Die belgische Stadt Ostende ist Hafenstadt und Seebad zugleich – eine Doppelrolle, die sich auch architektonisch bemerkbar macht. Bäderarchitektur trifft hier auf modernistische Nachkriegsbauten und funktionale Hafeninfrastruktur. In dieses heterogene Gefüge setzt sich ein neuer Schulbau, der, obschon ihn durchaus eine starke formale Geste prägt, vor allem mit räumlicher Offenheit und konstruktiver Klarheit überzeugt. Realisiert wurde das Projekt von NWLND Rogiers Vandeputte aus Gent gemeinsam mit Kris Broidioi. Bauherr ist der katholische Bildungsträger Petrus en Paulus.

Auf dem Campus des Vrij Technisch Instituut entstand ein dreigeschossiger Ersatzneubau für die technische Berufsschule. Das ehemalige fünfgeschossige Bestandsgebäude war nicht mehr sanierungsfähig und bereits deutlich abgesackt. Der Neubau mit einer Fläche über 2.500 Quadratmeter trägt den Namen Atelier PPW und ist vor allem für Bau- und Malereikünste vorgesehen.

Der Schulcampus bildet einen schmalen, spitz zulaufenden Block aus Bestandsbauten mit gelblichen und roten Klinkerfassaden. In diesem eher introvertierten Kontext übernimmt der Neubau auf der nordöstlichen Längsseite eine vermittelnde Rolle. Er soll Sichtbarkeit gewährleisten und den Zugang zur Schule neu ordnen. Entsprechend ist das Volumen als langgestreckter Baukörper ausgeführt, der sich mit einer durchgehenden Pfosten-Riegel-Fassade weitgehend transparent zeigt. Diese liegt zurückgesetzt hinter einem rosafarbenen Betonskelett, das als primäre Tragstruktur fungiert. So verleiht sie dem Gebäude eine klare konstruktive Lesbarkeit.

Im Inneren setzt sich dieses Prinzip der Offenheit fort. Ein hoher, überdachter Eingangsbereich reicht über die gesamte Gebäudetiefe und fungiert gleichsam als Zufahrt und Verbindung zum Schulhof. Eine zum strengen Raster schräg gestellte Glasfassade markiert hier den Haupteingang. Das Erdgeschoss ist weitgehend doppelgeschossig organisiert und kommt vollständig ohne Trennwände aus. Im ersten Stockwerk finden sich einzelne abgeschlossene Klassen- und Werkstatträume, während das zweite erneut offen gehalten ist. Die Raumorganisation folgt damit weniger klassischen Schultypologien als vielmehr der Logik eines Ateliers.

Ermöglicht wird diese Offenheit durch einen konsequenten Schritt: Die Erschließung ist vollständig aus der thermischen Hülle ausgelagert. An beiden Stirnseiten des Neubaus sitzen Erschließungskerne in schmalen Zwischenräumen zum Bestand, die laut Architekt*innen zugleich die benachbarten Gebäude mitbedienen können. Als grün lackierte Stahlkonstruktionen treten sie skulptural in Erscheinung und bilden einen eigenständigen Gegenpart zum rosafarbenen Betonskelett.

Für die Brandschutzwände kamen wiederverwendete Ziegelsteine des abgerissenen Vorgängerbaus zum Einsatz. Ergänzt wird das System durch einen Laubengang entlang der hofseitigen Längsseite, der über einen bestehenden Flachbau geführt ist. Perspektivisch soll dieser Korridor begrünt werden und zugleich als zusätzlicher Sonnenschutz dienen. (gk)

Fotos: Johnny Umans

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