigten öffentlichen Raum reaktivieren. Außerdem solle der Bau „als gemeinsame Basis für die kollektive Nutzung“ die Normen von Eigentum und Individualität in Frage stellen, erklären die Architekt*innen. Ist der Pavillon geöffnet, verbindet er sich mit der Umgebung. Sind die Tafeln geschlossen, entsteht hingegen ein halbprivater Raum, der auf vielfältige Weise bespielt werden kann. Eine mittige Dachöffnung und der verspielte Sockel sollen zu unterschiedlichen Formen der Anpassung und Nutzung einladen.

Einige bezeichnen Gldani als Ghetto, andere sagen, es ähnele angesichts seiner Vielfalt der Bronx. Was auf jeden Fall stimmt, ist, dass mit dem Pavillon künftig ein weiteres Objekt für die Diversität des Mikrorayons sorgen wird. (mg)

Fotos:
Benjamin Wells und Medium


Zum Thema:

Der Open Call der Architekturbiennale Tbilisi, die im Oktober und November 2020 zum zweiten Mal stattfinden wird, läuft noch bis 31. Juli 2o20.


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